Text & Videos: Michael Ortner
Fotos: Michael Ortner & Fairtrade/Guillermo Granja
Grafik, Gestaltung & Entwicklung: Cornelia Hasil

El Guabo


Segundo Bautista Cañar Agurto zu folgen ist nicht einfach. Als blauer Farbtupfer huscht er durch den grün-braunen Dschungel seiner Bananen-Plantage. Schwere Wanderschuhe helfen in diesem Gelände nur bedingt. Nasse, abgestorbene Bananenblätter liegen am Feld, eine glitschige Angelegenheit.

Immer wieder ziehen sich Bewässerungsgräben durch das Feld, Pflanzenstümpfe erweisen sich als Stolperfallen. Über dem Besucher ragen bis zu drei Meter hohe Bananenpflanzen. Zumindest ihre riesigen Blätter sind nützlich. Als natürliches Dach schützen sie vor dem tropischen Regen, der an diesem Septembermontag in El Guabo, im Südwesten Ecuadors, niedergeht. In der Ferne kräht ein Hahn.

„Eigentlich ist es derzeit zu kalt“, klagt Agurto, ein kleiner, drahtiger Mann, 44 Jahre alt, wettergegerbtes Gesicht und wacher Blick. Das ist Ansichtssache. Denn die Regenjacke klebt angesichts der schwül-heißen Temperaturen auf der Haut.

„Von Dezember bis Februar ist es heißer, die Bananen wachsen schneller. Sie sind in nur neun Wochen reif“, sagt Agurto, Farmbesitzer und ein echter „Banañero“, wie die Arbeiter auf Ecuadors Bananenplantagen genannt werden. Seit sieben Uhr morgens ist er auf seiner Finca, der „Finca Mercedes Vanessa“. Der Name steht in weißen Lettern auf seinem knallblauen T-Shirt.

Bananen-Exportweltmeister


Als Kleinbauer bewirtschaftet er hier viereinhalb Hektar mit der krummen Frucht – einer Fläche, so groß wie sieben Fußballfelder. Doch Banañeros wie er stützen die Wirtschaft des südamerikanischen Landes. 90 Prozent aller Produzenten sind laut Landwirtschaftsministerium Klein- und Mittelbetriebe mit einer Anbaufläche von weniger als 50 Hektar.

300.000 Menschen in ganz Ecuador sind im Bananengeschäft. Laut der ecuadorianischen Handelsbehörde sind zweieinhalb Millionen Menschen vom Geschäft mit der Frucht abhängig – 15% der Bevölkerung. Nach Erdöl (36%) sind Bananen mit 16% das zweitwichtigste Exportgut.

Die größten Bananen-Exportländer der Welt
2013, in Millionen Tonnen. Quelle: FAO

Ecuador ist Bananen-Exportweltmeister. Jede dritte Banane, die das Land verlässt, landet in europäischen Supermärkten.

Und dort verlangt der Konsument ein perfektes Produkt. Die Plantagenarbeiter in Ecuador zahlen dafür allerdings einen hohen Preis: Die Löhne sind gering, die Arbeit schwer, Gewerkschaften selten und die Belastung durch Pestizideinsatz enorm. Doch beginnen wir von vorne.

Teure Produktion


Wenn die Bananen noch sehr klein sind, müssen Agurto und seine Helfer Plastiksackerl um die Früchte stülpen. Der mechanische Schutz gegen Insekten ist notwendig und leider auch teuer: 11 Dollar kosten 100 Sackerl, 200 bis 250 brauchen sie pro Woche.

In der zweiten Woche werden überschüssige „Finger“ – so nennt man die einzelnen Bananen an einer „Hand“ – weggeschnitten. Denn für den Export darf die Banane nicht zu groß sein. Maximal zwölf Wochen reifen sie, drehen sich zur Sonne und wachsen. Regen spielt dabei eine wichtige Rolle: 70 Liter Wasser werden für eine Kiste Bananen benötigt.

