Die Zahl der Kinder mit Typ-1-Diabetes steigt deutlich an. Ein Leben mit der chronischen Erkrankung ist vor allem zu Beginn für die ganze Familie eine Herausforderung – doch ein Leben ohne große Einschränkungen ist möglich.
Thomas erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre: Er war 15 Jahre alt, Musikerziehung mit einer neuen Lehrerin stand auf dem Stundenplan. Eigentlich wollten sie gemeinsam Singen. Doch plötzlich spürt der Teenager ein Unwohlsein aufkommen, noch nicht erkennbar für Außenstehende. Das wird es aber sehr bald werden, wenn er nicht gleich Zucker zu sich nimmt. Sinkt sein Blutzucker weiterhin, dann beginnt er zu zittern, zu schwitzen, vielleicht zu lallen. Es ist ein Unterzucker – ein sogenannter Hypo. Es droht ein Krampfanfall und Bewusstlosigkeit. Manchmal enden solche schweren Hypoglykämien sogar im Koma. Ein Blick auf sein Messgerät bestätigt seine Vermutung, also greift er in seine Tasche, holt ein Latella heraus und trinkt zügig. Nicht zu schnell, denn Zucker wird am schnellsten über die Schleimhäute aufgenommen, hat er erst kürzlich von seiner Ärztin gehört.
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Thomas Führer ist sportlich, schlank, intelligent und wissbegierig. Und er ist Typ-1-Diabetiker seit seinem zwölften Lebensjahr. Was seine neue Professorin in diesem Moment gar nicht interessiert: „Pack das sofort weg“, sagte sie. Auf den Versuch einer Erklärung, so erzählt der heute 22-Jährige im Gespräch mit der WZ, antwortet sie barsch: „Das ist mir scheißegal.“ Wortwörtlich habe sie es so gesagt. Worauf sich die ganze über seinen Diabetes vorinformierte Klassengemeinschaft hinter ihn gestellt hätte und die Lehrkraft mit den Worten „Wirst schon sehen, was du davon hast: Wir sehen uns nach der Stunde“, den Unterricht weiterführte. In der Pause, so Thomas weiter, wollte er ihr seine Situation erklären. „Sie war aber uneinsichtig. Ich hab‘ dann nur noch den Werbeslogan gesungen: ,Pfeif drauf, lass die Sonne rein und schenk dir ein Latella ein‘. Das war eine Klassenbucheintragung wert“, sagt der junge Mann mit einem breiten Lachen.
Zahl der Erkrankten steigt
Thomas ist einer der rund 60.000 Menschen mit Diabetes Typ 1 in Österreich. Und die Zahlen steigen deutlich an: „Die Inzidenz im Jahr 2021 lag bei 28,7 auf 100.000“, erklärt Elke Fröhlich-Reiterer. Sie ist die stellvertretende Abteilungsleiterin für Allgemeine Pädiatrie der Medizinischen Universität Graz und Leiterin des Bereichs Diabetes und Endokrinologie an der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde. Zum Vergleich: „Im Jahr 1990 war die Inzidenz bei 8 von Hunderttausend, im Jahr 2000 waren es ungefähr 12, dann Ende der 2000er bei rund 20 pro Hunderttausend“, so die Medizinerin weiter. „Unser Zentrum ist massiv davon betroffen.“ Besonders in den Corona-Jahren habe man den starken Anstieg gemerkt. „Wie das zusammenhängt, wissen wir nicht, ob Corona einen Einfluss hat, ist noch nicht geklärt. Die Frage stellt sich natürlich.“ Denn es wird weiterhin nach den Ursachen für diese chronische Erkrankung geforscht: „Nachdem die Virus-Hypothese aufgestellt wurde, die besagt, dass Viren für den Ausbruch der Krankheit ausschlaggebend sein können, wird Corona eventuell schon einen Einfluss haben.“ Ganz klar ist es aber weiterhin nicht, weshalb diese Erkrankung ausbricht.
