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Was macht eigentlich der UN-Sicherheitsrat?

6 Min
Dem UN-Sicherheitsrat obliegt die Wahrung des Weltfriedens und der Internationalen Sicherheit.
© Illustration: WZ

Er ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. Sein oberstes Ziel: Die Sicherung des Weltfriedens. Warum Österreich einen temporären Sitz in dem aus 15 Mitgliedern bestehenden Gremium haben will.


    • Der UN-Sicherheitsrat ist das mächtigste Organ der Vereinten Nationen, kann aber durch das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder oft blockiert werden.
    • Trotz Blockaden fasst der UN-Sicherheitsrat rechtlich bindende Beschlüsse und verhängt aktuell 14 Sanktionen, etwa Waffenembargos.
    • Österreich bewirbt sich für einen Sitz 2027/28, um als neutrales Land internationale Politik mitzugestalten und seinen Status zu stärken.
    • 5 ständige Mitglieder: USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien
    • 15 Mitglieder insgesamt, 10 wechseln alle 2 Jahre
    • Jedes ständige Mitglied hat Vetorecht, seit 2010 Anstieg der Vetos
    • Österreich bewirbt sich für Sitz 2027/28, Entscheidung im Juni 2026
    Mehr dazu in den Infos & Quellen

Fünf Staaten gehören dem UN-Sicherheitsrat als ständige Mitglieder an, so legt es die UN-Charta von 1945 fest: Die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Und diese Besetzung ist zugleich Grund dafür, warum das Gremium seine eigentlich gesetzte Aufgabe nur unzureichend erfüllen kann. Zwar heißt es in Artikel 24 der UN-Charta ausdrücklich, dass „die Mitgliedsstaaten die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dem Sicherheitsrat übertragen“ und dieser somit im Namen der 193 UN-Mitglieder agieren kann. Damit hat er formal ein äußerst starkes Instrument in der Hand. Doch jedes der fünf ständigen Mitgliedsländer im UN-Sicherheitsrat hat ein Vetorecht. Weshalb etwa UN-Sanktionen gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine 2022 nicht einmal auf die Agenda kamen. Auch eine von den USA im Februar 2025 eingebrachte Resolution enthält ausdrücklich keine Verurteilung der russischen Aggression gegenüber der Ukraine.

Dennoch ist der UN-Sicherheitsrat mit seinen 15 Mitgliedern – neben den fünf ständigen wechseln zehn alle zwei Jahre – „definitiv das mächtigste der Vereinten Nationen“, wie Politikwissenschafter Martin Senn von der Uni Innsbruck festhält. Denn er kann „für die UN-Mitgliedsstaaten rechtlich bindende“ Beschlüsse fassen und hat eine ganze Palette an Maßnahmen zur Verfügung. „Er kann von Mitgliedsstaaten Informationen verlangen, Berichte in Auftrag geben, Sanktionen androhen, beschließen und zur Umsetzung bringen, bis hin zu militärischer Gewaltanwendung“, erklärt Senn gegenüber der WZ. Als Beispiel nennt er die Militärintervention 1991 gegen den Irak. Aktuell sind 14 Sanktionen des UN-Sicherheitsrats aufrecht, etwa Waffenembargos für Sudan oder Kongo.

Und auch wenn der Angriffskrieg Russlands keine Konsequenzen im Sicherheitsrat nach sich zieht, oder auch Resolutionen zu Israel und Gaza wegen der US-amerikanischen Haltung nicht zustande kommen – untätig ist der Sicherheitsrat keineswegs. Allein mehr als 20 Resolutionen hat er 2025 bis Mitte September verabschiedet, Thema waren heuer unter anderem die Lage im Nahen Osten, Afrika oder Afghanistan. Daneben gibt es aber auch blinde Flecken, wie Oxfam, ein Verbund an NGOs, in einem Bericht festhält.

Der UN-Sicherheitsrat tagt immer

Als permanent tagendes Gremium mit Sitz im UNO-Hauptquartier in New York kommen die Mitglieder des Sicherheitsrats nicht nur zu physischen, formellen Sitzungen zusammen, es gibt auch informelle Zusammenkünfte. Die Zahl der seit seiner Gründung stattgefundenen, protokollierten Sitzungen hat heuer die 10.000er-Marke überschritten. Grundsätzlich sind die Länder im Sicherheitsrat durch ihre ständigen Vertreter:innen bei der UNO repräsentiert und es gilt das Prinzip „Ein Land, eine Stimme“. Alle wesentlichen Beschlüsse erfordern nicht nur eine einfache Mehrheit, sondern die Zustimmung aller fünf ständigen Mitglieder. Nur prozedurale Beschlüsse, wie etwa das Festlegen der Tagesordnungen, können auch ohne das Ja aller fünf ständigen Mitglieder mit neun Stimmen zustande kommen.

Die lähmende Wirkung der Vetomöglichkeit ist einer der Punkte, die Kritiker der UNO-Struktur immer wieder ins Treffen führen. Allerdings steckt dahinter „schon eine Logik“, gibt Senn zu bedenken, „denn durch die Vetomöglichkeit wollte man verhindern, dass es zu einer Eskalation zwischen den Großmächten kommt“. Freilich zeigt die Geschichte auch, dass diese ihr Veto immer wieder auch „im Fall von politischen Differenzen für Blockaden nutzen, die gar nichts mit sie betreffenden Konflikten zu tun haben“, sagt Senn. Mit den Vetos wird also Politik gemacht, wie auch die Entwicklung zeigt: So gibt es seit 2010, nach einer Phase geringer Vetos, wieder einen deutlichen Anstieg, insbesondere seitens Russlands und der USA. Und: „Auch China wird aktiver, zeigt ordnungspolitische Ambitionen, um mehr Gewicht auf der Weltbühne zu bekommen“, so Senn.

