Beim Fußballverein LASK eskalierte in den letzten Wochen ein Machtkampf zwischen Klub-Bossen und Fans. Der Auslöser: ein rosarotes Trikot. Nun gehen die Streitparteien erstmals aufeinander zu. Einblick in einen tiefgehenden Konflikt.
Es könnte alles so schön sein. Ein neues, schmuckes Stadion, Dritter in der Liga, Spiele gegen den FC Liverpool, wie im Herbst im Europacup. Trotzdem wurde zuletzt nur noch gestritten beim LASK, dem oberösterreichischen Fußball-Aushängeschild und Kulturgut. Der Auslöser klingt banal: ein rosafarbenes Trikot. Doch genau das ist ein Riesenproblem. Die Linzer tragen traditionell Schwarz und Weiß. Seit Jahren aber redet ein Sponsor mit und färbt alles in seiner pinken Konzernfarbe ein: Spieler, Klub-Mitarbeiter:innen, Einlaufkinder. Den Fans auf der Stehplatztribüne wurde es zu bunt.
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Der Einfluss eines Geldgebers, so die Kritik, dürfe doch nicht die Werte des Klubs verletzen. Lang protestierten Anhänger:innen mit Transparenten. Nichts half. Zuletzt schleppten sie in letzter Verzweiflung Waschmaschinen vors Stadion. Und warfen Reinigungstabs aufs Spielfeld. Die Botschaft an die Klub-Bosse: Wascht die pinken Dressen rein – und zugleich euer „Gewissen“. Der LASK griff hart durch, verhängte Stadionverbote gegen mehrere Fan-Capos. Die unmissverständliche Antwort: Wir lassen uns von euch nicht dreinreden!
In Linz eskalierte in den letzten Wochen ein Kulturkampf: Fans gegen Funktionär:innen und Finanziers. Der Konflikt ist tiefgreifend – er handelt von findigen Geschäftsmännern, widerspenstigen Anhänger:innen, einem streitbaren Klub-Boss und dem rosaroten Panther. Ein ungleiches Kräftemessen. Doch die Fans haben ein Ass im Ärmel.
LASK-Kicker laufen regelmäßig wie lebende Punschkrapfen aufs Feld.
Auslöser des Konflikts ist der rosarote Panther, bürgerlicher Name: Andreas Weißenbacher, CEO des Konzerns BWT. Seit 2019 sponsert er den LASK. Sein Markenzeichen: alles rosarot einzufärben. Skiflieger, Fußballer, Rennautos. Sogar vor dem britischen Luxussportwagen Aston Martin in der Formel-1 wollte er nicht Halt machen. Doch daraus wurde nichts. Sein „Herz blutet“, erklärte er. Ein rosa Auto falle doch „viel mehr auf“ und bringe „mehr Werbeeffekte“. Nun laufen die LASK-Kicker regelmäßig wie lebende Punschkrapfen aufs Feld.
Stadionverbote für Tabs-Werfer
„Wie weit wollen wir uns für den Erfolg verkaufen?“, fragte Christian Waldhör, 28, Sprecher der Faninitiative „Schwarz-Weiß“ schon vor Monaten. Seit Kindestagen ist er LASK-Fan, sein Vater schreibt eine Vereinschronik. Waldhör hat chronologisch erfasst, wie sein Verein immer pinker wurde. Regelmäßig übt er öffentlich Kritik. Anfang April verhängte der LASK gegen ihn – und fünf weitere Fans – ein „unbefristetes“ Stadionverbot.
In einem Schreiben, das der WZ vorliegt, wirft ihm die LASK GmbH das Werfen von Waschmaschinentabs vor. Waldhör bestreitet das. Die Strafen seien „willkürlich“ erfolgt, sagt er im WZ-Gespräch. Einer der Sanktionierten sei nicht einmal im Stadion gewesen, sondern im Ausland.
Der Klub rechtfertigte sich: Viele Fans waren vermummt, also habe man jene Fanklub-Vertreter mit offiziellen Funktionen bestraft. Kurzum: Die Bosse wollten den aufmüpfigen Anhänger:innen einen Riegel vorschieben – und Stärke demonstrieren. Der LASK werde nicht zulassen, hieß es in einem Statement, „dass dieses Bild einer Minderheit eine Mehrheit dominiert“.