Diabetes ist nicht Diabetes
Ganz im Gegenteil zur Typ-2-Diabetes. Seit jeher wird in der Diabetologie grob zwischen Typ-1-Diabetes (früher auch: juveniler Diabetes), der schon zu Beginn der Erkrankung insulinpflichtig ist, und dem zu Beginn nicht-insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes (frühere Bezeichnung: Altersdiabetes) unterschieden. Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die einen genetischen Hintergrund hat. Hierbei zerstört das Immunsystem jene Zellen im Körper, die für die Insulinproduktion verantwortlich sind. Menschen mit Typ 1 Diabetes müssen ständig ihren Blutzucker überwachen und die zugeführte Insulinmenge an den aktuellen Blutzucker und die gegessenen Kohlehydrate – sie sind in Brot, Zucker, Obst und vielem mehr enthalten – anpassen. Typ 2 hingegen entpuppt sich als Ergebnis ungesunder Ernährung und Lebensweise sowie Vererbung. In Österreich gibt es rund 800.000 Diabetes-Fälle insgesamt. Typ 1 wird meist im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert.
So wie bei Thomas Führer, der sich gerade auf einer Schiffstour befand, als er die ersten Symptome zeigte: starker Durst und Gewichtsverlust. Wobei sich seine Eltern erst mit der Erkrankung auseinandersetzen mussten, als Thomas schon elf Jahre und einigermaßen selbständig war. Die schwierige Kleinkindphase, in der sehr niedrige oder sehr hohe Blutzuckerspiegel verzeichnet werden, musste Familie Führer nicht durchleben. Gerade Kleinkinder haben ausgeprägte Blutzuckerschwankungen, einen sehr geringen Insulinbedarf und ein unvorhersehbares Ess- und Bewegungsverhalten. Sinkt der Blutzucker zu stark und plötzlich, kann das zu Bewusstlosigkeit und Krampfanfällen führen. Ein zu lange anhaltender hoher Blutzuckerspiegel kann lebensbedrohlich werden. Abgesehen davon, dass auch Kleinkinder bei extremen Schwankungen mit Begleiterscheinungen zu kämpfen haben.
Wir sind aus allen Wolken gefallen.Maria O.
Wie beispielsweise Juliana: Sie ist dreieinhalb Jahre alt, als ihre Mutter Maria O. (Name der Redaktion bekannt) die Diagnose erhält. „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, erinnert sich die ehemalige Diplomkrankenschwester. Nach der Diagnose wären sie im Krankenhaus sehr gut betreut worden. „Und dann hat man uns geraten, zur Österreichischen Diabetiker-Vereinigung Kontakt aufzunehmen. Das hat uns sehr geholfen, weil man nicht allein ist, und man merkt, dass es auch andere gibt, die davon betroffen sind“, sagt Maria O. Mittlerweile ist Juliana 15 Jahre alt, fährt auch alleine auf Sommercamps. Das war nicht immer möglich.
Frisch aus dem Spital entlassen musste nämlich Maria O. ihre Tochter neun bis elf Mal am Tag in eine Fingerkuppe stechen, um den Blutzucker zu kontrollieren – auch in der Nacht. „Ich hatte mir alle zwei Stunden den Wecker gestellt“, erzählt sie. „Das habe ich sicherlich vier bis fünf Jahre praktiziert. Dann hab‘ ich ein bisschen lockerer gelassen und nur mehr alle drei bis vier Stunden gemessen.“ Maria O. lacht als sie „locker“ sagt. Denn locker lassen fällt schwer. Erst die Markteinführung der Glucosesensoren (CGM, kontinuierliche Gewebezuckermessung), also ein Messgerät, das selbständig die Glucose (Zuckergehalt) im Unterhautfettgewebe misst. Der CGM ist permanent am Körper befestigt und habe Erleichterung gebracht.
Kein Wecker mehr
Darüber ist auch Fröhlich-Reiterer sehr erfreut: „Die Therapiemöglichkeiten haben sich in den letzten 10 bis 20 Jahren massiv verbessert“. Inwiefern? „Da war einmal die Einführung der Insulinpumpen-Therapie, die bedeutet eine kontinuierliche Abgabe des Insulins und keine Injektionen mehr. Dann sind die Glucose-Sensoren auf den Markt gekommen, die ständig im Unterhautfettgewebe den Blutzucker messen. Das heißt, dieses viele Stechen in der Fingerkuppe fällt weg. Und wir haben in der klinischen Praxis seit mittlerweile eineinhalb Jahren Hybrid-Closed-Loop-Systeme, die so etwas wie eine künstliche Bauchspeicheldrüse sind“, erklärt die Ärztin. Auf der einen Seite braucht man dafür einen Glucose-Sensor, der den Gewebezucker misst, auf der anderen Seite eine Insulin-Pumpe und dazwischen einen Algorithmus, der beide verbindet und steuert. „Diese Systeme sind echt sensationell!“ Besonders in den Nächten bringen sie Betroffenen und ihren Familien große Erleichterung. Bezahlt werden sie von den Krankenkassen. Also ist heute kein Wecker mehr notwendig, der alle zwei Stunden schrillt.