Österreich am Sprung auf die Weltbühne

Künftig will auch Österreich im UN-Sicherheitsrat wieder mitreden und bewirbt sich für einen der beiden 2027/28 freiwerdenden Sitze. Entschieden wird darüber in der UN-Generalversammlung Anfang Juni 2026, die Sitze sind auch nach Regionen verteilt. Es wäre das vierte Mal, dass Österreich im Sicherheitsrat vertreten ist. Für die beiden Sitze in besagter Periode haben sich auch Portugal und Deutschland beworben. Österreichs Kampagne bei den anderen Mitgliedsstaaten ist heuer in die heiße Phase gegangen, tatsächlich läuft das Werben um Unterstützung aber schon seit 14 Jahren, wie der Sonderbeauftragte des Projekts im Außenministerium, Jan Kickert, erklärt. Schon kurz nach der letzten Teilnahme hat Österreich 2011 die neuerliche Kandidatur angekündigt. Diese – durchaus nicht unübliche – lange Vorlaufzeit hat einen großen Vorteil, wie Kickert erklärt: So kann eine Vielzahl sogenannter Gegenseitigkeitsvereinbarungen getroffen werden. In diesen legen Länder ihre gegenseitige Unterstützung für Wahlen in verschiedenen UNO-Gremien fest. Österreich führt vor allem seine Bündnisfreiheit und Neutralität ins Treffen und will eine Stimme der Kleinen sein.

Und wie erklärt Kickert Österreicher:innen, was denn unsere Teilnahme bringen kann? „Wir sitzen damit in der weltpolitisch ersten Reihe und können auch als kleines Land mitspielen im Konzert der Großen, viel mehr, als das bilateral möglich wäre. Wir können mitgestalten, zum Beispiel, welche UN-Friedensmissionen stattfinden. Österreich ist dadurch wer, das kann man durchaus auch mit Patriotismus sagen“. Und Österreich könne seine Rolle als „Brückenbauer zwischen den Lagern“ unterstreichen und bekäme die Chance, „den Amtssitz Wien zu stärken“.

All das sind Argumente, warum die Regierung und allen voran Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) die Kandidatur mit großer Ernsthaftigkeit betreibt. So wurde zuletzt auch eine Reihe Sonderemissäre bestellt, die ehrenamtlich für die Kandidatur werben sollen: Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, Ex-EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP), die frühere EU-Vizeparlamentspräsidentin Ulrike Lunacek (Grüne) und Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ).

Der Politikwissenschafter kann Österreichs Streben nach einem Sitz im Sicherheitsrat viel abgewinnen: „Es folgt einer langen Tradition der österreichischen Außenpolitik seit 1955, sich auch international zu engagieren“, sagt Senn. Österreichs Vertreter:in könne im Namen der Republik nicht nur „die Agenda des Sicherheitsrats beeinflussen, sondern auch das diplomatische Netzwerk ausbauen. Außerdem wäre es ein Statusgewinn für einen Kleinstaat wie unseren“. Ob der Sprung in den Sicherheitsrat gelingt, ist aber auch für Kickert trotz bereits erfolgter Zusagen vieler Länder ungewiss: „Wir stehen gut da, das heißt aber nicht, dass es eine g‘mahte Wies‘n ist“.

In der Serie „Was macht eigentlich ein:e…?“ beschreibt Jasmin Bürger alle zwei Wochen die Schaltstellen der Republik. Alle Texte findet ihr in ihrem Autor:innenporträt.


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Infos und Quellen

Gesprächspartner

  • Martin Senn, Politikwissenschafter (Internationale Politik) am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck
  • Jan Kickert, Sonderbeauftragter im Außenministerium für die Kandidatur zum UN-Sicherheitsrat

Daten und Fakten

  • Der UN-Sicherheitsrat ist neben der UN-Generalversammlung das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen.
  • Ihm obliegt die Wahrung des Weltfriedens und der Internationalen Sicherheit, dazu hat er eine Reihe an Instrumenten zur Verfügung.
  • Neben den fünf ständigen Mitgliedern und Vetomächten USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich gehören aktuell auch Algerien, Guyana, Sierra Leone, Slowenien und Südkorea bis Ende 2025 sowie Dänemark, Griechenland, Pakistan, Panama und Somalia bis Ende 2026 dem UN-Sicherheitsrat an.
  • Die Verteilung der nicht-ständigen Sitze ist nach Regionen gestaffelt, die afrikanische Gruppe hat drei Sitze, die Asien-Pazifik-Gruppe, Lateinamerika und die Karibik-Staaten sowie Westeuropa und andere Staaten jeweils zwei, Osteuropa einen Sitz.
  • Es gibt Bemühungen verschiedener Staaten, die Struktur des UN-Sicherheitsrats zu ändern, so fordern etwa Indien und Brasilien einen eigenen ständigen Sitz mit allen damit verbundenen Rechten. Entsprechende Reformbemühungen sind aber bisher gescheitert.
  • Die Zahl der formellen Sitzungen des UN-Sicherheitsrats ist sukzessive gestiegen. Bis in die 1960er Jahre fanden im Schnitt jährlich bis zu 40 Sitzungen statt, in den 90ern waren es dann mehr als hundert. Und als Österreich 2009/10 zuletzt nicht-ständiges Mitglied war, waren es 403 formelle und 212 informelle Sitzungen.

Quellen

Das Thema in anderen Medien

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