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Das Pfandsystem ist einer der größten Erfolge der Konsumpsychologie.
Ich bin mit dem Flaschenpfand aufgewachsen. Meistens waren es grüne Flaschen mit lustigen Noppen und Dellen, die prickelndes Mineralwasser enthalten hatten. Als Kind brachte ich sie mit meiner Mutter in einem Rollwagerl zurück zum Meinl, der unten am Eck bei uns war (Verdammt, ich bin „ich kann mich noch an viele Meinl-Filialen erinnern“-alt).
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Doch irgendwann in den 90ern verschwanden die Glasflaschen, und plötzlich waren sie da: die 1,5-Liter-Plastikflaschen. Bequem, leicht, aber eben auch: Müll.
Seit dem 1. Jänner 2025 gibt es in Österreich ein neues Einwegpfandsystem. Für jede Plastikflasche und Getränkedose zwischen 0,1 und 3 Litern zahlt man nun 25 Cent Pfand, das man bei der Rückgabe zurückbekommt. Und letztens las ich: Mit Anfang Mai – also in nur vier Monaten – sind bereits 100 Millionen Gebinde – Flaschen oder Dosen – zurückgebracht worden. Nicht schlecht!
Lass deinen Mist nicht fallen!
Ich gebe zu, nicht immer war ich eine korrekte Mülltrennerin. Zwar landete nie, ich wiederhole: NIE, auch nur ein einziges Fitzel Müll von mir auf der Straße, egal, ob es eine Dose, eine Verpackung oder sonst was war. Ich hasse Littering mit tsunamiartiger Intensität: Die Stadt ist voll von Mistkübeln, an gefühlt jeder Ecke. Es ist echt Minimalaufwand, ein Schokoriegel-Papierl wenigstens bis zur nächsten Ecke in der Hand zu halten und nicht auf der Stelle fallen zu lassen.
Zuhause war ich aber eben nicht so konsequent: Die eine oder andere Dose oder Plastikflasche landete dann doch im Restmüll, weil der schneller zu entsorgen ging. Ja, ich weiß: nicht vorbildhaft. Aber dafür bin ich jetzt der lebende Beweis dafür, was für eine gute Idee das Pfand ist.
Aus unterschiedlichsten Branchen gibt es Studien, die besagen: Der Hauptmotivator, etwas zu kaufen, ist der Preis. Und wenn plötzlich jedes Getränk 25 Cent mehr kostet, man aber weiß, das kriegt man wieder zurück – dann geht man halt alle paar Wochen mit einem Sack voller leerer Gebinde in den nächsten Supermarkt.
Geld ist Hauptmotivator
In nur drei Monaten ist es zur völligen Selbstverständlichkeit geworden, was ich früher nur alle paar Monate mal gemacht hab, wenn sich die Glas-Pfandflaschen zuhause bereits stapelten: Brav Stück für Stück in die Maschine schieben und zuschauen, wie der Pfandbetrag anwächst.
Das Pfandsystem ist im Grunde der Inbegriff dessen, was ich in all den Jahren über Konsumpsychologie herausgefunden habe: Man muss Menschen in nachhaltigeres Verhalten hinein „nudgen“ – das heißt, sie mit positiver Motivation bestärken. Wenn der Preis der größte Motivator für den Kauf eines Produkts ist, ist ein Pfandsystem, bei dem man Geld zurückbekommt, mindestens ebenso motivierend.
Und es geht so beeindruckend schnell, wenn die Motivation die Richtige ist: Schaut euch mal um in den Straßen und Parks – es liegen meiner subjektiven Beobachtung nach viel weniger Dosen herum als früher! Diese Vermeidung von Littering ist wirklich der schönste Nebeneffekt der Kreislaufwirtschaft! Und das sogar, obwohl 2025 noch ein Übergangsjahr ist. Bis Ende des Jahres dürfen noch Getränke ohne Pfandlogo verkauft werden, sofern sie vor dem 1. April 2025 abgefüllt wurden. Doch der Trend ist klar: Die Akzeptanz des Pfandsystems ist hoch, und die Rückgabequoten steigen.
2019 war die Pfand-Kampagne meine letzte für Greenpeace Österreich. Schon damals hatten wir überraschende Gegner:innen – von Sammlern bis hin zu Unternehmen, die aktiv dagegen anlobbyierten. Damals zeigte sich mir sehr klar, wer von den großen Playern an Kreislaufwirtschaft wirklich arbeiten wollte und wer sich nur das Mäntelchen umhängte. Dankenswerterweise setzte sich Klimaschutzministerin Gewessler ein paar Jahre später durch.
Mein Fazit nach bald fünf Monaten Pfandsystem: Erstens ist es mir ein Rätsel, warum sich Teile des Handels der Politik so lange gegen diese so unfassbar sinnvolle Maßnahme sperrten – jetzt sieht man nämlich, wie gut sie angenommen wird. All diese versuchten Argumente von wegen „Die Menschen wollen diesen Extraschritt nicht machen“ sind also auf gut wienerisch für die Fisch.
Und zweitens: Genau diesen Kniff, den das Pfandsystem anwendet, sollte man auch für weitere Bereiche gut überlegen. Erweiterte Herstellergewährleistung, arbeiten mit Coupons bei nachhaltigen Produkten: Es ist machbar, Menschen zu nachhaltigerem Verhalten zu „nudgen“, ohne dass die nachhaltige Handlung im Vordergrund steht. Muss sie ja nicht, es reicht, wenn es einfach gemacht wird.
Nunu Kaller schreibt alle zwei Wochen eine Kolumne zum Thema Nachhaltigkeit. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Quellen
- Instagram: @recyclingpfandat
- Cross-Border Magazine: Der Preis hat den größten Einfluss auf die Kaufentscheidung
- E-Commerce Magazin: Kaufverhalten: Konsumenten achten vor allem auf Preis-Leistung
- Recycling Pfand: Neues Einweg-Pfandsystem: Eine Million Flaschen und Dosen seit Jänner retourniert