Zum Hauptinhalt springen

Reist du noch oder sparst du schon?

4 Min
Viele verzichten auf eine Urlaubsreise, weil sie ihr Budget sprengen würde.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Adobe Stock

Staycation oder eine Fernreise? Diese Entscheidung fällt diesen Sommer leichter denn je, zumindest wenn der Kostenfaktor eine Rolle spielt.


Reisen wird immer teurer, und das hat Auswirkungen auf unser Verhalten. Beherbergung und Reisen tragen zu einem wesentlichen Teil zur Inflation in Österreich bei. So waren im Mai die Preisanstiege bei Hotels und Reisen mit 7,5 Prozent der größte Treiber der Inflationsrate, die in dem Monat insgesamt 3,5 Prozent betrug, Flugtickets waren sogar um 11,3 Prozent teurer als im April. Wer in einem Hotel in Österreich übernachten will, zahlt dieses Jahr durchschnittlich um 6,6 Prozent mehr als im Sommer 2023, hat das Momentum Institut auf Basis von Daten der Statistik Austria berechnet. Die Unterkunft im Ausland ist sogar um 9,4 Prozent teurer. Pauschalreisen hingegen sind nur um 1,7 Prozent teurer, was das Institut mit höheren Anstiegen im Jahr davor erklärt.

Urlaubsgeld für Lebensmittel

Angesichts dieser Zahlen wundert es nicht, dass viele Menschen ihr zusätzliches Gehalt dieses Jahr nicht in den Urlaub stecken. Nur 51 Prozent der Österreicher:innen wollen diesen Sommer das Urlaubsgeld tatsächlich für Reisen ausgeben, ist das Ergebnis einer Deloitte-Umfrage unter 510 Personen. Die andere Hälfte verwendet das Geld für alltägliche Besorgungen (26 Prozent), größere Anschaffungen (22 Prozent) oder Kreditrückzahlungen (19 Prozent). Als Reisebudget stehen den Befragten durchschnittlich 1.730 Euro zur Verfügung, für Kinder unter 18 Jahren jeweils 780 Euro. 71 Prozent der Urlauber:innen bleiben in Europa, 39 Prozent planen Urlaub in Österreich.

Dabei sind wir eigentlich keine Reisemuffel. 2023 erreichte die Zahl der Urlaubsreisen laut Statistik Austria den höchsten Wert seit der Erhebung: 27 Millionen Urlaubsreisen machten die Österreicher:innen demnach, das sind um 27,4 Prozent mehr als 2019 und knapp acht Prozent mehr als 2022, als die Teuerung langsam zu spüren war. Mehr als die Hälfte der Reisen führte ins Ausland, das beliebteste Ziel war Italien. Urlaub in Österreich ist seit der Pandemie signifikant angestiegen, stagnierte im Vorjahr aber mit 47 Prozent.

Billiger Urlaub in der Türkei

Dass der Urlaub in Österreich stagniert, lässt sich unter anderem mit dem sogenannten „Urlaubseuro“ erklären. In zahlreichen Urlaubsdestinationen bekommt man mehr für einen Euro als hierzulande. Bei dieser Kennzahl wird die Kaufkraft in unterschiedlichen Ländern verglichen. So bringen 100 in Österreich verdiente Euro in der Türkei eine Kaufkraft von 198 Euro, in Kroatien 124 Euro. Selbst in Italien bekommt man neun Euro mehr für 100 Euro. Wer günstig Urlaub machen will, sollte diesen Sommer also in die Türkei, nach Bulgarien oder Rumänien fahren – abgesehen von den Anreisekosten.

Von jenen, die nicht verreisen – etwa ein Viertel der Bevölkerung –, gibt ein Drittel finanzielle Gründe für das Daheimbleiben an; ein weiteres Indiz dafür, dass die Kosten ein wichtiger Faktor bei der Urlaubsplanung sind. Mit Ausnahme der Pandemie hat sich der Anteil der Urlaubsreisenden in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren allerdings kaum verändert – das zeigt, dass wir eher unser Reiseverhalten ändern, als ganz darauf zu verzichten. Laut einer Umfrage der Erste Bank wollen 57 Prozent der Befragten gleich viel für den Urlaub ausgeben wie vergangenes Jahr, 25 Prozent sogar weniger. Wenn das Budget gleich bleibt, aber das Preisniveau höher ist, muss der Urlaub umgestaltet werden.

Die Art des Reisens ändert sich

Workation, also die Verbindung von Arbeit und Urlaub, Van Life, das flexible Reisen mit dem eigenen Kleinbus oder auch das als Glamping bezeichnete Luxus-Camping sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Wie wir in Zukunft reisen, damit beschäftigt sich die Österreich Werbung mit ihrer neuen Plattform „Change Tourism Austria“ . Zu den großen Trends zählen laut der Organisation Individualisierung und Ökologie, also umweltbewusstes Reisen.

Wir wollen nicht unbedingt auf den Urlaub verzichten, wie die erwähnten Studien und Umfragen zeigen. Reisen und sparen schließen sich also nicht unbedingt aus. Von den billigen Urlaubsdestinationen trennen uns aber teure Flugreisen, und immer öfter auch das Umweltbewusstsein. Die Kosten- und Umweltfaktoren werden das Reiseverhalten verändern, aber nicht unser Verlangen nach Erholung.

Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.


Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.


Infos und Quellen

Daten und Fakten:

  • 100 Euro, die in Österreich verdient wurden, haben in der beliebten Urlaubsdestination Kroatien eine Kaufkraft von 124 Euro.

  • Die Zahl der Urlaubsreisen innerhalb der Landesgrenze stagniert aktuell bei zwölf Millionen, mehr als die Hälfte reist ins Ausland.

  • Trotz der hohen Inflation unternahmen 2023 in Österreich lebende Menschen so viele Reisen wie nie zuvor.

  • Österreichreisen sind diesen Sommer laut einer Preisanalyse um 6,6 Prozent teurer als im Vorjahr, Auslandsreisen sogar um 9,4 Prozent.

Quellen:

Das Thema in anderen Medien: