Australien stellt um von Kohle und Gas auf Erneuerbare Energien. Welche österreichische Unternehmen davon profitieren.
Australien gehört zu den größten Klimasündern der Erde. Das Land hat 25 Millionen Einwohner:innen. Das sind zwar nur 0,3 Prozent der Weltbevölkerung, diese verursachen aber fünf Prozent der globalen Emissionen. Die Folgen spürt Australien längst am eigenen Leib: Flächenbrände so groß wie Österreich und die Slowakei zusammen, Überflutungen, bei denen mehrere Städte tagelang von der Außenwelt abgeschnitten sind, und das sterbende Great Barrier Reef vor der Küste, das in den vergangenen 40 Jahren die Hälfte seiner Korallen verloren hat.
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Nun soll alles anders werden. Vor einem Jahr wurde der Sozialdemokrat Anthony Albanese zum Premierminister gewählt mit dem Versprechen, Australien in eine „grüne Supermacht“ zu verwandeln.
43 Prozent der CO2-Emissionen sollen eingespart werden
Und tatsächlich: Ab heute, 1. Juli, gilt ein weitreichendes Klimagesetz, das Australiens bisherige Klimapolitik auf den Kopf stellt. Demnach sollen bis 2030 43 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden, bis 2050 soll das Land komplett klimaneutral sein.
Das Gesetz ist ein Meilenstein, soviel steht fest. Es gibt jedoch ein Problem: Australien fehlen das nötige Knowhow und die Technologie für die Umstellung von Kohle und Gas auf Erneuerbare Energien aus Sonne und Wind.
Vom Start-up zum Weltmarktführer
16.000 Kilometer entfernt blickt man im Grazer Unternehmen Eologix positiv in die Zukunft. Vor zehn Jahren als Start-up von drei TU-Studenten gegründet, ist das Unternehmen einer der großen heimischen Gewinner der australischen Energiewende. Eologix stellt drahtlose Sender her, die direkt auf Rotorblätter von Windrädern geklebt werden. Die Sender messen kleinste Veränderungen bei Temperatur, Eisbildung und Unwuchten und ermöglichen eine frühzeitige Schadenserkennung.
Mehr als 900 Windräder in Österreich, Deutschland, Belgien und Frankreich werden bereits von Eologix ausgestattet. Nun soll das Geschäft nach Australien ausgeweitet werden. „Wir wollen bei der Energiewende relevant sein“, sagt Geschäftsführer Thomas Schlegl im Gespräch mit der WZ.
1.000 Windräder pro Jahr
Deshalb kaufte Eologix das australische Unternehmen Ping Services, das akustische Messtechnik für Windräder produziert. „Unsere Technologien ergänzen einander gut“, sagt Schlegl, „eine ganzheitliche Überwachung der Rotorblätter ist damit möglich. Das bietet kein anderes Unternehmen der Welt an“. Ping Services erhielt im Gegenzug Anteile an Eologix. Jedes Jahr sollen weitere 1.000 Windräder ausgestattet werden, so das Ziel.
In Australien werden 71 Prozent des Stroms aus Kohle und Gas erzeugt. Das Land fördert zudem 30 Prozent der Kohle und mehr als 20 Prozent des auf den Weltmärkten gehandelten Erdgases. Kein anderes Land der Welt exportiert mehr Kohle und nur Katar mehr Flüssiggas. „Wir sind das Saudi Arabien der Kohle“, sagt John Grimes, australischer Energieexperte und Geschäftsführer von Smart Energy Council. „Dabei sollten wir unsere grüne Energie nutzen. Es gibt viel Sonne und Wind in Queensland und im Westen Australiens. Das wäre nachhaltiger“, sagt er. Haushalte und Unternehmen würden zudem grüne Energie nachfragen.
Reichtum durch Kohle und Gas
Doch so einfach ist das nicht. Mit den Exporten von Gas und Kohle konnten im vergangenen Jahr umgerechnet rund 75 Milliarden Euro verdient werden. Es ist ein Wirtschaftszweig, auf den Australien nur schwer verzichten kann, immerhin baut darauf ein Großteil des Reichtums des Landes auf. Die konservative Vorgängerregierung von Scott Morrison redete lange den Klimawandel klein, Forderungen nach mehr Klimaschutz wies Morrison stets zurück: „Wir werden nicht unsere traditionellen Industrien aufgeben und Jobs gefährden“, sagte er. Bis er im vorigen Jahr abgewählt wurde.
