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Wenn bei Besuchen rund um die Regierungsbildung in der Hofburg die Tapetentür knarrt, aber auch, wenn es gilt, die Minister:innenbüros zu verteilen, ist die Burghauptmannschaft zur Stelle. Sie ist Verwalterin der historischen Gebäude der Republik.
Reinhold Sahl steht, während die blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen laufen, bereits in den Startlöchern: Es ist die elfte Regierungsbildung, die der Burghauptmann in seiner Rolle begleitet. Und er weiß, dass die Tage nach der Angelobung für seine Behörde stressig werden – immerhin verwaltet die Burghauptmannschaft nicht nur die Hofburg, sondern vom Kanzleramt abwärts auch einen Großteil der Regierungsgebäude der Republik. Das bedeutet: Wenn am Ballhausplatz und in den Ministerien neue Chef:innen mit ihrer Entourage einziehen, muss die Burghauptmannschaft bei der Neuverteilung der Büros unterstützen.
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„Wir sind für das organisatorische Management der Raumplanung zuständig, stellen zum Beispiel die Pläne zur Verfügung, damit in den Ministerien entschieden werden kann, wer wo sitzt, und wir unterstützen oder organisieren die Umzüge“, sagt Sahl. Die durchaus größer ausfallen, weil bei jeder Regierungsbildung nicht nur neue Minister:innen mit ihren Teams einziehen, sondern meist auch Kompetenzen – und damit die jeweiligen Abteilungen – zwischen Ressorts wandern. So hat zum Beispiel das Regierungsgebäude am Stubenring, wo derzeit Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Sozialministerium untergebracht sind, 1.450 Räume. Natürlich bleiben viele Sektionen und Abteilungen an ihren angestammten Plätzen, aber die Zahl gibt dennoch eine gute Vorstellung von der Dimension.
Mit Raumplanung allein ist es meist nicht getan: „Damit die Räume so genutzt werden können, wie sie gebraucht werden, sind manchmal kleinere bauliche Veränderungen, Umbauarbeiten oder leichte Sanierungen notwendig. All das beauftragen wir“, sagt Sahl. Einfach eine Wand bunt streichen oder tapezieren, wie es einem/r Minister:in gefällt, geht nicht – dem widerspricht der Denkmalschutz.
Wenn in der Hofburg der Wasserhahn tropft…
Und wenn einmal eine Heizung nicht funktioniert, ein Fenster klemmt, oder der Wasserhahn tropft – was in historischen Gebäuden häufig vorkommt? Egal, ob in der Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg oder in den historischen Regierungsgebäuden: Gerufen wird nicht der Installateur, sondern die Burghauptmannschaft, die wiederum die entsprechenden Professionist:innen beauftragt. Kleine Ausfälle „sind eigentlich Standard“, sagt Sahl, bei teilweise jahrhundertealten Gebäuden kein Wunder, „aber wir schauen auch darauf, dass große unvorhergesehene Reparaturen durch rechtzeitige Sanierungen verhindert werden.“
Reparaturen und Sanierungen beschränken sich naturgemäß nicht auf die Innenausstattung, auch an den Fassaden muss immer wieder erneuert werden, damit niemandem ein Ziegel auf den Kopf fällt. 2025 stehen planmäßig etwa das Obere Belvedere, der Leopoldinische Trakt der Hofburg oder das Palais Starhemberg, wo die Finanzprokuratur ihren Sitz hat, an. Für jedes Objekt gibt es mehrjährige Sanierungspläne: „Unsere Mitarbeiter:innen sind ständig unterwegs, um zu dokumentieren und zu planen, was an Arbeiten notwendig wird“, sagt Sahl.
Insgesamt 440 historische Objekte auf rund 60 Liegenschaften – der Großteil davon in Wien – verwaltet die Burghauptmannschaft. Neben politisch genutzten Gebäuden gehören dazu auch Museen, der Heldenplatz oder der Maria Theresien Platz, die Bundesgärten – und das in Teilen ebenfalls denkmalgeschützte Bundesbad an der alten Donau als ehemalige k.u.k-Schwimmschule. Als dem Wirtschaftsministerium dienstzugeteilte Behörde bezieht die Burghauptmannschaft ihr Budget von dort, „wenn wir wissen, wie viel Budget wir in einem Jahr haben, erstellen wir eine Prioritätenliste“. 2024 gab es rund 350 Bauprojekte, in die rund 54 Millionen Euro flossen. 2025 erwartet die Burghauptmannschaft angesichts mehrerer Republiksjubiläen viele Veranstaltungen in Gebäuden und auf Plätzen, für die sie die Genehmigungen erteilt.
