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Was macht eigentlich ein:e Klubdirektor:in?

7 Min
Verhandlungen und Vorbereitung von Gesetzesentwürfen zählt zu den Aufgaben von Klubdirektor:innen, wenn ihre Parteien in der Regierung sind.
© Illustration: WZ, Fotocredit: Werner Dieterich / Westend61 / picturedesk.com

Beschimpft, beleidigt, belehrt: Im Parlament ist der Ton oft ein rauer. Die Gesetzgebung passiert im Hintergrund, bei den Klubdirektor:innen. Auch über Parteigrenzen hinweg.


Wer schon einmal eine Nationalratsdebatte verfolgt hat, weiß, dass es da ganz schön rabiat zugehen kann. Wenn FP-Klubobmann Herbert Kickl den Vertreter:innen der Regierungsparteien attestiert, im Umgang mit Corona „deppert“ geblieben zu sein und im Fortlauf der Pandemie nichts gelernt zu haben, dann kassiert er dafür einen Ordnungsruf. So geschehen in der Sitzung am 31. Jänner 2024. Der Grad, welche Beleidigung geahndet wird, ist ein schmaler, der Ton oft ein sehr rauer.

Angesichts dieses Beispiels und ähnlicher anderer kann man schnell das Gefühl bekommen, dass zwischen den zwei Regierungs- und den drei Oppositionsparteien im Parlament rein gar nichts geht. Doch das stimmt so nicht. Das eine ist die Bühne, auf der sich Klubobleute und Mandatar:innen mehr oder weniger wortgewaltig von den politischen Gegnern abzugrenzen versuchen. Das andere ist der „Maschinenraum“ des parlamentarischen Betriebs, in dem abseits der Öffentlichkeit durchaus parteiübergreifend daran gearbeitet wird, dass das Werkl läuft. Hauptverantwortlich dafür sind die Klubdirektor:innen der fünf Parlamentsklubs. Sie sind für den organisatorischen Ablauf rund um Plenarsitzungen, Ausschüsse und all die Formalitäten im Gesetzwerdungsprozess zuständig – und auch dafür, dass die Mandatar:innen ihrer Klubs wissen, wann sie ans Rednerpult dürfen und für wie lange. Während also der/die Klubobmann/obfrau das politische Geschäft erledigt, managen die Klubdirektor:innen den Rahmen dafür. Dazu kooperieren die sie, wie sie auf WZ-Anfrage bestätigen, viel mehr, als die Auftritte der Parlamentarier:innen vermuten lassen.

Mit zweien haben wir ausführlich über ihre Rolle gesprochen. Martin Falb ist die rechte Hand von VP-Klubobmann August Wöginger, Marion Knapp sein Gegenüber bei der SPÖ. Beide sind alte Hasen im Parlament. Falb ist seit 2009 im Amt, Knapp seit 2010. In ihren Anfangstagen arbeiteten sie als rot-schwarzes Koalitions-Duo zusammen. Knapps Rolle hat sich mit dem Abschied der SPÖ aus der Regierung gewandelt. Falb dagegen ist nunmehr mit dem Klubgeschäftsführer-Duo auf grüner Seite, Wolfgang Niklfeld und Isabella Kaupa, neben den rein parlamentarischen Aufgaben in die Regierungsarbeit eingebunden. Die Koalitions-Klubdirektor:innen sind nämlich auch Teil der Koordinierung, jenes Gremiums, das die Beschlüsse des Ministerrats und damit alle Regierungsvorlagen für Gesetze vorbereitet.

Nach jeder Wahl werden Büros und Arbeitsplätze neu verteilt

Österreich ist da ein ziemlicher Sonderfall, sagen Falb wie Knapp, in Deutschland etwa gibt es eine scharfe Trennung zwischen Regierungs- und parlamentarischer Arbeit. Beide sehen in der engen Einbindung einen Vorteil, „der Informationsfluss zwischen Parlament und Regierung ist viel intensiver“, sagt Falb.

Verhandlungen und Vorbereitung von Gesetzesentwürfen machen also einen Teil der Arbeit von Klubdirektor:innen aus, wenn ihre Parteien in der Regierung sind. Die Stunde der Klubdirektor:innen schlägt am lautesten nach einer Nationalratswahl, also heuer im Oktober wieder: Wenn auf Parteiebene noch über Koalitionen verhandelt wird, müssen im Parlament schon Nägel mit Köpfen gemacht werden. Entsprechend der neuen Mehrheitsverhältnisse müssen die Büros und Arbeitsplätze neu an die Klubs verteilt werden, die Sitzordnung im Plenarsaal fixiert und die Details für die Redezeiten in Debatten beschlossen werden. All das machen sich die Klubdirektor:innen, zum Teil gemeinsam mit der Parlamentsdirektion, aus. Sie werden in der Regel in der ersten Klubsitzung ihrer Partei bestellt.

