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Nichts leichter als Weihnachtsplanung

5 Min
Zu Weihnachten dreht sich alles um Familie und Freunde − und wie man das alles unter Dach und Fach bringt...
© Illustration: WZ, Bildquelle: Adobe Stock

Wer die weihnachtlichen Familienbesuche rechtzeitig zu planen beginnt, kann gar nicht ins Trudeln geraten. Obacht: Satire. Oder nicht?


Begonnen hat es mit dem Anruf von der Tante Gerti, ob die Monika, der Herbert und ihre beiden Kinder eh am 25. zur Jause kommen.

Nein, richtig begonnen hat es damit, dass der Herbert „ja, sicher“ gesagt hat, und zwar ohne Rücksprache mit der Monika zu halten. Die Monika, so ist es zwischen den beiden ausgemacht, verwaltet die gemeinsamen Termine („weil Berti nun einmal ein Chaot ist und garantiert alles falsch einträgt“). Aber selbst wenn er Rücksprache gehalten hätte: Um die Tante Gerti kommt man nicht herum, keine Feiertage ohne Jause bei Tante Gerti.

Und so ist es weitergegangen: Die Monika hat gesagt: „Kein Problem, nichts leichter als Weihnachtsplanung“, und hat dann mit einem leichten, wirklich sehr leichten, verzweifelten, wirklich sehr leicht verzweifelten Seufzer ihre Eltern angerufen und deponiert, dass sie, der Herbert und die Kinder nicht am 25. zur Jause kommen, sondern („Ist das okay für euch?“) zum Mittagessen.

Dann hat der Vater von der Monika seinen Bruder, den Moritz, angerufen, ob er und seine Frau („Ist das okay für dich?“) nicht am 25., sondern am 26. zum Mittagessen kommen mögen, wohl wissend, dass Moritz und der Herbert spinnefeind miteinander sind seit der Sache mit der Geburtstagsfeier im Kasino… – aber das ist eine andere Geschichte.

„Von mir aus…“

Dann hat der Moritz seine Frau, die Susi, gefragt, ob man am 26. zum Mittagessen zu seinem Bruder gehen kann (Reaktion: „Von mir aus…“). Dann hat die Susi ihre Eltern angerufen, ob („Ist das okay für euch?“) sie und der Moritz nicht, wie ursprünglich geplant, am 26., sondern am 25. zum Mittagessen kommen können.

Die Eltern von der Susi haben daraufhin gemeint, zur Jause am 25. wäre besser, weil sie zum Mittagessen am 25. die Großmutter eingeladen haben, und die Großmutter würde sich schlecht behandelt fühlen, würde man sie quasi verlegen, und alle zusammen ist nicht gut, weil: „Du weißt eh, wie die Mama ist, wenn sie den Moritz sieht, es ist halt immer noch die Sache mit der Geburtstagsfeier im Kasino… Ist das eh okay für dich mit der Jause am 25.?“

Die Sache mit der Jause freilich hatte Konsequenzen.

„Na gut“, hat die Susi gesagt, „dann müssen wir halt schauen, dass wir den Horst verlegen. Soll er halt am 25. zum Abendessen kommen.“

Abendessen oder Jause?

Der Horst ist obendrein ein alter Freund vom Herbert und der Monika und der Taufpate ihrer Kinder, weshalb die beiden ihn und seine neue Freundin am 25. zum Abendessen eingeladen haben. Aber das kann man doch sicher verlegen, die beiden haben doch sicher nichts vor, schließlich ist Weihnachten. Und so hat der Horst die Monika angerufen und gefragt, ob er statt am 25. zum Abendessen am 26. zur Jause kommen könnte. Ja, was soll denn, bitte, die Monika darauf antworten? „Ja, sicher“, hat sie gesagt.

Was sie nicht gewusst hat, weil es ihr der Herbert zu sagen vergessen hat (oder ein wenig Bammel vor ihrer Reaktion gehabt hat), ist, dass der Herbert für das Mittagessen am 26. seine Mutter eingeladen hat, und die kommt extra aus Salzburg und bleibt bis zur Jause. „Ich kann doch der Mutti nicht sagen, bleib in Salzburg, uns ist die Jause mit dem Horst wichtiger.“ „Dann soll der Horst halt am 26. zum Abendessen kommen.“ „Sind wir da nicht im Theater? Ich hab doch die Karo schon zum Babysitten bestellt…“ „Dann kommt der Horst halt zu Silvester.“ „Von mir aus, wenn es für ihn okay ist, dass er auf die Bärbel trifft…“

Bitte, nötigt mich nicht, die Bärbel-Affäre auszubreiten, Geburtstagsfeiern im Kasino haben Nebenwirkungen, das könnt ihr mir glauben…!

