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Warum sinken die Sparzinsen schon wieder?

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Im Juni senkte die Europäische Zentralbank den Leitzins nach zwei Jahren der Erhöhungen erstmals wieder um 0,25 Prozentpunkte.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Adobe Stock

Die Zinswende ist da: Das bekommen wir beim Sparen zu spüren, Kreditzinsen bleiben aber auf hohem Niveau.


Es fühlt sich wie ein verkehrtes Déjà-vu an: Vor einem Jahr stellte ich mir an dieser Stelle die Frage, ob die Zinsen bald wieder sinken – dabei wurden die Kreditzinsen schneller angehoben als die Sparzinsen. Jetzt ist die Zinswende da, und diesmal gehen die Zinsen für Sparprodukte rascher nach unten. Wer einen Kredit mit variablen Zinsen hat, wartet allerdings noch auf Entspannung.

Wie sich die Sparzinsen entwickelt haben

Im Juni war es so weit, die Europäische Zentralbank senkte den Leitzins nach zwei Jahren der Erhöhungen erstmals wieder um 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins ist ein Werkzeug der Zentralbanken, um die Inflation zu steuern. Nachdem sich die Teuerung im Euroraum bereits entspannt hatte, entschied sich die EZB für eine Senkung. Der einzige Notenbankvertreter, der dagegen stimmte, war Robert Holzmann, Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Er hielt die Senkungen des Zinssatzes für zu früh. Im Juli ließ die EZB den Leitzins wieder unverändert, signifikant niedrige Zinsen werden wir also so schnell nicht sehen.

Oder doch? Denn die Auswirkungen der Zinswende zeigen sich schon auf den Sparbüchern. Die OeNB macht den Trend auf ihrer Transparenzplattform für Spareinlagenzinsen nachvollziehbar: So betrug der durchschnittliche Zinssatz für ein täglich fälliges Online-Sparprodukt Ende Mai 1,376 Prozent, Ende Juli nur mehr 1,301 Prozent. Der maximale Zinssatz bei Sparprodukten dieser Art sank von drei Prozent auf 2,75 Prozent. Die Differenz klingt zwar nicht signifikant, verdeutlicht aber: So langsam Banken die Zinsen auf Sparprodukte nach der Leitzinserhöhung angehoben haben, so rasch reduzieren sie diese wieder. Es ist kein österreichisches Phänomen: Das Vergleichsportal Verivox analysierte 765 deutsche Banken und Finanzinstitute, acht Prozent haben demnach nach der Zinswende ihre Tagesgeldzinsen nach unten angepasst. Bei Baufinanzierungen blieb das Niveau unverändert.

Wohnbaufinanzierung steigt leicht

Die OeNB prognostiziert jedoch auch bei Wohnbaufinanzierungen für private Haushalte eine Trendwende. Die Nachfrage erreichte Ende vergangenen Jahres laut der „Bank Lending Survey” ein historisches Tief, im ersten Quartal stieg die Nachfrage nach Wohnbaukrediten leicht, im zweiten Quartal stagnierte sie. Für das dritte Quartal rechnen die befragten Banken mit einer stärkeren Nachfrage. „Hintergrund der sich abzeichnenden Erholung sind Verbesserungen bei der Leistbarkeit von Krediten. Die Realeinkommen der Haushalte steigen deutlich, und die Finanzierungskosten sinken moderat“, erläutert die OeNB in dem aktuellen Bericht. Die Hoffnung auf günstigere Immobilienfinanzierung dämpft das Institut aber: „Eine expansive Kreditentwicklung wie in den Jahren der Niedrigzinsphase bis Mitte 2022 ist aber auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.“ Dass die EZB den Leitzins im Juni nicht veränderte, deutet darauf hin, dass keine radikalen Senkungen zu erwarten sind.

Gespart wird woanders

Auf der Kreditseite könnte es jedoch eine Änderung geben, die Finanzierungen wieder einfacher machen soll – und das Geschäft der Banken vorantreiben. Die „KIM“-Verordnung für nachhaltige Vergabestandards bei Wohnfinanzierungen ist auch zwei Jahre nach der Einführung umstritten. Damit werden die Eigenmittelquote und die Höhe der Rückzahlungsrate geregelt. Die Finanzinstitute fordern eine Lockerung, die Finanzmarktaufsicht (FMA) hält daran fest. Mit der Neubesetzung des FMA-Vorstandes könnte es hier zu einem Richtungswechsel kommen.

Bis dahin bleibt der Traum vom Eigenheim für viele in weiter Ferne – und wer dafür Geld auf die Seite legen möchte, sollte wahrscheinlich andere Anlageformen als das klassische Sparbuch wählen. Denn wenn die Sparzinsen sinken, werden andere Finanzprodukte wieder attraktiver – wenngleich diese auch mehr Risiko bedeuten.

Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.


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Infos und Quellen

Daten und Fakten

  • Die EZB begann im Juni mit der Zinswende, lässt den Leitzins nach einer einmaligen Senkung aber vorerst unverändert.

  • Die Zinsen auf tagesfällige Sparprodukte sind seit Juni leicht gesunken, der maximale Zinssatz fiel von drei auf 2,75 Prozent.

  • Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten soll im dritten Quartal laut einer OeNB-Umfrage wieder leicht steigen, günstige Kredite sind vorerst jedoch nicht zu erwarten.

Quellen

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