Retter und Polterer
Der LASK, das ist vor allem Siegmund Gruber. Der rustikale Oberösterreicher, der zum Poltern neigt, ist CEO der LASK GmbH und der eindeutige Boss im Klub. Auch deshalb, weil er den Verein 2013 vor dem Niedergang gerettet hat. Damals dümpelte der LASK in der Regionalliga herum – und spielte gegen wenig klingende Namen wie Copacabana Kalsdorf.
Der Geschäftsmann Gruber sprang dem maroden Verein zur Seite; gemeinsam mit einer fußballbegeisterten Männerpartie, den „Freunden des LASK“. Die 14 Geschäftsleute aus der Region tilgten Schulden, besorgten Sponsoren, gewährleisteten den Spielbetrieb. Dann gelang dem LASK, was niemand erwartete: Er kämpfte sich 2017 in die Bundesliga zurück, wurde zum Herausforderer von Red Bull Salzburg, holte den Vizemeistertitel und feierte im Europacup beachtliche Erfolge.
Der LASK wuchs schneller als gedacht. CEO Gruber ist gut vernetzt in Linz, er holte Politik und Geldgeber ins Boot. Das neue Stadion, rund 100 Millionen Euro teuer, trägt den Namen des Sponsors: Raiffeisen-Arena. Gruber führt den LASK mit eiserner Hand, die Mitarbeiter-Fluktuation ist hoch, auch unter den „Freunden des LASK“ krachte es immer wieder und es kam zu Abgängen.
Gruber sieht sich in seinem harten Kurs bestärkt, er formte den LASK zu einem interessanten Investitionsobjekt: Banken, Energieversorger, Getränkekonzerne, Baufirmen, das Land Oberösterreich und zig andere Betriebe unterstützen den Klub. Der LASK wurde zu einem florierenden Unternehmen. Traditionsbewusste Fans nennen ihren Herzensverein aber bloß noch „Konzern“.
Klub und Konzern
Versucht man sich einen Überblick über den Fußballverein zu verschaffen, stößt man tatsächlich auf ein Geflecht zahlreicher Gesellschaften. Darunter: die Best Soccer Marketing GmbH. In dieser sind die „Freunde des LASK“, sprich: die Investoren, die Markenrechte am Klub halten, vereint. Etwa der Marketing-Unternehmer Thomas Kern, der einst für Red Bull und BWT tätig war. Er sei einer der Macher hinter den rosaroten Auftritten des LASK, berichten mehrere Insider der WZ.
Traditionsbewussten Fans stößt das sauer auf. Auch, dass einige „Freunde des LASK“ ihren Herzensklub zu sehr als Geschäft sähen und den Verein als Vehikel benützten, so der Vorwurf. Als der LASK vor wenigen Monaten einen neuen Markenauftritt samt frischem Logo plante, erhielt Kerns Frau mit ihrer neu gegründeten Firma NEST den Auftrag. Und der Unternehmer Benedetto Wagner, ebenfalls ein „Freund des LASK“, bot mit seinem Reisebetrieb Aerox kostspielige Fan-Reisen (samt Tickets) zum Spiel gegen Liverpool an. Der Klub bedachte zwar auch Fanklubs mit Karten, der Rest aber ging an den Reiseunternehmer. In den freien Verkauf gelangte kein einziges Ticket. Treue Fans schauten durch die Finger.
Macht und Einfluss
Die Faninitiative „Schwarz-Weiß“ kritisiert solche Dinge. Der Fanklub „Landstrassler“ protestiert im Stadion. Im Verein sieht man das alles ungern. Diesen Fans ginge es um Macht und Einfluss, unken Funktionäre hinter vorgehaltener Hand. Die WZ hat immer wieder mit hochrangigen LASK-Vertreter:innen gesprochen. Öffentlich zitiert wollte niemand werden. Der Tenor lautet: Ein Topklub und eine tolle Arena finanzieren sich eben nicht über Stehplatzkarten. Manche im Klub kritisieren, die Fans würden den LASK wohl lieber in der Landesliga kicken sehen , anstatt Kompromisse einzugehen und die Champions League anzupeilen.
Moderne Bling-Bling-Arena mit Blick auf die VIP-Logen.Fan-Sprecher Christian Waldhör
Fan-Sprecher Waldhör verneint das. Er wünsche sich Erfolg. Andererseits: In der Unterliga seien nur jene Zuschauer:innen gekommen, die mit dem Herzen dabei waren – „das war sicherlich sympathischer“. Nun stehen er und seine Kumpels in einer modernen Bling-Bling-Arena mit Blick auf die VIP-Logen, in denen schicke Menschen ihre Netzwerke pflegen.