Karl Hartleb ist Außenhandelsbeauftragter der Wirtschaftskammer in Sydney. Die Energiewende spiele für Australien volkswirtschaftlich eine wichtige Rolle. „Kohle und Gas sind zwar große Devisenbringer, aber kaum jemand wird in 20 Jahren noch fossile Brennstoffe kaufen“, sagt er. Um den Wohlstand nicht zu gefährden, ist ein Umlenken auf Erneuerbare Energie daher dringend nötig.
Österreichs Schmiedekunst
Und da kommt Österreich ins Spiel. „Österreich ist ein Bergbauland, ein Großteil unserer Industrie basiert auf ehemaligen Schmiede- und Hammerwerken. Deswegen ist das Wissen in der Metallverarbeitung sehr hoch“, sagt Hartleb. Die heimische Industrie entwickle nicht nur Technologie, sondern wendet sie auch an, wie etwa bei Erneuerbaren Energien.
Bereits heute profitiert Österreich von den Wirtschaftsbeziehungen mit Australien. 2022 exportierte Österreich Güter im Wert von 1,2 Milliarden Euro nach Australien, während Australien Waren im Wert von 251 Millionen Euro nach Österreich exportierte – um eine Milliarde Euro weniger. Mit der Energiewende könnten der Handelsbilanzüberschuss für Österreich noch größer werden.
Großaufträge für heimische Unternehmen
Es sind Unternehmen wie Eologix, die Tiroler Wolftank-Gruppe oder das Wiener Unternehmen Andritz Hydro, die sich nun über gut dotierte Aufträge freuen. Die Wolftank-Gruppe schloss zuletzt eine Vereinbarung für die Lieferung von Wasserstofftankstellen ab. Andritz Hydro ist schon länger in Australien vertreten und zog zuletzt einen Großauftrag für die Ausrüstung des ersten privaten Pumpspeicherkraftwerks in North Queensland an Land.
Das Linzer Unternehmen Primetals Technologies entwickelte eine Methode, mit der Stahl nicht mehr aus Koks und Kohle im Hochofen, sondern aus Wasserstoff hergestellt werden kann. Gemeinsam mit der Voestalpine und dem australischen Bergbauunternehmen und Marktführer Fortescue ist eine gemeinsame Anlage in Linz geplant. Sie soll als Prototyp dienen für eine großindustrielle Anlage, die Australien errichtet wird. „Wir sind optimistisch. Wenn dieses Projekt gut läuft, dann wollen wir 2026 die erste Anlage in Australien errichten“, sagt Alexander Fleischanderl, Leiter von „Green Steel“ bei Primetals Technolgies. „Das wäre ein Hebel für die Klimawende in Australien.“
Im Bereich Sonnenenergie ist das oberösterreichische Unternehmen Fronius stark vertreten. Die Tochterfirma Fronius Australien verkaufte seit ihrer Gründung im Jahr 2010 mehr als 550.000 Wechselrichter und ist damit unter den Top drei Wechselrichtermarken landesweit. Wechselrichter wandelt den Gleichstrom von Solar-Modulen in netzüblichen Wechselstrom um und speist diesen in das öffentliche Stromnetz.
Lernen von Australien
Doch es gibt auch Bereiche, in denen Australien Österreich ein paar Schritte voraus ist, wie Geschäftsführerin Mariella Doppelbauer bemerkt. „Während in Österreich statische Limits bei der maximal zulässigen Einspeisung von Sonnenstrom gelten, gibt es in Süd-Australien eine dynamische Regelung, die sich an der tatsächlichen Netzauslastung orientiert.“ So könne das gesamte Potenzial von Photovoltaik genutzt werden.
Und so könnte auch Österreich von Australien lernen.
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Infos und Quellen
Genese
WZ-Redakteur Bernd Vasari hat über dutzende Unternehmen in Österreich geschrieben. Es sind mittelständische Unternehmen, die erfolgreich ihre Nischen finden, die sich agil an Trends anpassen, die in ihren Bereichen oftmals Weltmarktführer sind. Gleichzeitig brachte Australien sein Klimagesetz auf den Weg. Vasari begann zu recherchieren, inwiefern Österreichs Unternehmen daran beteiligt sind.
Gesprächspartner:innen
Thomas Schlegl, Geschäftsführer von Eologix
John Grimes, Australischer Energieexperte und Geschäftsführer von Smart Energy Council
Karl Hartleb, Außenhandelsbeauftragter der Wirtschaftskammer in Sydney
Alexander Fleischanderl, Leiter von „Green Steel“ bei Primetals Technologies.
Mariella Doppelbauer, Geschäftsführerin von Fronius Australien