Segundo demonstriert, wie die noch grünen Bananen geerntet werden. Er hält einen langen Stab. Am oberen Ende blitzt eine scharfe Klinge. Ein paar kräftige Stöße genügen, schon knickt der obere, mit Früchten behangene Teil um. Ein Arbeiter schultert die 15 Kilogramm schwere Staude und schleppt sie zu einer Art Seilbahn. Dort hängt er sie an einem Haken. Erst wenn er genug Stauden gesammelt hat, zieht er die süße Fracht durch die Plantage zur Waschstation.

Ein Bauer wie Agurto erntet rund 40 Kisten pro Hektar und Woche – das ganze Jahr über. Insgesamt besitzt er sechs Hektar, kommt also auf 240 Kisten pro Woche. Würde er seine Bananen als einzelner Bauer zum Export anbieten, hätte er aufgrund der geringen Menge keine Chance, sie loszuwerden.

Als Mitglied der Kooperative Asoguabo („Asociación de Pequeños Productores Bananeros ‚El Guabo‘") hat er allerdings einen fixen Abnehmer. Der Zusammenschluss aus 125 Kleinbauern – davon 37 Frauen – besteht seit 1997, im selben Jahr wurde die Kooperative auch Fairtrade-zertifiziert.

Das heißt, es werden Mindestpreise und eine Prämie von einem Dollar pro Bananenkiste bezahlt, es gibt geregelte Arbeitsbedingungen und der Einsatz von gefährlichen Pestiziden ist verboten.

Die Bauern bewirtschaften insgesamt 760 Hektar, auf mehr als der Hälfte wachsen Bio-Bananen. Biologischer Anbau ist zwar teurer, dafür sichert er den Kleinbauern einen stabileren Absatz.

Zertifizierte Flächen, auf denen Bananen angebaut werden, machen aber nur etwa elf Prozent der landesweiten 220.000 Hektar aus.

Bananenanbauflächen in Ecuador
Quelle: The State of Sustainability Initiatives Review 2014

  • nicht-zertifiziert
  • Bio-Anbau
  • Faitrade-Anbau
  • Rainforest Alliance-Anbau

9,10 Dollar bezahlt die Kooperative Agurto für eine Kiste Bananen. Drei Dollar mehr, als er für konventionelle Bananen bekommen würde. Davon sind jedoch rund acht Dollar Produktionskosten.

Geht man davon aus, dass Agurto 1,10 Dollar pro Kiste übrigbleiben und er im besten Fall 960 Kisten pro Monat verkauft, verdient er im Schnitt 1056 Dollar im Monat. Kein schlechter Lohn.

40 Prozent unter Mindestpreis


2015 konnte die Kooperative drei Viertel ihrer Bananen zu Fairtrade-Konditionen verkaufen. Eine Million Dollar Fairtrade-Prämie floss im Gegenzug an Asoguabo. Von den Geldern wurde zum Beispiel ein neuer Verladeterminal gebaut und zwei Ärzte in einer Praxis angestellt. Von letzterem profitieren nicht nur die Bauern, sondern der gesamte Ort.

Ganz anders sieht das Bild bei konventionellen Bauern aus. Offiziell verkaufen sie ihre Bananen zum staatlichen Mindestpreis von 6,16 US-Dollar. Offiziell. Denn laut Experten-Schätzung dürfte der Anteil der Bananen, die um viel weniger Geld verkauft werden, bei 30 bis 40 Prozent liegen.

Silvia Campos von Fairtrade International bestätigt diese Zahlen: „Die Nachfrage von Juli bis September ist geringer. Bananen werden zum Teil um zwei bis drei Dollar pro Kiste am Spotmarkt gehandelt.“ Sie schätzt, dass im Schnitt bis zu 40 Prozent der Bananen unter dem staatlichen Mindestpreis verkauft werden. Denn wenn die Nachfrage aus Europa nachlässt, können die Exporteure den Preis drücken.