Also greift die Monika zum Handy und ruft den Horst an, danach ruft der Horst die Yvonne an, die Yvonne ruft ihre Eltern an, mittlerweile ruft die Monika ihre Eltern an, der Vater von der Monika ruft sodann den Moritz an, und so geht es eine Zeitlang weiter, aber am Schluss ist alles gut geworden.

Endlich alles unter Dach und Fach

Die Sache schaut jetzt so aus: Am 25. kommen der Horst und seine neue Freundin zur Monika, dem Herbert und ihren beiden Kindern zum Mittagessen. Danach gehen die Monika, der Herbert und die beiden Kinder zur Tante Gerti zur Jause, und zum Abendessen sind sie bei den Eltern von der Monika. Am 26. reist Herberts Mutter aus Salzburg zum Mittagessen an und bleibt zur Jause, und am Abend gehen die beiden ins Theater in der Josefstadt zum neuen Stück vom Peter Turrini. Wie es bei den Eltern von der Monika ausschaut und beim Horst, weiß ich nicht, die sind alle noch am Telefonieren.

„Na, wie haben wir das geschafft, alle unterzubringen?“, sagt mit Selbstzufriedenheit und einem ganz leichten Seufzer die Monika zu sich selber. „Nichts leichter als Weihnachtsplanung, wenn man alles mit System macht.“ Jetzt muss sie nur noch dem Peter sagen, wann wer wo auftaucht.

Was sie nicht wissen kann, ist, dass in genau diesem Augenblick (ganz präzise: beim Wort „alle“) die Tante Gerti ihrer Freundin, der Rosi, zugesagt hat, zur Jause zu kommen, und zwar am 25., weil die Rosi gerade den Eltern von der Monika zugesagt hat, sie erst am 26. zur Jause zu besuchen und nicht, wie ursprünglich ausgemacht, am 25. Und jetzt, gerade in diesem Moment, ruft die Tante Gerti den Herbert an, dass er, die Monika und ihre beiden Kinder („ist das eh okay für euch?“) nicht am 25., sondern am 26. zur Jause kommen sollen…


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Infos und Quellen

Genese

Im Ernst: Habt ihr andere Erfahrungen?

Gesprächspartner:innen

  • Gertrude S., Musiklehrerin

  • Monika U., Architektin

  • Herbert U., Dichter und Schriftsteller, Gelegenheitskomponist

  • Moritz L., Buchhändler

  • Horst G., Zahnarzt

  • Christine W., Croupière

Daten und Fakten

  • Weihnachten ist das ursprünglich zweithöchste christliche Fest (das höchste ist Ostern), das sich mittlerweile zum höchsten Fest des Handels (das zweithöchste ist Halloween) gewandelt hat. Traditionell besucht man zu Weihnachten alle Menschen, die man das ganze Jahr über nicht gesehen hat, und verschenkt Krawatten (an Männer) und Parfums (an Frauen).

  • Zu Weihnachten wird auch viel Musik gehört, besonders Weihnachtslieder. Das kann zu Komplikationen führen. Einigen kann man sich in der Regel auf „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Einen Hauch Coca-Cola bringt das amerikanische Weihnachtslied „Jingle Bells“ in die stillste Zeit des Jahres. Vorsicht aus Gründen der Übersättigung ist bei „Last Christmas“ geboten. Aber warum nicht einmal eines der unbekannteren Weihnachtslieder versuchen? Da würden sich „Maria durch ein Dornwald ging“, „Es kommt ein Schiff geladen“ oder „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ eignen. Und was wäre, ganz verwegen, mit dem knorrigen englischen Weihnachtslied „God rest ye merry, Gentlemen“, das sich durch Charles Dickens‘ „Eine Weihnachtsgeschichte“ zieht?

  • Apropos: Naturgemäß gibt es Weihnachtsliteratur und Weihnachtsstücke zuhauf, eben „Eine Weihnachtsgeschichte“ („A Christmas Carol“) von Charles Dickens, der noch ein paar andere Weihnachts-Geistergeschichten geschrieben hat. Der bayerische Schriftsteller Ludwig Thoma (1867-1921) hat die Weihnachtsgeschichte im Dialekt erzählt, und der bayerische Komponist Carl Orff (1895-1982) hat in seinem selbst getexteten „Ludus de nato infante mirificus“ (Spiel von der Geburt des wundersamen Kindes) die Wende von heidnischen zu christlichen Zeiten auf die Bühne gebracht. Der Salzburger Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl hat ein paar Weihnachtserzählungen verfasst. Eine Besonderheit, die gerade in der Gegenwart zu denken gibt, ist die kurze Erzählung „Zuviel Weihnachten“, in der der italienische Schriftsteller Dino Buzzati den Ochsen und den Esel aus der Krippe auftreten lässt.

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