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Budget: Weniger Minus, aber noch kein Grund zum Jubeln

4 Min
Georg Renner schreibt jede Woche einen sachpolitischen Newsletter. Am Samstag könnt ihr den Beitrag online nachlesen.
© Illustration: WZ, Bildquellen: Georg Renner, Adobe Stock

Georg Renner hat sich diese Woche angesehen, wie gut der Plan für das Bundesbudget für 2025 bis jetzt aufgeht.


    • Das Bundesbudget 2025 dürfte das geplante Defizit von 18 Milliarden Euro unterschreiten, Einnahmen und Ausgaben entwickeln sich günstiger als erwartet.
    • Das Defizit entsteht vor allem in den ersten Monaten, größere Einnahmen wie EU-Zahlungen folgen später im Jahr.
    • Die finanzielle Lage der Länder und Gemeinden bleibt unsicher, weshalb die Einhaltung der EU-Defizitvorgaben insgesamt fraglich ist.
    • Defizit Bund Jänner–Juli 2025: 16 Milliarden Euro
    • Geplantes Jahresdefizit Bund 2025: 18 Milliarden Euro
    • Einzahlung aus EU-Fonds RRF: fast 2 Milliarden Euro
    • EU-Defizitvorgabe: maximal 3 % des BIP
    Mehr dazu in den Infos & Quellen

Willst du zuerst die gute Nachricht oder die schlechte?

Ok, rhetorische Frage, wir sind hier schließlich nicht bei unserem Schwesternewsletter „Na gut“, in dem es nur gute Nachrichten gibt. Wir können beides unterbringen: das, was funktioniert, genauso wie das, was noch besser laufen könnte.

Fangen wir mit der guten Nachricht an: Das schwarz-rot-pinke Bundesbudget für 2025 dürfte halten, wenn nicht sogar etwas günstiger ausfallen als erwartet. Das legt neben den Monatsdaten des Finanzministeriums auch eine gerade veröffentlichte Analyse des Budgetdiensts des Parlaments nahe.

16 Milliarden Euro Defizit

Vielleicht hast du in den vergangenen Tagen Schlagzeilen wie „Das Defizit läuft davon“ oder Ähnliches gelesen. Die sind auf den ersten Blick verständlich, wenn man sich diese Zahlen anschaut:

Wir sehen: In den ersten sieben Monaten des Jahres hat die Republik 16 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Und das könnte heißen, es wird knapp: Immerhin hat sich der Bund im Budget vorgenommen, im ganzen Jahr nur („nur“ doing a lot of heavy lifting hier, wie der Engländer sagt) 18 Milliarden Euro neuer Schulden zu machen.

Defizit ist kein linearer Faktor

Das täuscht aber. Wenn wir uns das Ganze im Vergleich zu der selben Situation im Vorjahr anschauen, zeigt sich, dass man aus diesen ersten sieben Monaten nicht auf das Gesamtergebnis hochrechnen sollte:

Das Defizit ist nämlich kein Faktor, der linear über das ganze Jahr verteilt hochfährt, sondern vor allem eben in diesen ersten paar Monaten. In den verbleibenden fünf Monaten des Jahres – wie gesagt, die Analyse endet mit Juli – stehen nämlich etliche größere Einnahmenposten an, zum Beispiel heuer eine fast zwei Milliarden Euro starke Einzahlung aus dem EU-Fonds RRF. Außerdem greifen viele der Konsolidierungsmaßnahmen der Koalition – etwa die Abschaffung der Bildungskarenz – erst mit fortschreitender Zeit.

Ich will dich jetzt nicht mit den Details der Einnahmen- und Ausgabenstruktur des Bundes langweilen. Wenn du ein ähnlicher Nerd wie ich bist, möchte ich dir den ganzen Bericht des Budgetdienstes ans Herz legen, da hast du alles aufgeschlüsselt. Wenn du nur das Wichtigste daraus willst, wären das diese beiden (Halb-)Sätze:

„Für das Gesamtjahr ist damit zu rechnen, dass der BVA 2025 auszahlungsseitig in Summe unterschritten wird.“

„Sofern diese Zahlungen der Europäischen Union (EU) heuer noch vereinnahmt werden, ist einzahlungsseitig mit einer Überschreitung des BVA 2025 zu rechnen.“

Kurz gesagt: Das Budget sollte sich ausgehen bzw., weil die Einnahmen höher und die Ausgaben niedriger als erwartet liegen sollten, sogar weniger Defizit ausmachen als die Koalition das angesetzt hatte. Das wäre auch dringend nötig, weil diese Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben mit minus 18 Milliarden Euro noch immer viel zu hoch wäre – zum Beispiel, um die EU-Vorgaben zu erfüllen.

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Ein Kopf auf gelbem Hintergrund

Einfach Politik.

Innenpolitik-Journalist Georg Renner über Österreichs Politiklandschaft.

Jeden Donnerstag

Das war die gute Nachricht. Die schlechte: Der Staat besteht nicht nur aus dem Bund allein. Für besagte EU-Vorgabe (ein Defizit von maximal drei Prozent des BIP) zählen auch die Defizite von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen. Und während wir beim Bund monatliche Zwischenergebnisse bekommen, wie sich die Einnahmen und Ausgaben entwickeln, sind wir, was die anderen Staatsebenen angeht, eher im Blindflug unterwegs.

Das, was man von den Ländern und Gemeinden hört, stimmt einen nur bedingt optimistisch. Niederösterreich zum Beispiel hat erst am Dienstag angekündigt, ein sogenanntes „Nachtragsbudget“ für heuer und 2026 zu beschließen, weil sich angesichts steigender Kosten und geringerer Einnahmen als erwartet der bisherige Plan einfach nicht ausgeht. Und der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ), gegenwärtiger Vorsitzender der LH-Konferenz, hat mehrfach erklärt, die Situation sei „herausfordernd“.

Also: Gut, dass der Bund auf Kurs ist – aber in trockenen Tüchern sind die Staatsfinanzen damit noch lange nicht.


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Infos und Quellen

Genese

Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.

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