Die Genossenschaft Asoguabo hingegen hat eine eigene Exportlizenz. Und obwohl sie damit ein bisschen mehr an der Wertschöpfungskette beteiligt ist, kämpft sie in einem harten Umfeld. Denn zwischen Ecuador und der Europäischen Union – dem größten Bananenimporteur der Welt – besteht kein Freihandelsabkommen.

„Die EU ist der größte Markt für Ecuador, doch das Land zahlt deutlich mehr Zölle als andere Länder“, sagt Konrad Rehling von der österreichischen NGO Südwind. Für jede Tonne Bananen fallen 127 US-Dollar Zollgebühren an, Costa Rica, Peru oder Kolumbien zahlen hingegen nur 103 US-Dollar. Ein klarer Wettbewerbsnachteil, klagen die Exporteure.

Der Druck von Seiten der Bananenproduzenten nimmt jedoch zu. Zu hören ist, dass die linksgerichtete Regierung unter Rafael Correa Ende des Jahres noch ein Abkommen mit der EU unterzeichnet.

Fast ein Viertel lebt unter der Armutsgrenze


Im Gegensatz zu den Bauern verdienen die Erntehelfer deutlich weniger. Wie viel ein Erntehelfer verdient, hängt davon ab, ob er auf einer konventionellen oder zertifizierten Finca arbeitet. Auf einer Fairtrade-Finca erhält ein Arbeiter rund 500 US-Dollar im Monat bei 40 Arbeitsstunden pro Woche. Da die Flächen bei den Kleinbauern im Schnitt nur sechs Hektar groß sind, endet der Arbeitstag manchmal auch schon zu Mittag.

Bananen-Anbaugebiete in Ecuador
Quelle: Atlas

Auch wenn es keinen Vertrag zwischen Erntehelfer und Bauer gibt, übernimmt der Bauer etwa Arztkosten im Falle einer Verletzung und sie erhalten ausreichend Arbeitskleidung und ein Mittagessen.

Banañeros auf konventionellen Plantagen hingegen verdienen rund 320 Dollar monatlich, Verpackungsarbeiter mit 700 Dollar fast das Doppelte. Dafür verbringen sie viel mehr Stunden auf der Plantage.

„Die Arbeitszeit hängt von den zu erntenden Kisten ab“, sagt Campos. Bei Flächen von 80 bis 150 Hektar können mehr als 1000 Kisten am Tag anfallen. Arbeitstage dauern häufig zehn Stunden oder länger. Ausreichende Schutzkleidung wie Mundschutz oder Handschuhe fehlen – sie werden eingespart.

Geschlechterdiskriminierung ist an der Tagesordnung: Frauen verdienen fünf Dollar weniger in der Stunde. Bananenernte ist ein Knochenjob, bei dem für den Erntehelfer am Ende wenig übrigbleibt.

Laut ecuadorianischen Statistikbehörde sollte das Einkommen bei mindestens 653 US-Dollar monatlich liegen, um grundsätzliche Ausgaben eines Haushalts zu decken. Nicht einfach in einem Land, in dem 22,5 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze leben.

Gift aus der Luft


Um Geld musste sich Jorge Acosta, ein stämmiger Mann im ausgewaschenen Polohemd, Jeans, leichtem Bauchansatz und signalrotem Cap, früher keine Sorgen machen. Der 56-Jährige saß sein halbes Leben im Cockpit von Flugzeugen. Zuerst als Pilot beim Militär, später steuerte er Maschinen mit ebenso riskanter Fracht: Pestizide. Eine Folge der intensiven und großflächigen Bewirtschaftung in Monokulturen, die die Pflanze sehr anfällig macht.

