Mobilfunkinternet braucht in etwa zehnmal so viel Energie wie drahtgebundenes Internet. Und das ist schlecht fürs Klima.
Egal ob in der U-Bahn, im Park oder auf dem Weg zum Supermarkt: Die Augen sind aufs Handy fixiert, der Daumen wischt eifrig von unten nach oben. Wir scrollen durch die sozialen Medien, chatten mit Freund:innen und verlieren das Zeitgefühl beim Reelsschauen. Das verbraucht allerdings jede Menge Datenvolumen – und damit Energie. Was wiederum schlecht fürs Klima ist.
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Wie stark der Verbrauch von Datenvolumen steigt, zeigen auch die Zahlen: Allein in den letzten sechs Jahren haben sich die genützten Gigabyte in Österreich mehr als verdoppelt. Besonders stark steigt dabei der Verbrauch über mobiles Internet, also am Handy oder über mobile WLAN-Boxen. Festes Datenvolumen, bei dem die Datenübertragung über Kabel oder Glasfaser läuft, steigt dagegen weniger schnell an.
Grundsätzlich ergänzen sich die beiden Technologien: unterwegs mobil, in Gebäuden drahtgebunden. Jedoch ersetzen Mobilfunk-WLAN und unlimitierte Smartphone-Tarife festes Internet auch immer öfter zuhause. „Der Trend zu drahtlosem Internet daheim ist bedenklich“, sagt Stefan Schmid, Professor an der TU Berlin, zur WZ. „Auch wenn sich die Mobilfunknetze ständig verbessern, werden mobile Netze nie so effizient sein wie drahtgebundene.“ Das liegt unter anderem daran, dass das Signal über ein Kabel direkt und ohne Störungen übertragen werden kann.
Zehnmal so viel Energie
Das bestätigt auch eine Untersuchung des skandinavischen Netzanbieters Global Connect. Er hat Glasfaser und 5G miteinander verglichen, also die effizienteste Art von Mobilfunk und die effizienteste Art von drahtgebundenem Internet. Das Ergebnis: Glasfaser ist 13-mal energieeffizienter als 5G und belastet daher das Klima deutlich weniger.
„Grobe Schätzungen gehen im Durchschnitt von zumindest der zehnfachen Menge an Energie bei Mobilfunk im Vergleich zu einer festen Verbindung aus”, sagt Schmid. Generell hängt der Energiebedarf von vielen Faktoren ab. Die Entfernung des Handys zum nächsten Sendemast oder die Art der Kabel- und Mobilfunkverbindung ist beispielsweise wichtig. Deswegen ist nur eine „grobe Schätzung“ möglich.
Der hohe Energieaufwand von Mobilfunk zeigt sich auch bei A1, dem größten Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter Österreichs. „Die größte Auswirkung der A1 Group auf die Umwelt ergibt sich aus dem Stromverbrauch für den Betrieb ihrer Netze. Er macht etwa 90 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus. Das Mobilfunknetz spielt hierbei die größte Rolle und ist für 60 Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich. Somit bietet es zugleich auch den wichtigsten Ansatzpunkt für die Reduzierung der damit verbundenen CO2-Emissionen“, heißt es von A1. Das soll mit effizienteren Netzen, wie 5G, und erneuerbaren Energiequellen gelingen.
Politik sieht keinen Handlungsbedarf
Die Regierung verfolgt den gleichen Kurs: Sie setzt auf den Ausbau und die Verbesserung von mobilen und drahtgebundenen Netzen. Bemühungen, den Anteil an festem Datenvolumen wieder zu erhöhen, gibt es keine. „Nutzer erwarten zunehmend, dass Anwendungen mobil verfügbar sind“, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Der Trend hin zu mehr mobiler Internetnutzung wird also nicht kritisch kommentiert, sondern akzeptiert.
Andere Bereiche, die die Umweltbilanz des Internets mitbestimmen, sind in der Politik und auch der medialen Berichterstattung deutlich präsenter. So zum Beispiel Rechenzentren, Künstliche Intelligenz oder Kryptowährungen. „Der Energieverbrauch in Rechenzentren ist im Vergleich ein wesentlich größerer Anteil, aber trotzdem ließe sich auch durch mehr drahtgebundenes Internet sehr viel einsparen“, sagt Schmid. „Daher sollte der Staat die Leute unterstützen, mehr drahtgebunden im Internet zu sein und gleichzeitig die Energieeffizienz und den Ausbau der festen und mobilen Netze fördern”, sagt der Experte.
