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Handys im Unterricht: „Die Schulen sollen es selbst regeln“

3 Min
Im dritten Teil der WZ-Serie „Klassenkampf ums Smartphone" kommen die verantwortlichen Politiker:innen zu Wort.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Getty Images

Der Umgang mit dem Smartphone in Schulen ist in Österreich nicht geregelt. Das sorgt für chaotische Zustände im Unterricht. Doch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) will daran nichts ändern.


Schüler:innen, die sich nicht auf den Unterricht konzentrieren und den Stoff nicht mehr bewältigen können, Lehrer:innen, die aufgegeben haben und reihenweise Fünfer vergeben müssen: Diese und viele weitere Einblicke bekamen wir von Lehrer:innen und Schüler:innen in unseren beiden bisherigen Geschichten der WZ-Serie „Klassenkampf ums Smartphone.“

Direktor:innen sind die Hände gebunden, denn der Umgang mit Smartphones im Schulgebäude ist in Österreich nicht geregelt. Für die Änderung der Hausordnung brauchen sie die Zustimmung von Eltern und Schüler:innen, die sie zumeist nicht bekommen, wie sie uns erzählt haben. „Es geht nicht ohne Regel von oben“, sagt Hemma Poledna, Direktorin am Gymnasium Klosterneuburg. Sie fordert: „Die Politik muss handeln.“

Die WZ hat mit den verantwortlichen Politiker:innen gesprochen. Sie sagen, dass alles so bleiben soll, wie es ist. Mit einer Ausnahme:

„Steirische Landespolitik will Smartphones verbieten“

Werner Amon (ÖVP), Bildungslandesrat der Steiermark, kennt die Probleme: „Aus entwicklungspsychologischer Sicht sind Mobiltelefone während des Unterrichts bedenklich, da sie diesen stören und die Schülerinnen und Schüler ablenken“, sagt er. „Deshalb prüfen wir in der Steiermark gerade Möglichkeiten, Mobiltelefone in der Volksschule und Sekundarstufe 1 (5. bis 8. Schulstufe) während des Unterrichts zu verbieten.“ Die Handys sollen in dieser Zeit in geeigneter Weise aufbewahrt werden, diese Möglichkeiten soll an den Schulen geschaffen werden.

Für die Steiermark soll es bald eine einheitliche Regelung geben: „Wir wollen die Schulen in dieser Frage nicht allein lassen", sagt er. „Damit wären wir in Österreich Vorreiter.“

„Eltern haben berechtigtes Interesse“

Genau umgekehrt sieht es sein ÖVP-Parteifreund, Österreichs Bildungsminister Martin Polaschek. Ihm zufolge soll die Politik den Schulen nicht unter die Arme greifen. Der Einsatz von Smartphones im Unterricht soll von den Schulen selbst geregelt werden: „Es gilt, gemeinsam mit Schüler:innen- und Elternvertretung eine gute Lösung zu finden“, sagt er.

Dass Schüler:innen- und Elternvertretung ein Handyverbot an Schulen oftmals verhindern, ändert seine Haltung nicht. „Das berechtigte Interesse von Eltern, mit ihren Kindern in Kontakt treten zu können, sollte auch die Schule ernst nehmen“, sagt er.

Angesprochen auf die Initiative der Steiermark, antwortet er: „Schulautonomie bringt viele Vorteile, aber wir wissen auch, dass Entscheidungsprozesse immer auch Diskussionsprozesse sind, die mitunter viel Energie benötigen. Wir möchten dem aber nicht vorgreifen.“

Er geht zudem davon aus, dass ab der Sekundärstufe 2 (9. bis 12. Schulstufe) „eine reflektierte Nutzung von Smartphones durch Schülerinnen und Schüler erfolgt“ und die Handys für Recherche und Aufgaben im Rahmen des Unterrichts eingesetzt werden können.

„Schüler:innen reflektieren ihren Smartphone-Konsum", sagt Bildungsminister Polaschek (ÖVP).
© Illustration: WZ, Bildquelle: Getty Images

„Uns sind keine Probleme bekannt“

Auf die Schulautonomie setzt auch Karl Fritthum (ÖVP), Bildungsdirektor von Niederösterreich. „Die Schulen setzen sich mit dem Thema der Smartphone-Nutzung und eventuellen schulinternen Regelungen auseinander und das funktioniert gut“, sagt er. „Ein generelles Handyverbot an Niederösterreichs Schulen ist aktuell nicht in Diskussion.“ Es werde in den Schulen im Rahmen des Unterrichts sehr viel über den vernünftigen Umgang und eine sinnvolle Handynutzung gesprochen, sagt er. Das erfolge im Rahmen der digitalen Grundbildung und fächerübergreifend.

Und, dass sich Eltern- und Schüler:innenvertretung gegen ein Verbot von Handys im Unterricht stemmen? „Uns sind keine größeren Probleme in Schulen bezüglich dieser autonomen Regelungen bekannt“.

„Schulstandort ist für Regeln des Zusammenlebens zuständig“

Auch in Wien sieht Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) keinen Bedarf an Unterstützung der Schulen. Der Schulstandort lege selbst fest, ob das Handy an der Schule von Schüler:innen verwendet werden darf, oder nicht. Für Himmer ist das eine „gut erprobte Praxis“, an der auch „zukünftig festgehalten werden soll“. Auch, wenn sich Elternvertreter:innen querlegen und keine neue Hausordnung beschlossen werden kann. „Damit Schule gut funktioniert, ist ein gemeinsames Mitgestalten von Schüler:innen, Pädagog:innen und Eltern bzw. Erziehungsberechtigten notwendig“, sagt Himmer.

Der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) schließt sich auf Nachfrage der WZ dieser Haltung an.

In der kommenden vierten Folge unsere WZ-Serie „Klassenkampf ums Smartphone“ berichten wir von zwei Schulen aus Wien, die eine Lösung gefunden haben. Sie erzählen, wie es dazu kam.

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Infos und Quellen

Genese

Die Schulleistungen der Kinder im Umfeld der beiden WZ-Redakteur:innen Ina Weber und Bernd Vasari wurden schlechter, bis die Handys von ihren Eltern verstaut wurden. Und die 25-jährige Trainee Nora Schäffler ärgert sich noch immer, dass sie in ihrer Schulzeit so viel Zeit am Handy verbracht hat.

Gesprächspartner:innen

  • Peter Stöckl, Pressesprecher von Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP)

  • Susanne Schiller, Leiterin Stabsstelle, Kommunikation, für niederösterreichischen Bildungsdirektor Karl Fritthum (ÖVP).

  • Lisa-Maria Wendler, Pressesprecherin des steirischen Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP)

  • Nina Özelt, Mediensprecherin des Wiener Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr (Neos)

  • Tabea Griessner, Pressesprecherin des Wiener Bildungsdirektors Heinrich Himmer (SPÖ)

Daten und Fakten

Quellen

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