Die durchwachten Nächte gehören wohl heute zum großen Teil der Vergangenheit an, nicht aber die Schwierigkeiten, die in den Jahren nach der Diagnose bei einem Kleinkind folgen werden: nämlich die Suche nach einem Kindergarten- oder später nach einem Schulplatz. „Die Mehrheit der Eltern von Kindern mit Diabetes muss ihre Stelle kündigen. Ich gehöre dazu“, sagt Maria O. Das sei keine Seltenheit, denn die Versorgung im Kindergarten oder in der Schule müsse ja irgendwie gewährleistet sein. „Dadurch, dass das eine freiwillige Zusatzleistung ist, haben Eltern oft das Problem, dass diese Betreuung zwar übernommen wird, aber bei Ausflügen und Veranstaltungen jemand dabei sein muss, jemand zur Jause oder zum Mittagessen kommen muss. Denn da brauchen die Kinder zusätzliches Insulin für ihre Kohlehydrate.“ Das lässt sich beruflich oft nicht vereinbaren. „Man wird mit dieser Diagnose schon sehr stark aus der Gesellschaft ausgeschlossen“, fügt sie hinzu.
„Ich kann dazu viele Geschichten erzählen. Es ist tatsächlich so“, antwortet die Medizinerin Fröhlich-Reiterer auf die Frage, ob dies die Norm sei. „Da gibt es abgelehnte Kinder in Kindergärten und an den Wunschschulen. Kinder mit Diabetes wurden auch vereinzelt von der Schullandwoche oder aus dem Skikurs ausgeschlossen“, so Fröhlich-Reiterer. Doch woran liegt das?
Das Wichtigste ist Aufklärung
Natürlich spielen die Ängste der Kindergartenpädagog:innen und Volksschullehrer:innen eine Rolle, denn sie tragen die Verantwortung. Harald Führer suchte von Anfang an das Gespräch mit Thomas` Lehrer:innen: „Wir haben offensiv informiert und Thomas konnte dank engagierter Lehrerinnen und Lehrer immer alles mitmachen. Aber ich kenne Beispiele, wo Kinder mit Vorurteilen und mangelnder Unterstützung konfrontiert sind“, sagt er in seiner Rolle als Präsident der Dachorganisation „wir sind diabetes“ und ehemaliger Obmann für DIABÄR, einem Verein, der sich ausschließlich mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes befasst. „Das Wichtigste ist Aufklärung“, sagt Harald Führer. „Ich habe meine Schulkollegen und -kolleginnen selbst informieren wollen“, erzählt Thomas. „Wahrscheinlich habe ich Gelassenheit und Kompetenz vermittelt. Und damit waren die Lehrerinnen und Lehrer beruhigt. Das Grundprinzip ist es simpel (durch Einflussfaktoren aber dann wieder komplizierter): Du hast eine gewisse Menge von Zucker und dafür brauchst du eine bestimmte Menge Insulin, die du mit einem Faktor berechnest. That‘s it“, fügt Thomas hinzu, der auch Camp-Leiter bei DIABÄR ist und die Schulungsplattform für chronische Erkrankungen „Schüler für Schüler“ gemeinsam mit Karin Duderstadt von „wir sind diabetes“ ins Leben gerufen hat. Diese breitet sich inzwischen nicht nur in Österreich, sondern im gesamten deutschen Sprachraum aus. Auch gibt es dort nicht mehr nur animierte Aufklärungsvideos über Diabetes. „Schüler klären nun auch über andere Krankheiten auf“, berichtet Thomas, der für seine Plattform, die übrigens aus seinem eingangs beschriebenen Erlebnis mit der neuen Lehrkraft entstanden ist, ausgezeichnet. Denn wie auch sein Vater sagt: „Aufklärung ist das Wichtigste“, zitiert ihn Thomas.