Versprechen gebrochen
Die Fanszene fürchtet, dass ihr LASK zu einem zweiten Red Bull Salzburg wird. „Im schlimmsten Fall heißen wir irgendwann BWT LASK“, hielt Fan-Vertreter Waldhör fest. Möglich wäre das sofort. In Österreichs Bundesliga ist Sponsoreneinfluss omnipräsent. Fußballtrikots ähneln Litfaßsäulen. Stutzen, Hosen, Leibchen – überall prangen Werbelogos. Klubs heißen wie Fensterfirmen oder Biermarken, etwa TSV Egger Glas Hartberg oder Puntigamer Sturm Graz.
In einer schriftlichen Antwort erklärte der LASK, dass man „Kompromisse eingehen“ müsse, um „Partnern sowie Sponsoren entsprechende Möglichkeiten zu bieten“. Eines versicherte man aber: Der Klub-Name werde nie und nimmer verkauft.
Fans hegen Zweifel. Immer wieder seien in der Vergangenheit Versprechen gebrochen worden. So wurde ihnen einst versichert, das rosa Ausweichtrikot werde nur in Ausnahmefällen getragen. Dann aber wurde öffentlich, dass ein Deal mit BWT den Klub dazu verpflichtete, dreimal in bedeutenden Europacup-Partien in Rosa aufzulaufen.
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Bestätigt sehen sich die Anhänger:innen in einem aktuellen Fall. 2020 betonte LASK-CEO Gruber, keinem Wettanbieter eine Werbefläche bieten zu wollen. Nun aber wurde mit Nerobet ein türkisches Wettunternehmen als neuer Premium-Partner bis 2026 präsentiert.
Fans haben beim LASK wenig mitzureden. Der LASK ist kein Mitgliederverein wie Rapid, wo Anhänger:innen die Klub-Führung bestimmen – oder per Antrag ein Frauenteam bestellen können. Die Linzer gelten historisch als Klub der Oberschicht, bei dem seit jeher Geschäftsleute entscheiden und Fußball spielen lassen.
Der Trumpf des Anhangs
Doch die aktive Fan-Szene steht nicht ganz mittellos da: Sie hat ein gewaltiges Ass im Ärmel. Wenn die Anhänger:innen nicht singen und hüpfen, ist keine Stimmung im Stadion. Dann bleibt nur eine piekfeine Arena, in der man Sektgläser klirren hört. Dieser Macht ist sich die Fan-Szene bewusst – und legte sich zuletzt quer. Nach den „unbefristeten“ Stadionverboten setzte die Stehplatztribüne einen „unbefristeten“ Stimmungsboykott um. Im Stadion herrschte gespenstische Stille – prompt folgte eine 1:3-Klatsche gegen Außenseiter Hartberg.
Der Fan-Protest verfolgte eine klare Strategie: So wolle man Druck auf regionale LASK-Sponsoren, die ihren Logen-Gästen eine packende Stimmung versprechen und keinen Streit auf offener Bühne verfolgen wollen, ausüben, erzählen Fan-Vertreter der WZ. Das übergeordnete Ziel des Blocks: regelmäßige Gespräche mit dem CEO.
Verschnaufpause
Das Druckmittel trug Früchte. Ende letzter Woche bahnte sich eine Wende im Machtkampf an. Gruber sah in den Hardcore-Fans lang eine Minderheit, die sein Mammutprojekt gefährdet. Nun aber schlossen sich dem Stimmungsboykott 30 Fanklubs an. Und der Stadionsprecher trat aufgrund der Stadionverbote zurück.
Gruber saß also in seiner prächtigen Arena – und keiner sang, jubelte oder hüpfte mehr. Es war bloß still. Vor dem Schlager gegen Erzfeind Rapid Wien vergangenen Sonntag soll es Druck von Sponsoren und dem Land Oberösterreich (welches den LASK-Stadionbau mit 30 Millionen Steuergeld gefördert hat) auf den CEO gegeben haben. „Auf Druck wichtiger Sponsoren hatte sich die Landesspitze LASK-Chef Gruber geholt und diesen zu Gesprächen mit den Fans gedrängt“, schrieben die Oberösterreichischen Nachrichten.
Gegen Spiele in Sponsor-Farben werde weiterhin protestiert.