„Hausmeister der Nation“, stark gefordert auch im Zoo
Sahl wird oft als „Hausmeister der Nation“ bezeichnet, den Begriff findet er nicht so unpassend: „Unsere Tätigkeit hat durchaus Hausmeister-Charakter“, sagt er, „aber es ist noch viel mehr: Wir sind auch Bauherr, Immobilienverwalter und Immobilienmanager.“ So sind etwa regelmäßig Anpassungen hinsichtlich Brandschutz, Barrierefreiheit oder Energieeffizienz notwendig.
Die richtigen Professionist:innen zu finden, die unter Einhaltung des Denkmalschutzes arbeiten können, ist nicht einfach, sagt Sahl. „Manche Berufsbilder verschwinden, das ist aber europaweit so und das hören wir auch aus anderen Ländern mit historischer Substanz.“ Vergolder:innen, Tapezierer:innen oder Plattner:innen – Metallverarbeiter:innen – etwa sind immer schwerer zu finden.
Und was war das schwierigste Projekt in letzter Zeit? Da kommt eine überraschende Antwort: „Das Elefantengehege in Schönbrunn.“ Der denkmalgeschützte Zoo wird ebenfalls von der Burghauptmannschaft betreut und bei der Neugestaltung der Anlage für die Dickhäuter war der Spagat zwischen allen Interessen – von UNESCO bis Tierschutz – durchaus eine Herausforderung, sagt Sahl.
Das politisch größte Projekt in der jüngeren Vergangenheit war die Unterbringung des Parlamentsbetriebs in der Hofburg während der Sanierung des Gebäudes am Ring. Da in der Hofburg nicht ausreichend freie Räume zur Verfügung standen, wurden im hinteren Burghof und am Heldenplatz bekanntlich temporäre Bürocontainer aufgestellt.
In der Serie „Was macht eigentlich ein:e…?“ beschreibt Jasmin Bürger alle zwei Wochen die Schaltstellen der Republik. Alle Texte findet ihr in ihrem Autor:innenporträt.
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Infos und Quellen
Gesprächspartner
Reinhold Sahl, Burghauptmann
Daten und Fakten
Die Geschichte der Burghauptmannschaft reicht viele Jahrhunderte zurück. Schon im 12. Jahrhundert gab es „Burggrafen“ als Verwaltungsposten. Unter Österreichs Kaiser:innen waren die Burggrafen ebenfalls mit den Verwaltungsaufgaben betraut. In ihrer jetzigen Ausgestaltung und mit den heutigen Zuständigkeiten wurde die Burghauptmannschaft im Jahr 2000 neu aufgestellt. Sie ist nachgeordnete Dienststelle des Wirtschaftsministeriums und zuständig für Gebäude und Liegenschaften innerhalb und außerhalb des Landes, die zum kulturellen und historischen Erbe Österreichs gezählt werden. Nicht denkmalgeschützte Gebäude der Republik werden von der Bundesimmobiliengesellschaft verwaltet.
Zu den Objekten der Burghauptmannschaft gehören unter anderem die Hofburg, das Bundeskanzleramt, das Regierungsgebäude am Stubenring (ehemaliges k.u.k. Kriegsministerium), das Vizekanzleramt, das Finanz- sowie das Innenministerium und mehrere weitere Palais in Wien. Auch die Hofburg Innsbruck, das Schloss Ambras, das Schloss Hof sowie das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen gehören zur Burghauptmannschaft.
Neben Gebäuden ist die Burghauptmannschaft auch für historische Plätze verantwortlich. Veranstaltungen etwa am Heldenplatz brauchen nicht nur eine behördenrechtliche Genehmigung, sondern privatrechtlich auch eine der Burghauptmannschaft. Als Platzherr hat die Burghauptmannschaft für heuer etwa den Weihnachtsmarkt am Maria Theresien Platz neu ausgeschrieben.
Insgesamt verwaltet und betreut sie rund 440 Objekte. Die rund 140 Mitarbeiter:innen sind auf 17 Bau- und Verwaltungsabteilungen verteilt, jedes historische Gebäude ist einer Abteilung zugeordnet. Ihre Aufgaben sind im Bundesimmobiliengesetz festgeschrieben.
Quellen
Burghauptmannschaft Österreich: Aufgaben
Burghauptmannschaft Österreich: Geschichte
Das Thema in anderen Medien
Salzburger Nachrichten: Was wir beim Bauen von unseren Vorfahren lernen können
wien.orf.at: Sanierung der Belvedere-Fassade läuft
Standard: Kultur-Comeback im Atelier Augarten unter anderem mit Arik-Brauer-Museum