Fast jede Woche wird eine enorme Menge Pestizide über konventionellen Plantagen ausgebracht: 40 Kilogramm pro Hektar – zehnmal mehr als im Kartoffelanbau. Häufig liegen Wohngebiete mitten in Plantagen. Die Bewohner werden allerdings nicht vorgewarnt, wenn gespritzt wird. Wenn sich der Wind ungünstig dreht, werden außerdem Bio-Plantagen mit den Pestiziden kontaminiert.

15 Jahre lang flog Acosta über die Bananen-Plantagen. 10.000 Dollar verdiente er dabei im Monat. „Das ist ein gefährlicher Job, weil es immer wieder tödliche Unfälle mit Stromleitung gibt“, erzählt er. Acosta steht vor der Finca „Maria Victoria“, einer konventionellen Plantage, nur wenige Kilometer und ein paar holprige Kurven von Segundo Agurtos Finca entfernt.

Er zieht mit der Hand eine Linie knapp über den Bananenpflanzen, um zu verdeutlichen, wie knapp die Flieger über das Feld donnern. Auch die Banañeros sind dadurch gefährdet. Eigentlich dürfen sie die Plantage 24 Stunden nach der Besprühung nicht betreten. Theoretisch. In der Praxis halten sich die Arbeiter oft sogar während des Sprühens auf den Feldern auf.

„Ich weiß von Fällen, in denen sich die Männer nur mit einer Plastikplane abdeckten“, so Acosta. Die Wirkung der Pestizide hat er auch am eigenen Leib gespürt. Oft hatte er Schwindelanfälle, ein Arzt attestierte ihm eine Vergiftung. „Ich habe mich bei Kollegen umgehört und festgestellt, dass sie unter ähnlichen Symptomen litten“, so Acosta. Ab diesem Zeitpunkt wechselte Acosta die Seite.

© Natalka_dmitrova / Freepik

Schwarze Listen


Dass die hohe Pestizidbelastung massive gesundheitliche Schäden bewirkt, ist wissenschaftlich belegt. Der österreichische Umweltmediziner Hans-Peter Hutter befragte im Herbst 2015 sowohl Arbeiter auf konventionellen als auch auf Bio-Plantagen. „Die Probanden, die auf konventionellen Plantagen arbeiten, haben eine signifikant höhere Belastung mit Pestiziden als von zertifizierten Plantagen“, sagt Hutter.

Ihre Gesundheit ist akut beeinträchtigt. Doch oft wissen die Arbeiter nicht, dass sie es mit giftigen Chemikalien zu tun haben. „Viele sind Analphabeten, verstehen kein Englisch oder der Name der Substanz ist auf dem Gebinde nicht mehr lesbar“, so Hutter.

Der Mediziner führte nicht nur Befragungen durch, sondern nahm auch Gewebeproben. Bei den Untersuchungen fand er heraus, dass Zellanomalien bei Arbeitern auf konventionellen Plantagen „signifikant häufiger“ auftreten als in der anderen Gruppe. Das bedeutet, dass die Arbeiter einem höheren Krebsrisiko ausgesetzt sind. Arbeit, die krank macht.

Jorge Acosta begann bereits 2009, sich wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit anderen Arbeitern zu organisieren. Im gleichen Jahr gründeten sie die Gewerkschaft Astac („Association Sindical de Trabajadores Agricolas banañeros y campesinos“). Sie erstatteten Anzeige wegen unsachgemäßen Einsatzes von Pestiziden, brachten ihre Anliegen bei einer Art Volksanwaltschaft ein und gingen an die Öffentlichkeit.

Bald griffen die Medien ihren Fall auf. Heute zählt Astac zwar 800 Mitglieder, doch Unterstützung vom Staat bekommen sie keine. Denn Gewerkschaften haben in Ecuador einen schwierigen Stand. Schätzungen des belgischen NGO-Netzwerks Solidar zufolge sind weniger als ein Prozent der Arbeiter gewerkschaftlich organisiert. „Viele wollen das Risiko nicht eingehen, auf einer schwarzen Liste zu landen“, sagt Costa, der das Sprachrohr von Astac ist.