Also trafen sich Gruber und LASK-Rechtsanwalt Johannes Lehner zu einer Aussprache mit den protestierenden Anhängerinnen. Kurz darauf wurde eine Waffenruhe verkündet. Der LASK nahm die Stadionverbote zurück und sagte der Fanszene regelmäßige „konstruktive“ Gespräche zu. Die Fans wiederum versprachen, künftig keine Spielunterbrechungen mehr zu provozieren. Beim Spiel gegen Rapid war das Stadion mit 17.000 Fans so voll wie selten. Die Anhänger hüpften und sangen. Am Ende gewann der LASK 5:0. Nach Abpfiff stellte sich CEO Gruber vor die Fantribüne, in einem LASK-Trikot, auf das der Name des Fan-Kollektivs „Landstrassler“ gedruckt war.
Ist jetzt alles gut? Nun ja. Der „erste Austausch“ könne nur „ein Startschuss“ sein, heißt es von den Fans. In weiteren Gesprächen wolle man nun „Kompromisse erarbeiten“. Was die Anhänger auch festhielten: Gegen Spiele in Sponsor-Farben werde weiterhin protestiert. Und das unter neuen Voraussetzungen. Die Anhänger:innen haben im Machtspiel gepunktet. Einige hoffen nun, dass der Klub im Rosa-Krieg auch kleinzukriegen ist.
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Infos und Quellen
Genese
Beim Traditionsfußballklub LASK eskalierte ein Machtkampf zwischen Fans und Funktionären. Lang sah es danach aus, als würde der Klub am längeren Hebel sitzen. Doch das hat sich nach den jüngsten Entwicklungen geändert. Autor Gerald Gossmann gibt Einblicke in einen tiefgreifenden Konflikt.
Gesprächspartner:innen
Christian Waldhör, Sprecher der Faninitiative „Schwarz-Weiß“
LASK-Funktionäre, die anonym bleiben wollen
Ex-LASK-Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen
Langjährige Fans aus unterschiedlichen Lagern: Protestbefürworter und Gegner
Daten und Fakten
Der Klub
Der Linzer Athletik-Sport-Klub, kurz LASK, wurde 1899 gegründet und ist einer der ältesten Fußballvereine des Landes. Die Klubfarben sind Schwarz und Weiß. Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte war die Meisterschaft in der Saison 1964/65. Im Jahr 2013 stand der Klub kurz vor der Pleite. Seit der Saison 2017/18 spielt der LASK wieder in der höchsten Spielklasse, der Bundesliga. Der Profispielbetrieb ist in der LASK GmbH ausgelagert.
Die Krisen
Der LASK erlebte viele Tiefen. 1995 wurde der LASK mit einer Schuldenlast von 25 Millionen Schilling zahlungsunfähig. Es folgte ein Zwangsausgleich. 1997 kam es zur umstrittenen Fusion mit dem FC Linz. Wenig später kam es zum „Rieger-Skandal“. Der damalige Klub-Präsident Wolfgang Rieger schlitterte mit seiner Bank in den Konkurs. Der Verein erlebte einen sportlichen Abstieg. In den 2000er-Jahren übernahm eine Investorengruppe um Peter Michael Reichel den Verein. 2012 wurde dem LASK die Lizenz für die österreichische Bundesliga verweigert. 2013 übernahmen die „Freunde des LASK“.
Die Höhen
In den letzten Jahren erlebte der LASK einen sportlichen und wirtschaftlichen Aufschwung. Der Klub hat viele Geldgeber und spielt aktuell erfolgreich in Liga und Europacup.
Die Fans
Der Fanklub „Landstrassler“ definiert sich unter anderem über „die Liebe zu den Farben“ und „das Kämpfen für den Erhalt der eigenen Identität“. Die Faninitiative „Schwarz-Weiß“ beruft sich auf den Paragraph 3 aus den Vereinsstatuten (aus dem Jahr 1919). Darin heißt es: Wenn der LASK kommt, dann kommt er in Schwarz und Weiß. „Diese Charakteristika machen uns stolz und sind Teil der Identifikation aller Fangenerationen, weshalb sie wieder vermehrt in den Mittelpunkt gerückt werden sollen“, heißt es auf deren Webseite. Die Initiative „Schwarz-Weiß“ sieht sich als „unabhängige Bewegung zur Bewahrung und Weitergabe identitätsstiftender Merkmale des LASK. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, andere Fans und Vereinsverantwortliche für die Relevanz und die Einzigartigkeit unserer Geschichte zu sensibilisieren und diese auch als Chance wahrzunehmen, sich von anderen Vereinen im Positiven zu unterscheiden.“
Quellen
Statement des Fanklubs „Landstrassler“