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Warum gibt es das Internet? Und könnte es vielleicht etwas Besseres geben? Mit jeder Frage kommen wir der Wahrheit näher. Um junge Menschen für Wissenschaften zu begeistern, muss sie allerdings so vermittelt werden, dass man Teil davon sein will.
ei⋅π+1=0. Diese beeindruckende Formel nennt sich Eulersche Identität. In der Mathematik verbindet sie, wie es heißt, fünf Konstanten auf einfache Weise. Schwer zu sagen, wie viele Schüler:innen das im Unterricht auch so sehen. Es ist sogar gut möglich, dass Formeln wie diese Angst machen vor den komplexen Sachverhalten der Wissenschaft. Dass ich Mathe nicht begreifen würde, habe zumindest ich mir als Kind gedacht.
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Dieses Problem hat das Institute of Science and Technology Austria (Ista) in Klosterneuburg erkannt. Ende der Woche findet am Campus des Instituts ein dreitägiges Festival zur Eröffnung seines neuen Zentrums für Wissenschaftsvermittlung statt, in dessen Zentrum bunte Bilder, bewegliche Objekte, Filme, Musik, Lichtspiele und vor allem jede Menge Aktivität für viele Menschen stehen. „Vista“ nennt sich der runde Glaspavillon mit seinem silbrigen, schwebend erscheinenden Dach, in dem sich Forschung hautnah erleben lassen soll. Es wird Ausstellungen geben, die die komplexe Arbeit am Ista den Sinnen eröffnen sollen, ebenso wie interaktive Workshops, Vorträge und Forschungsevents.
Forschung in Bildern und zugänglicher Sprache
Der Bedarf in Zahlen: 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung finden laut einer Umfrage der Akademie der Wissenschaften, dass Forschung unser Leben verbessert, aber nur 32 Prozent fühlen sich gut informiert. Das heißt, dass die Fachwelt die Sprache fachfremder Menschen ergreifen muss, um zu zeigen, was sie tut. In einer Zeit, in der nahezu alles in einfachen Worten und Bildern auf Insta, Youtube und Co. erklärt werden kann, müssen die mit Steuergeldern finanzierten Wissenschaften zwei Drittel der Menschen besser informieren und sich das Interesse eines Fünftels nachgerade erkämpfen.
17 Millionen Euro für neues Zentrum
Auch die Akademie selbst, die Uni Wien und Technische Universität Wien buhlen um Interesse. Ihre Arbeit wollen sie in einem Science Communication Center im Zentrum Wiens veranschaulichen. Dafür soll die „Aula der Wissenschaften“ für 17 Millionen Euro umgebaut werden. Man will in erster Linie junge Zielgruppen begeistern.
Und hier ist der Knackpunkt. Es kann nicht genügend Wissenschaftsvermittlung geben, weil es nicht genügend Bildung geben kann. Doch die Gefahr ist, dass neue Zentren dafür in erster Linie Erwachsene ansprechen, die ohnehin ein Interesse für die Forschung entwickelt haben.
Wenn aber auch junge Menschen an die Wissenschaften herangeführt werden sollen, reicht es nicht, ein Haus mit Ausstellungen und einem hübschen Café hinzustellen, und Vortragsreihen mit Social-Media-Präsenz als Rahmenprogramm anzubieten. Und es ist auch nicht damit getan, Schulklassen durch Ausstellungshallen zu schleusen, in denen Forschungsergebnisse in Glasvitrinen erklärt werden. Denn dann werden sie lesen, schauen, Kaffee trinken … und vergessen.
Die Faszination am Schulfach
Vielmehr müssen die Wissenschaften schon in der Schule so interessant gemacht werden, dass die Kinder dabei sein wollen. ,,Die Hauptaufgabe ist, Wissenschaft so spannend erschienen zu lassen, dass sie niemand verpassen will”, sagte kürzlich der deutsche Soziologe Rudolf Stichweh beim Fachkongress Wissenswerte für Wissenschaftsjournalismus in Berlin.
Und wie geht das? Man könnte zum Beispiel damit beginnen, zu vermitteln, warum ei⋅π+1=0 eine wichtige Gleichung ist und was sich damit alles machen lässt. Um jungen Menschen eine Faszination für die Forschung mitzugeben, muss auch ihre Bedeutung für unser Dasein und unser Selbstverständnis mitgegeben werden. Nicht nur die Erkenntnisse selbst, sondern auch ihre Relevanz und das System der Erkenntnisgewinnung muss unterrichtet werden. Denn Forschungsfragen gehen von Beobachtungen aus, bauen aufeinander auf und führen immer wieder zu neuen Fragen und zu wiederum neuen Erkenntnissen. Und sie haben eine Bedeutung über sich selbst hinaus.
Warum gibt es die Erde? Und warum bestehen wir aus Materie? Oder warum gibt es das Internet? Und könnte es vielleicht etwas Besseres geben und wenn ja, was könnte das sein? Und so weiter. Mit jeder Frage kommen wir der Wahrheit näher. Wenn wir die Suche nach ihr schon früh entdecken, gewinnen wir nach und nach auch das Selbstvertrauen, uns mit komplexen Dingen auseinanderzusetzen. Und damit gewinnen wir Interesse an Wissenschaft.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
- Am 2. Oktober eröffnet das Vista Science Experience Center in Klosterneuburg. Das neue Zentrum für Wissenschaftsvermittlung im Herzen des Campus des Institute of Science and Technology Austria (Ista) lädt dazu ein, Spitzenforschung zu erleben und auf ungewohnte Art und Weise kennenzulernen. Die Eröffnung wird mit der Ausstellung „Science in the Making – Wie entsteht das Wissen von morgen?“ und einem dreitägigen Opening Festival bei freiem Eintritt von 3.-5. Oktober gefeiert.
- Im Jahr 2027 soll die Transformation der „Aula der Wissenschaften“ in der Wiener Innenstadt zum größten „Science Communication Center“ des Landes vollzogen sein. Das 17-Millionen-Euro-Projekt von der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der Uni Wien und der Technischen Universität (TU) Wien wird vom Bildungsministerium und der Bundesimmobiliengesellschaft finanziert. Auf rund 4.000 Quadratmetern möchte man jährlich rund 70.000 Besucher willkommen heißen. Das Zentrum soll „Wissenschaftsvermittlung auf Augenhöhe“ bieten, ihre Bedeutung für das tägliche Leben vor Augen führen und Impulse gegen die Wissenschaftsfeindlichkeit im Land setzen.
Quellen
- IHS-Ursachenstudie zu Ambivalenzen und Skepsis in Österreich in Bezug auf Wissenschaft und Demokratie
- ÖAW-Wissenschaftsbarometer Österreich
- Wissenswerte – Konferenz für Wissenschaftsjournalismus
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