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Trump: Zwischen Reality-TV und realer Macht

6 Min
Trump: Showmaster und Populist, der über die amerikanischen Bildschirme flimmert.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Reuters

Donald Trump hat die politische Landschaft der USA nachhaltig verändert – nicht nur als Präsident, sondern auch als Showmaster und Populist. Sein Erfolgsrezept: Unterhaltung, radikale Sprache und das Bedienen eines tiefen Frusts in der Bevölkerung.


„You're fired!“ Mit markanten Sprüchen wie diesem und selbstbewusstem Auftreten war er zehn Jahre lang Gastgeber der amerikanischen Reality-TV-Show „The Apprentice“. Donald Trump galt als Inbegriff des Erfolgsmenschen. Als einer, der es kann.

Die berühmteste Rolltreppe der Welt

Im Juni 2015 fährt Donald Trump, im dunkelblauen Anzug mit roter Krawatte, winkend eine Rolltreppe hinunter. Eine Szene, die viele belächelten. Er trat auf das Podium im Trump Tower und verkündete die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2016. „People laughed, they thought it was a sick joke“, kommentiert die US-amerikanische Journalistin Stephanie Ruhle im Nachrichtensender MSNBC. Es sollte zu einem ikonischen Moment in der modernen politischen Geschichte der USA werden. Die Szene selbst wird auch von Trump immer wieder in seinen Reden hervorgehoben, er bezeichnet die Rolltreppe dabei als „the most famous escalator in the world“. Wahrscheinlich stimmt das auch; üblicherweise bekommen Rolltreppen nicht besonders viel Aufmerksamkeit.

Schon in dieser ersten Rede offenbarte Trump seinen Populismus. Er erzählte die Geschichte vom kaputten Amerika, von korrupten Eliten, zu denen er nicht gehöre, und er versprach, alles wieder hinzubekommen, denn er wäre schließlich gut darin, Deals zu machen. Diese Erzählung bringt er geschickt mit einem einprägsamen und deshalb genialen Satz auf den Punkt: „Make America great again.“ Der wohl berühmteste Wahlkampfslogan der Welt.

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Das große Comeback

Für viele überraschend, gewann Donald Trump damals gegen die Demokratin Hillary Clinton, ehemalige First Lady und Außenministerin der USA: Seine Anti-Establishment-Rhetorik entpuppte sich dabei als Erfolgsrezept. Trumps Präsidentschaft war geprägt von polarisierenden Gesetzgebungsversuchen, diplomatischen Missgriffen und impulsiven Entscheidungen.

Nachdem er 2020 abgewählt wurde, musste er zwar für vier Jahre eine unfreiwillige Regierungspause einlegen. Im Nachhinein betrachtet, hat ihm diese Zeit aber genützt. Denn während dieser Zeit hat er innerhalb der republikanischen Partei loyale Unterstützer:innen in mächtige Positionen bringen können, es dürfte ihm also parteiintern wenig Widerstand entgegengesetzt werden. Gleichzeitig geht sein zweiter Wahlsieg auch mit einer republikanischen Mehrheit im Kongress einher. In seiner zweiten Präsidentschaft, die er offiziell im Jänner 2025 antreten wird, stehen ihm mehr Möglichkeiten und Macht zur Verfügung. Der Kongress, der Oberste Gerichtshof und nicht zuletzt seine eigene Partei sind nun mehrheitlich auf seiner Seite. Er hat sich eine Riege an ihm nahestehenden Unternehmern, Moderatoren und Tech-Milliardären in Machtpositionen geholt.

Diese zweite Trump-Administration ist von Loyalist:innen geprägt, weiß auch der US-Experte Heinz Gärtner, Professor für Politikwissenschaften. Trump werde zwar nicht zum Diktator werden, aber eine Loyaldemokratie schaffen: „Sie alle werden sich mit Opportunismus nach der Decke strecken“, beschreibt Gärtner die Dynamik gegenüber der WZ.

Die Erkenntnis und der Populismus

Was sich über seine gesamte Karriere zieht, ist, dass Donald Trump es versteht, zu unterhalten. Er macht Politik zur Show. Laut, provozierend, unberechenbar – sein Stil zieht Menschen an, die sich von der traditionellen Politik gelangweilt und vom amerikanischen Traum enttäuscht fühlen. Oftmals suchen Wähler:innen in politischen Debatten nicht nur nach Lösungen, sondern auch nach Drama, Spannung und dem Unerwarteten – und Trump liefert. Er bringt Schwung in Altbekanntes und Verstaubtes. Und wie Rebecca K. Ratner, Barbara E. Kahn und der spätere Nobelpreisträger Daniel Kahneman in ihrer Forschung mit dem Titel „Choosing Less‐Preferred Experiences For the Sake of Variety“ (1999) herausfanden, sind Menschen manchmal sogar dazu bereit, Dinge zu wählen, die sie weniger mögen, nur um mehr Abwechslung zu haben. Hauptsache, es passiert etwas und Veränderung steht vor der Tür.

