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Im österreichischen Verfassungsgericht wird geprüft, ob das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund weiter verboten bleibt. Während andere Länder es längst erlauben, bleibt Österreichs Umgang mit Frauenplanung erstaunlich restriktiv.
Frauen sollen sich fortpflanzen, aber in einem knackigen Alter. Nicht zu jung, nicht zu alt. Ja, die Biologie setzt hier einen Rahmen und spielt dem konservativen Gedankengut in die Karten. Ach, wäre die Medizin doch schon so weit und könnte diesen Vorgang vereinfachen. Wäre sie doch schon so weit, dass Eizellen eingefroren werden könnten und Frauen selbst entscheiden könnten, wann sie sie einsetzen. Moment, genau das ist ja medizinisch möglich – nur die österreichische Gesetzgebung widersetzt sich dem.
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Das 18. Jahrhundert hat angerufen, es will seine Gesetzgebung zurück
Über den eigenen Körper entscheiden? Und dann auch noch als Frau? Jetzt mach mal halblang. Zuerst verlangen sie, dass Abtreibung legal wird, und dann auch noch, dass sie selbst bestimmen können, wann sie Kinder bekommen. Diese Frauen, man gibt ihnen den kleinen Finger, und sie wollen die ganze Hand.
Kritiker:innen warnen, dass Frauen unter Druck geraten könnten, Kinderwunsch und Karriere zu stark abzustimmen – ein Punkt, auf den auch die Regierung hinweist.
Es ist eine legitime Kritik: Wenn Angebote wie diese niederschwelliger sind, könnten Frauen subtil unter Druck geraten, im Extremfall sogar auf sanften Druck von Arbeitgeber:innen. In den USA etwa übernehmen große Tech-Konzerne wie Google oder Apple die Kosten fürs Einfrieren von Eizellen. Was als Benefit verkauft wird, zeigt auch die Kehrseite: Der Kapitalismus und die Logik der Leistungsgesellschaft drohen, aus einer Option eine Erwartung zu machen und wieder die Selbstbestimmung der Frau zu schmälern.
Gerade deshalb: Ein Angebot, keine Pflicht!
Wahlfreiheit wird als Risiko verkauft, sollte dabei aber bedeuten, die Option zu haben, sie nicht nutzen zu müssen – geschweige denn von Chef:innen in eine Richtung gedrängt zu werden. Die Fruchtbarkeit von Frauen sinkt ab etwa 35 Jahren, ab Mitte 40 endet die natürliche Fruchtbarkeit weitgehend. Laut Statistik Austria liegt das Durchschnittsalter bei Erstgeburten bei über 31 Jahren, Frauen bekommen heute später Kinder als noch vor einer Generation. Die Fakten liegen auf dem Tisch und doch behandelt die Politik Social Freezing, als handle es sich um ein exotisches Lifestyle-Accessoire.
Medical Egg Freezing vs. Social Egg Freezing
Medical Egg Freezing – Eizellen einfrieren aus medizinischen Gründen, etwa vor einer Chemo – ist erlaubt. Social Egg Freezing, also einfach die Option für die Zukunft, bleibt tabu.
Was macht man, wenn etwas im eigenen Land verboten ist? Richtig, man weicht ins Ausland aus: Prag, Barcelona oder Kopenhagen zum Beispiel bieten das Einfrieren von entnommenen Eizellen legal und professionell an. Wer Geld und Reisepass hat, kauft sich so die Freiheit. Wer nicht, bleibt außen vor.
Und apropos sozioökonomische Ungleichheiten: Ein weiterer Punkt von Kritiker:innen – das Verfahren ist teuer und deshalb für viele Frauen unerschwinglich, was die Chancen auf reproduktive Selbstbestimmung weiter ungleich lässt. Aber genau das passiert ohnehin schon, weil Frauen mit Geld ins Ausland ausweichen können, während andere außen vor bleiben.
Am Ende steht eine Gesetzeslage, die vorgibt zu schützen, in Wahrheit aber bevormundet. Selbstbestimmung über den eigenen Körper wird in Österreich gern beschworen. Nur offenbar nicht dort, wo es wirklich zählt.
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Infos und Quellen
Genese
Eine Frau aus Wien hat geklagt, weil sie ihre Eizellen einfrieren lassen möchte, nicht aus Krankheitsgründen. Jetzt wird die Legalisierung im Verfassungsgerichtshof geprüft.
Daten und Fakten
- Bei Social Egg Freezing spricht man von der Entnahme und dem Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund.
- Im Gegensatz zu Medical Freezing: Davon spricht man, wenn Eier aus medizinischen Gründen, zum Beispiel vor einer Chemo-Therapie, eingefroren werden.
- In anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Belgien, Spanien, Frankreich oder Schweden, ist es legal und wird durchgeführt.
Quellen
- Verfassungsgerichtshof: Öffentliche Verhandlung des VfGH zum Verbot des „Social Egg Freezing“
- Fertila: Alter und Fruchtbarkeit: Die Fruchtbarkeitskurve
- Statistik Austria: Soziodemographische Merkmale der Eltern von Geborenen
- Parlament Österreich: Stellungnahme zu B7 / BI
Das Thema in anderen Medien
- Der Standard: Österreichs Verbot, Eizellen einfrieren zu lassen, ergibt keinen Sinn
- profil: „Social Egg Freezing“: Warum Frauen ins Ausland müssen
- KURIER: Wird „Social Egg Freezing“ in Österreich erlaubt?
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