Steht der Name einmal auf einer „lista negra“, ist es schwer, wieder einen Job zu finden. Große Plantagenbesitzer würden versuchen, die Arbeiter einzuschüchtern. Schwarze Listen tauchen auch in den sozialen Medien auf.

Frauen leiden besonders


Eddi Guallan ließ sich trotzdem nicht entmutigen, der Gewerkschaft beizutreten. Auch er litt unter Schwindelanfällen, ihm wurde häufig übel. „Handschuhe und Atemmaske haben wir nur kurz vor Inspektionen bekommen, sonst haben wir das ganze Jahr über ohne Schutz gearbeitet“, erzählt der junge Banañero.

Schriftliche Verträge? Gab es nicht. Erste-Hilfe-Kasten? Fehlanzeige.

Er arbeitet jetzt nicht mehr auf dem Feld, sondern ist für die Bewässerung zuständig. Die Lage hat sich eher verschlimmert. Seitdem es die Gewerkschaft gibt, wurden Subunternehmen gegründet, in denen die Leute von der Gewerkschaft zusammengefasst wurden.

„Ihr Ziel ist es, uns loszuwerden“, sagt Guallan. Besonders prekär ist die Situation für Frauen. Für dieselbe Arbeit werden sie geringer entlohnt, es gibt zahlreiche Fälle von sexueller Belästigung. „Wenn eine Frau schwanger wird, kann es sein, dass sie gekündigt wird“, erzählt Nathalia Fajardo, ebenfalls Mitglied bei Astac. Sie berichtet auch von einem Fall, bei dem eine Frau nach drei Tagen Krankmeldung ihren Job verlor.

Auch Acosta ließ sich nicht von seinem Weg abbringen. „Außer Astac kümmert sich niemand um die gesundheitlichen Bedürfnisse der Arbeiter“, sagt er. Das kostet Geld. Ohne die finanzielle Unterstützung mehrerer NGOs wie etwa Oxfam wäre Astac nicht möglich.

Acosta reichte Klage gegen den US-Pestizid-Konzern Dow Chemical ein und erreichte, dass die Vereinten Nationen die Ausbeutung auf den Plantagen als Sklavenarbeit anerkannten. Ihr bisher größter Erfolg.

Seit er dem Fliegen den Rücken gekehrt hat, hat sich sein Leben komplett verändert. Er hat ein Unternehmen für landwirtschaftliches Zubehör gegründet, verdient jetzt nur mehr einen Bruchteil des früheren Gehalts. „Früher besaß ich drei Autos, heute habe ich keines mehr“, sagt Acosta.

Das größte Problem seien aber gar nicht die Regierung, die Bananen-Konzerne oder großen Plantagenbesitzer. „Es ist wichtig, eine Kampagne zu machen, wie sich Supermärkte zunehmend im Preis unterbieten und die Banañeros darunter leiden“, sagt Acosta.

Marktmacht des Einzelhandels


Denn der Einzelhandel bekommt das größte Stück vom Kuchen. 34,5 Prozent schneidet er am Wert der Banane mit. „Von ihnen geht der größte Druck aus, sie haben die Kontrolle über die Handelskette“, sagt Rehling von Südwind. Nur knapp sechs Prozent – oder zehn Cent pro Kilo – bleiben den Arbeitern in Ecuador.

Wer verdient wie viel an Bananen?
Die Wertschöpfungskette von Ecuador nach Österreich, 2015. Quelle: Basic

Das Bananengeschäft ist ein worst-case-Beispiel für den globalisierten Fruchthandel. Die Handelskette ist zudem stark fragmentiert und intransparent. Laut einem Bericht des französischen Forschungsinstituts Basic blieb der Bananenpreis für Konsumenten seit 2001 in nahezu der gesamten EU relativ stabil. Im selben Zeitraum sank hingegen der Importpreis um 20 Prozent – zum Nachteil der Produzentenländer.

Sowohl Südwind als auch Fairtrade versuchen deshalb, den Einzelhandel davon zu überzeugen, mehr biologisch und fair gehandelte Früchte einzukaufen. Denn davon profitieren die Banañeros Ecuadors. Österreich geht mit gutem Beispiel voran. Jede fünfte Banane, die verkauft wird, ist aus Fairtrade-Produktion.

17.000 Tonnen waren es im Jahr 2015. Auch bei den Supermarktketten, die den österreichischen Markt dominieren, findet ein Umdenken statt. Spar verkauft etwa bereits rund 30 Prozent Bio-Fairtrade-Bananen, bei Rewe liegt dieser Anteil bei 14,5 Prozent aller Bananen. Hofer wollte keine Mengenangabe machen, beim Konkurrenten Lidl sind es immerhin drei Prozent.

Fairtrade-Bananen in Österreichs Supermärkten
Quelle: Angaben der Supermärkte

  • nicht-zertifiziert
  • Faitrade-Anbau

Bad für die Banane


Zurück auf der Finca „Mercedes Vanessa“. Die Seilbahnfahrt endet neben der Waschstation. Monoton rattert ein Motor, der frisches Wasser in die Becken pumpt. Doch bevor die Bananen unter einem einfachen Wellblechdach ihr Bad nehmen, werden sie kontrolliert. „Die Banane muss riechen wie eine Gurke“, sagt Bernardo Gabriel Alcantara, der für den Importeur Agrofair auf der Finca die Qualität der Bananen prüft.

Er schneidet eine Banane von der Staude, schlitzt sie der Länge nach auf. Das weiße, feste Fruchtfleisch duftet nach Salatgurke. Alles in Ordnung.

Vor dem ersten Bad werden die Bananen noch geduscht und die Blüten abgebrochen, damit die Frucht nicht zu faulen beginnt. Arbeiter schneiden die „Hände“ anschließend von der Staude und werfen sie ins Becken mit Chlorwasser.

Wieder wird selektiert, denn Bananen sind empfindlich. Früchte mit Druckstellen und braunen Flecken haben keine Chance, als ganze Frucht exportiert zu werden. Bernardo wirft eine Banane mit Mängeln in einen Sack neben dem Becken. Die Ausschussware wird zu Fruchtpüree verarbeitet und findet sich später in Smoothies oder in Babynahrung.

Im zweiten Becken wird die Stelle vernarbt, an der die Hand von der Staude abgeschnitten wurde. Ein wichtiger Schritt, denn der Konsument in Europa will schließlich keine klebrigen Hände vom Latex – und ein perfektes Produkt.

Nächster Halt in der Waschstraße: Die Bananen werden nach der Anzahl der Finger sortiert, je nach Exportland gibt es unterschiedliche Vorgaben. Eine junge Frau mit Mundschutz, gelber Schürze und Handschuhen sprüht ein organisches Fungizid auf die Bananen.

Das verleiht den hellgrünen Bananen nicht nur einen schönen Glanz, sie reifen damit auch nicht zu früh. Bevor die Bananen in Kisten verpackt werden, versieht die Frau die Bananen mit einem Aufkleber. Die Reise kann beginnen.

Sensible Fracht


Eine Banane mit Strohhut vor einer strahlenden Sonne, das Logo der Kooperative, empfängt den Besucher vor dem Bürogebäude am Stadtrand von El Guabo. Direkt daneben steht die neue Verladehalle. Sie wurde mit Geldern der Fairtrade-Prämie gebaut.