Dem stimmt auch Ivona Brandic, Professorin an der TU Wien, zu. Zudem weist sie auf den sogenannten digital rebound hin. „Die Geräte und das Internet werden zwar immer effektiver, aber die Menschen verändern durch die Flatrate-Mentalität ihr Verhalten. Man überlegt gar nicht mehr, was man macht, weil man ein so großes Datenvolumen zur Verfügung hat“, sagt Brandic. Digital rebound bedeutet also: Trotz besser werdender Technik wird immer mehr Energie gebraucht. „Früher hat man sich eine DVD ausgeliehen. Heute streamt man einfach. An sich braucht Streamen im Vergleich weniger Energie, doch dann binge-watched man das ganze Wochenende durch und benötigt dadurch deutlich mehr Energie“, sagt Brandic.
Sie appelliert daher für mehr Bildungsarbeit, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. „In der Schule lernt man ja auch, dass 30 Gramm Zucker am Tag genug sind. Solche Einheiten könnten ebenso für den technologischen Bereich entwickelt werden“, sagt Brandic. Zudem erwartet sie einen weiteren Anstieg der Bildschirmzeit und insbesondere der mobilen Nutzung. „Deshalb müssen wir uns die Frage stellen: Wie gestalte ich mein Leben, dass ich nicht nur vor dem Bildschirm sitze?“
Wer unterwegs den Kopf hebt und vom Handy aufschaut, blickt in zahlreiche vom Bildschirm beleuchtete Gesichter. Die meisten von uns können sich einen Alltag ohne Handy gar nicht mehr vorstellen. Das Bewusstsein über die Auswirkungen der intensiven Nutzung des Mobiltelefons auf uns und das Klima fehlt aber oftmals. Sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik.
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Infos und Quellen
Genese
Immer mehr Menschen surfen zuhause über mobile WLAN-Boxen oder gar nur mehr über den Handytarif. Diese Entwicklung ist auch in den Daten zu sehen: Wir brauchen immer mehr Datenvolumen und davon beziehen wir immer mehr über mobiles Breitband. Wie sich das auf die Umwelt auswirkt, hat WZ-Trainee Markus Hagspiel herausgefunden.
Gesprächspartner:innen
Ivona Brandic, Professorin an der TU Wien
Stefan Schmid, Professor an der TU Berlin
Finanzministerium
RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH)
Presseabteilung von A1
Presseabteilung von Drei
Presseabteilung von Magenta
Daten und Fakten
Seit 2018 hat sich der Gesamtverbrauch von Datenvolumen verdoppelt. Zeitgleich steigt der Anteil der mobilen Nutzung immer weiter an. Während der Anteil von Mobilfunk 2017 bei 30 Prozent lag, ist er 2023 bereits bei 41 Prozent, Tendenz weiter steigend.
Mobilfunk braucht deutlich mehr Energie als drahtgebundenes Internet. In einem Vergleich der effizientesten drahtgebundenen und mobilen Verbindungen, Glasfaser und 5G, ist Glasfaser 13-mal energieeffizienter als 5G. Grob geschätzt braucht Mobilfunk durchschnittlich rund zehnmal so viel Energie. Außerdem hält auch der Akku des Smartphones mehr als doppelt so lang, wenn über WLAN gestreamt wird statt übers Mobilfunknetz. Jede Verbindung mit dem Handy benötigt aber unterschiedlich viel Energie – unter anderem wegen der Entfernung zum nächsten Sendemast, der Generation des Mobilfunknetzes und der Dichte der Sendemasten. Das erschwert auch genaue Berechnungen.
Global betrachtet schätzt man, dass rund zehn Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus dem Internet stammen. Wenn das Internet ein Land wäre, würde es beim weltweiten CO2-Ausstoß damit in etwa auf Platz 6 liegen. Wie viele Emissionen durch mehr Energieverbrauch erzeugt werden, kommt vor allem auf den Energiemix im Land an. Deshalb ist es schwierig, den CO2-Ausstoß des Internets und einzelner Gigabyte zu berechnen. Auch für jedes Land ergeben sich dadurch unterschiedliche Umweltbilanzen des Internets.
A1, Magenta und Drei sind die drei größten Mobilfunkanbieter Österreichs. Gleichzeitig sind sie die einzigen drei Netzbetreiber in Österreich. Das bedeutet, sie sind für die Infrastruktur verantwortlich und können anderen Anbietern ihr Netz zur Verfügung stellen. Alle drei Netzbetreiber beziehen große Teile ihres Stroms aus erneuerbaren Energien. Das reduziert auch den ökologischen Fußabdruck des Internets in Österreich.
Quellen
Das Thema in der WZ
Das Thema in anderen Medien
Standard: Wie klimaschädlich ist das Internet?
Deutschlandfunk: Droht der Stromkollaps durchs Internet?