Vielleicht ist Diabetes kein sexy Thema?Harald Führer
„Man muss die Spitze des Eisbergs kappen, indem man die Leute informiert. Denn Nicht-Wissen erzeugt Angst, und Angst ist ein schlechter Berater für diese Situation. Wir können als Dachorganisation „wir sind diabetes“ Hilfestellung geben, für Menschen, die selbst nicht in der Lage sind, das so zu kommunizieren, dass es weniger problematisch erscheint“, sagt Harald Führer. Wenn man seine Sorgen als Elternteil allzu offensichtlich zeige, dann wirke die Erkrankung noch beängstigender als sie ist und die Lehrkräfte sähen sich schon mit einem Fuß im Gerichtssaal. Die Folge sei eine totale Blockade gegenüber dem Zusammenarbeiten mit den Betroffenen.
Was brauchen die Familien? „Vor allem öffentlich finanzierte Assistenz- und Unterstützungsangebote, denn die Selbsthilfe-Diabetes-Vereine werden nur durch Spenden finanziert.“ Die Führers und alle anderen Lobbyist:innen und Beteiligten arbeiten ehrenamtlich. „Wir brauchen eine Regelfinanzierung!“ Harald Führer will aber niemanden verantwortlich machen: „Wir würden dafür lediglich einen geringen sechsstelligen Betrag brauchen. Unter dem Motto ,Bewegt euch‘ wird aber ein siebenstelliger Betrag ausgegeben. Vielleicht ist Diabetes kein sexy Thema?“
Es scheitert an der Umsetzung
Ärztin Fröhlich-Reiterer schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir haben gemeinsam mit Moki Steiermark, ein mobiler Kinderdienst, bei dem es drei ausgebildete Diabetes-Beraterinnen gibt, Betreuung für Kinder mit Typ-1-Diabetes außerhalb der Klink aufgebaut. Wir arbeiten eng mit ihnen zusammen, um einerseits Hilfestellung daheim anzubieten. Andererseits sind die Moki-Schwestern auch da, um in die Schulen, in den Kindergarten zugehen und vor Ort zu schulen, zu unterstützen, wenn es in den ersten Wochen Schwierigkeiten gibt.“ Doch dieses Projekt ist derzeit spendenfinanziert, auch hier braucht es eine öffentliche Finanzierung und vor allem eine Regelfinanzierung für alle Bundesländer. Es wurde mit den Stakeholdern ein Pilotprojekt für die Steiermark erarbeitet, das eigentlich im Jänner hätte starten sollen, doch es scheitert derzeit an der Umsetzung. Es würde nicht viel kosten, aber einen großen Output liefern, der die Ängste von allen Seiten nehmen könnte. „Die Umsetzung der mobilen Diabetesassistenz für Kinder mit Typ-1-Diabetes ist derzeit eines meiner Hauptprojekte “, sagt Fröhlich-Reiterer mit hörbarer Motivation in ihrer Stimme.
Während Harald Führer weiterkämpft, bereitet sich Thomas auf das nächste Diabetes-Schulungs-Camp vor. Dort soll den Jugendlichen mehr Eigenverantwortung vermittelt werden. Thomas bringt ihnen seinen Zugang zu Diabetes näher, lebt ihnen vor, dass man dennoch Floorball, also Eishockey ohne Eis, spielen, an einem Orientierungslauf mitten im Wald teilnehmen und auch noch andere Sportarten ausprobieren kann. Auch sonst ist Thomas sehr aktiv: Er studiert Maschinenbau-Wirtschaft, belegt Jus-Vorlesungen und arbeitet in einem Immobilienunternehmen. Frei nach seinem Motto „Alles ist möglich“ – auch den Privat-Pilotenschein würde er gerne machen.
Anlaufstellen
DIABÄR – Verein für Diabetiker der Universitätskinderklink Graz
Wir sind Diabetes (Dachorganisation)
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Infos und Quellen
Genese
WZ-Redakteurin Verena Franke ist seit 1997 Typ-1-Diabetikerin und seit vier Jahren Looperin (sie verwendet auf Eigeninitiative ein Closed-Loop-System). Ihr ist es ein Anliegen, die Bedürfnisse der betroffenen Eltern und der Kinder aufzuzeigen, sowie den engagierten Ärzt:innen und vielen ehrenamtlichen Diabetes-Rührigen die Möglichkeit zu geben, Missstände und fehlende Unterstützung publik zu machen.
Gesprächspartner:innen
Elke Fröhlich-Reiterer ist stv. Abteilungsleiterin für Allgemeine Pädiatrie der Medizinischen Universität Graz und Leiterin des Bereichs Diabetes und Endokrinologie an der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde
Maria O. (Name der Redaktion bekannt) ist Diplomkrankenschwester, die aufgrund der Typ-1-Diabetes ihrer Tochter Juliana (Name der Redaktion bekannt) ihre Stelle kündigte, in einer Pfarre die Buchhaltung betreut und sich bei der Diabetiker-Vereinigung engagiert. Ferner hat sie eine Diabetes-Beraterin-Ausbildung gemacht und hält Schulungen für Kindergartenpädagog:innen und Lehrer:innen.
Thomas Führer hat Diabetes Typ 1, ist im Vorstand von „wir sind diabetes“ und dort für Kinder und Jugend zuständig. Ferner unterstützt er DIABÄR, indem er mit Rat und Tat den Jugendlichen zur Seite steht und Schulungs-Camps leitet. Auch hat er die Plattform „Schüler für Schüler“ gegründet.
Harald Führer, Vater von Thomas, ist Präsident der Dachorganisation „wir sind diabetes“ und Obmann für DIABÄR.
Daten und Fakten
Was ist Diabetes?
Diabetes mellitus ist eine Erkrankung des Zuckerstoffwechsels und wurde früher „Zuckerdurchfluss“ genannt, weil der Urin eines unbehandelten Diabetes-Erkrankten süß schmeckt (zur Diagnose von Krankheiten wurde früher eine Geschmacksprobe der Ärzt:innen genommen).
Es gibt zwei Arten von Diabetes:
Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung. Die für die Herstellung von Insulin zuständigen Inselzellen in der Bauspeicheldrüse werden durch das eigene Immunsystem allmählich zerstört. Daher muss ein Leben lang Insulin dem Körper zugeführt werden. Denn Insulin braucht der Körper, damit Glukose (Traubenzucker) aus dem Blut in die Körperzellen gelangt. Glucose wird mit der Nahrung in Form von Kohlehydraten (etwa Brot, Zucker, Obst und vieles mehr) dem Körper zugeführt. Insulin ist also dafür zuständig, dass die Zellen ihren Treibstoff bekommen.
Typ 2 hingegen wird auch als Volkskrankheit bezeichnet, die durch Übergewicht, Vererbung und ungesunde Lebensweise entstehen kann. Die Mehrheit der Menschen mit Diabetes hat diese Form der Erkrankung. Hier liegt keine Störung der Insulinbildung wie bei Typ 1 vor, sondern das Insulin wirkt nicht mehr im Körper wie es soll. Das bedeutet, dass die Körperzellen resistent gegen Insulin werden. So erschöpft sich die Kapazität der Bauchspeicheldrüse, Insulin zu bilden. Dann braucht man Medikamente, später auch zusätzliches Insulin per Spritzen oder Pumpe.
Moderne Therapieform
Heute wird Diabetes Typ 1 meistens mit einer Insulinpumpe und einem kontinuierlichen Gewebezuckermessgerät (CGM), auch Sensor genannt, behandelt. Dabei misst der Sensor alle fünf Minuten den Zucker im Gewebe und sendet per Bluetooth ein Signal an die Insulinpumpe. Dazwischen ist ein Algorithmus geschaltet (manchmal ist es eine App am Handy, manchmal ein Zusatzgerät oder auch direkt die Insulinpumpe), der genau berechnet, wie viel Insulin nötig ist, um den Blutzucker im Optimalbereich (von Ärzt:innen meist zwischen 80 und 180 mg/dl festgelegt) zu halten.
Quellen
OTS: Kinder mit Diabetes haben es oftmals schwer in Österreichs Schulen und Kindergärten
Diabetes Austria: Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes
Die Initiative Schüler für Schüler gibt Einblick in das Leben in das Leben junger Menschen mit einer chronischen Erkrankung