Diesen Wunsch greift Trump geschickt in seiner Ideologie auf: Die USA seien verkommen, „woke“ und von linksliberalen Eliten durchwandert, die sich nicht mehr für die Ängste und Sorgen der breiten amerikanischen Bevölkerung interessieren. Trump hingegen stellt sich als der Kämpfer für das Gute dar, der sich von Moral und Anstand nicht bremsen lässt. Er habe es trotz aller Widerstände (wie mehreren Strafverfahren, einem Attentat auf ihn und „gestohlenen Wahlen“) an die Macht geschafft, um für eine Wiedergutmachung am amerikanischen Volk zu sorgen. „Diese Trumpsche Ideologie sagt: Ich kümmere mich um die Zurückgebliebenen“, erklärt Gärtner.

Diese Trumpsche Ideologie sagt: Ich kümmere mich um die Zurückgebliebenen.
US-Experte Heinz Gärtner, Professor für Politikwissenschaften

Die Trumpsche Ideologie

Gerade in den USA funktioniert die Ansprache der „Zurückgebliebenen” besonders gut. Was Trump genützt habe, sei die stark ungleichmäßige Einkommensverteilung in den USA. „In den USA existiert schon ein starkes Klassengefühl“, stellt Gärtner fest. Ihn verwundere es deshalb nicht, dass viele Amerikaner:innen mit Wut reagieren und denken: „Die einen können es sich richten und die anderen bleiben hinten.“ Trump hat den Frust in der Bevölkerung erkannt. Bedient hat er diesen, indem er bestätigte, was viele schon lang befürchteten: Der amerikanische Traum ist geplatzt. Dies war von Anfang an Teil seiner Strategie. „Trump hat auf die Basis gesetzt und nicht auf die Mitte. Die Mitte gibt es nicht mehr. Deswegen verwendet er radikale Sprache“, erklärt Gärtner. Auf diese Weise kann er die politische Polarisierung, die ihm und seiner Partei nutzt, noch weiter vorantreiben. Tatsächlich ordnen sich heute laut einer neuen Studie von Statista Consumer Insights 19 Prozent der Amerikaner:innen selbst politisch „ganz rechts“ ein.

Trump ist daher für viele Anhänger:innen nicht nur ein Politiker, sondern zu einer Art Retterfigur geworden. Seine Rhetorik und Inszenierung haben eine Bindung geschaffen, die weniger von politischen Inhalten und mehr von seiner Persönlichkeit getragen wird. Obwohl jede:r Präsidentschaftskandidat:in vor ihm dem amerikanischen Volk versprochen hat, das Land zum Positiven zu verändern, schaffe es Trump besonders gut, „den einzelnen Amerikaner:innen das Gefühl zu gegeben, dass er nun für sie da sein wird”, pflichtet Gärtner bei.

Doch Trump ist für seine Wähler:innen noch viel mehr: Unterhaltung, Protest, Wandel. Ob man ihn liebt oder hasst – Trump hat eine Ära geprägt, die nicht so schnell verschwinden wird. „Es werden Jahrzehnte vergehen, bis das, was manche Trumpismus nennen, wieder verschwindet“, sagt Gärtner. The show will go on.


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Infos und Quellen

Gesprächspartner

Heinz Gärtner, Politikwissenschaftler und US-Experte

Daten und Fakten

  • Am 20. Jänner 2025 wird Donald Trump offiziell sein Amt antreten. Bis dahin arbeitet er mit dem scheidenden Präsidenten Joe Biden zusammen, um einen geordneten Übergang zu gewährleisten. Es wird seine zweite und damit auch letzte Amtszeit sein.

  • Donald Trump hat die Präsidentschaftswahlen in den USA 2024 mit überraschend deutlichem Abstand gewonnen. Er erhielt 312 Stimmen des Electoral College, dem Wahlleutegremium (erforderlich für den Sieg sind 270). Auch die popular vote, also die absolute Zahl der landesweit abgegebenen Stimmen, konnte Trump mit 50,3 Prozent gewinnen. Kamala Harris kam auf 48 Prozent. Die Republikaner erlangten auch die Mehrheit im Senat zurück, indem sie vier Sitze von den Demokraten gewannen. Zudem behielten sie ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 60 Prozent, was einem leichten Rückgang im Vergleich zu den 62 Prozent im Jahr 2020 entspricht.

  • In den Präsidentschaftswahlen 2016 konnte sich Donald Trump gegen Hillary Clinton durchsetzen. Sie lag zwar mit 65,4 Millionen Stimmen um rund 2,6 Millionen Stimmen vor Donald Trump mit 62,8 Millionen Stimmen. Aufgrund des US-Wahlsystems kam sie im Electoral College jedoch nur auf 232 Wahlleute, Trump dagegen auf 306 Stimmen.

Quellen

  • In den USA ist der Anteil der Menschen, die sich im politischen Spektrum ganz links oder ganz rechts außen verorten, besonders hoch. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Statista Consumer Insights. So ordnen sich 11 Prozent der Befragten ganz links und 19 Prozent der Befragten ganz rechts ein.

  • Brockschmid, Annika (2024): Die Brandstifter. Rowohlt Verlag

  • Ratner, Rebecca K.; Kahn, Barbara E.; Kahneman, Daniel (1999): Choosing Less‐Preferred Experiences For the Sake of Variety. In: J Consum Res 26 (1), S. 1–15. DOI: 10.1086/209547.

  • MSNBC: The Last Thing: The famous escalator

  • Youtube: Donald Trump - Biggest Firing Ever!

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