Die Aufschrift auf dem Sattelschlepper verrät, wohin die Reise geht: Hamburg Süd. Im Inneren der Halle herrscht Hektik. Drei junge Männer türmen Bananenkisten auf eine Palette, ein anderer zurrt sie mit Plastikbändern fest. Bevor die fertigen Paletten verladen werden, markiert sie ein Arbeiter noch mit den Zieldestinationen: Neuseeland, USA, Europa.

Die krumme Frucht ist sensibel. Noch am Tag der Ernte müssen die Bananen zum Hafen im 20 Kilometer entfernten Machala transportiert werden. Ein Gabelstapler manövriert die Paletten vorsichtig in den weißen Container. Am Ende werden es 20 Paletten sein, 960 Kisten grüner, unreifer Bananen, die einen weiten Weg vor sich haben.

Von Machala geht es durch den Panama-Kanal auf den Atlantik nach Europa. Während der Fahrt müssen die Bananen konstant auf 13,4 Grad Celsius gekühlt werden, damit sie nicht zu früh reifen.

„Es ist auch schon vorgekommen, dass der Container auf minus 13,4 Grad Celsius eingestellt war. Die Bananen kamen gefroren an“, erzählt Ben Huyghe vom Importeur Agrofair, der für die Bananen ab Machala verantwortlich ist.

Doch auf langen Reise kann noch viel mehr passieren: Das Schiff verspätet sich und die Bananen verderben, ein Container mit Bananen geht wegen stürmischer See über Bord oder der Container wurde nicht ordnungsgemäß an die Stromversorgung des Schiffes angeschlossen. „Es ist also fast ein Wunder, dass überhaupt Bananen in Europa ankommen“, scherzt Huyghe.

Einen Monat unterwegs


Der 44-jährige Belgier arbeitet seit 15 Jahren bei Agrofair, einem Unternehmen, das fair produzierte Früchte importiert und vertreibt. Bereits 1996 begann Agrofair mit dem Import und Vertrieb. Heute kommen jede Woche 75 bis 90 Container mit Ananas, Kokosnüssen, Orangen oder eben Bananen in der Zentrale in den Niederlanden an.

Peanuts zwar im Vergleich zu den großen Importfirmen, die im selben Zeitraum 1000 Container und mehr umschlagen. Doch die Banañeros in Ecuador profitieren von ihrem Handel mit Agrofair.

Asoguabo ist einerseits mit zehn Prozent an der „Cooperativa de Productores de Agrofair“, kurz CPAF, beteiligt. Andererseits hält Asoguabo fünf Prozent direkt an Agrofair. „Wir schütten jedes Jahr eine Dividende an CPAF aus“, sagt Huyghe. 2015 waren es 450.000 Euro, die CPAF erhielt. In Summe bekam Asoguabo 75.000 Euro.

Von Rotterdam aus verkauft Agrofair die Bananen weiter an Reifereien in ganz Europa, in Österreich etwa an eine Reiferei in der Nähe von Linz. Dort reifen die Bananen fünf bis sieben Tagen, bis sie ihre charakteristische gelbe Farbe annehmen. Danach kommen sie in den Einzelhandel. Von der Pflanze bis zum Supermarktregal vergehen also zwischen vier und fünf Wochen.

Zurück auf der Finca Mercedes Vanessa. Der Regen gönnt sich eine Pause. Segundo Bautista Cañar Agurto lehnt an einer abgeschlagenen Bananenpflanze. Auf der Plantage ist er bereits als kleiner Junge gewesen und hat seinem Vater zugesehen, wie man Bananen anbaut.

Auch sein Großvater war ein Banañero. Diese Tradition führt er nun weiter, obwohl er Kommunikationswissenschaft studiert hat. Wäre das keine Alternative zur harten Arbeit auf der Plantage? „Ich bin auf dem Land aufgewachsen und könnte mir keine andere Arbeit vorstellen.“ Er liebt Bananen. Am liebsten isst er sie grün, frittiert als Beilage zu Fisch.

Die Reise fand Ende September auf Einladung von Fairtrade Österreich statt.

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