Leichenhof und Modergeruch

Die ersten schriftlichen Quellen über den Rothwald findet man ab 1330, als Herzog Albrecht II den Kartäusermönchen mehr als 30.000 Hektar Wald in den heutigen Gemeindegebieten von Gaming, Scheibbs und Lunz am See übertrug. Damals gab es noch 2.700 Hektar Urwald. 450 Jahre lang verwalteten die Glaubensbrüder das Gebiet, sie betrieben vor allem Holzwirtschaft für Brennholz und für Holzkohle für die Eisenerzindustrie.

Dass der Urwald während dieser Zeit um nur 530 Hektar auf 2.170 Hektar schrumpfte, ist zum einen auf die Topografie zurückzuführen: Der Urwald liegt in einem schwer zugänglichen Kessel und seine Bäche führen in der Regel zu wenig Wasser um Baumstämme damit zu transportieren. Zum anderen schützte ein Jahrhunderte lang währender Streit mit dem steirischen Stift Admont um Wassernutzungsrechte den Urwald. Er verhinderte den Transport von Holz über Klausen durch das Gebiet der Steirer.

Wasserfall
Rothschildhaus
Ameisenhügel
Unterholz
Landschaft

Josef II beendete den Streit. 1782 enteignete er den kontemplativen Kartäuserorden und stellte den Wald in staatliche Verwaltung. Als er 1825 privatisiert wurde, waren noch 1.520 Hektar Urwald über. Unter dem neuen Inhaber Graf Albert Festetics de Tolna schrumpfte er allerdings gewaltig: innerhalb von 44 Jahren um mehr als die Hälfte.

Die intensive Rodung setzte sich nach dem Tod des Eigentümers fort, der Besitz ging 1869 an die Aktiengesellschaft für Forstindustrie: Sie ließ 420 Hektar stehen. Sechs Jahre später folgte der Bankrott, die Besitzungen kaufte einer der Aktionäre der Forstindustrie-AG, der Bankier Albert Rothschild.

Moos am Stamm
Ameisenhügel
Zunderschwamm
Gemeines Weißmoos

Der Naturromantiker und Jäger Rothschild verfügte, die Urwaldreste sich selbst zu überlassen. Doch die Konservierung trug ihm Häme und Unverständnis ein. Naturwälder galten als unzivilisiert, als Sinnbild für ungezügelte Natur. So schrieb damals dazu ein Forstfachmann, es herrsche im Urwald Rothwald „… Leichenhof, gebrochene Kraft und Modergeruch, Verkommenheit“ vor, „wie überall dort, wo die ordnende Hand des Menschen nicht hinkommt“.

1938 „arisierten“ die Nationalsozialisten Rothschilds Besitz, 1942 stellten sie den Urwald unter Naturschutz. Nach 1945 erhielt die Familie Rothschild ihren Waldbesitz zurück, einen Teil davon kauften die Bundesforste. Der Schutz des Urwaldes blieb aufrecht, 1997 wurde er offiziell und dauerhaft von jeglicher Nutzung ausgenommen. "Und so lange wir ein Rechtsstaat sind", sagt Ranger Zehetner, „wird das auch so bleiben!"

Video aus dem Rothwald

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