Die Hauptaufgabe ist also, die parlamentarischen Abläufe in Gang zu halten – im eigenen Klub, aber auch darüber hinaus. Dazu muss man wissen: Der Nationalrat hat einen eigenen Rhythmus, zwei Wochen lang tagen Ausschüsse über ihre jeweiligen thematischen Schwerpunkte – dort werden Gesetzesvorlagen vorbereitet. In der dritten Woche findet dann eine Plenartagung statt. Die Vorbereitung der Tagesordnung und wie viele Sitzungstage dafür notwendig sind, fällt in den Aufgabenbereich der Klubdirektor:innen. Sie planen daher, in Abstimmung mit den jeweiligen Bereichssprecher:innen ihrer Fraktion und den zuständigen Klubsekretär:innen, auch das Ausschussprogramm. Vom Finanzausschuss bis zum Wissenschaftsausschuss gibt es ständig zig Verhandlungsgegenstände. Die Klubdirektor:innen haben alle im Blick. Am Tag vor der Nationalratssitzung finden Klubsitzungen statt, in denen sie mit dem/der Klubobmann/obfrau die Mandatar:innen über das geplante Programm informieren und die Haltung der eigenen Fraktion zu den einzelnen Anträgen abstimmen. Aus den Ausschüssen ins Plenum schaffen es nur wenige, denn die Opposition hat zwar zu vielen Regierungsvorlagen Abänderungswünsche oder konträre Vorschläge – doch die werden in den Ausschüssen von den Regierungsparteien meist vertagt. „Dagegen haben wir als Opposition kaum Handhabe und das kann schon frustrierend sein“, sagt Knapp. Sie hat Mitte April die Liste der „unerledigten Verhandlungsgegenstände“ aus allen Ausschüssen zusammengestellt – diese ist mehr als 200 Seiten lang.

Im Hintergrund sind sich Regierung und Opposition schneller einig

Trotz allem fallen die meisten Beschlüsse der Klubdirektor:innen zur Vorbereitung der Nationalratssitzungen sehr konsensual, wie allseits bestätigt wird. Formal wird die Tagesordnung von der Präsidiale des Nationalrats (diese bilden die drei Präsident:innen und die Klubobleute) fixiert, „aber in 98 Prozent der Fälle sind wir uns vorher einig“, sagt Falb. Auch die Frage, wie viele Plenartage jeweils notwendig sind, oder wie die Redezeiten auf die Klubs verteilt werden, ist Sache der Klubdirektor:innen. Während der Sitzung können alle möglichen Fragen auftauchen, etwa zur Geschäftsordnung, und es geht auch um den Einsatz von parlamentarischen Sonderinstrumenten – also etwa, ob ein Klub eine Dringliche Anfrage stellt, eine Kurzdebatte anregt, oder eigenständige Anträge einbringt. All das ist genauestens in der Geschäftsordnung geregelt und nicht einfach so möglich, aber es ist im Sinne der politischen Dramaturgie wichtig und wird gemeinsam mit dem/der Klubobmann/obfrau genau orchestriert. Dabei geht es nicht immer darum, welche Themen medial Niederschlag finden, vor allem bei den Oppositionsparteien, sagt Knapp. „Manchmal bringen wir auch Anträge ein, um gewissen Zielgruppen und Communities zu zeigen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen“.

Fehler sind menschlich
Martin Falb

In der Hektik einer Debatte können schon einmal Fehler passieren. Falb und Niklfeld erinnern sich an Abänderungsanträge der Regierung, bei denen statt der für die Gültigkeit notwendigen fünf Unterschriften von Mandatar:innen nur vier vorhanden waren. Ein peinlicher Patzer passierte während der Budgetdebatte im Coronajahr 2020: Da nahm der damalige Finanzminister Gernot Blümel (VP) eine Forderung der Opposition nach mehr Mitteln für Corona-Maßnahmen an, was per Abänderungsantrag zu beschließen war. Dem fehlte zwar dann keine Unterschrift, aber bei der Summe der staatlichen Ausgaben der Zusatz „in Mio Euro“.

„Fehler sind menschlich“, sagt Falb. Der Fehler wurde, nachdem SP-Abgeordneter Kai Jan Krainer ihn bemerkt hatte, korrigiert. Die Pro- und Contra-Rednerlisten schon einmal vertauscht hat Neos-Klubdirektor Armin Hübner. Teuer zu stehen kam ihn nach eigenen Angaben aber eine andere Begebenheit im Klub: „Bei der vergangenen Team-Weihnachtsfeier bin ich als Gastgeber leider kurzfristig erkrankt, was offenbar bei den Anwesenden zu sehr großem Kummer geführt hat, denn die Rechnung war aberwitzig hoch“. Im Amt ist Hübner dennoch geblieben – und zumindest die Chance, auch nach der Wahl im September weiter in der Klubdirektor:innen-Runde zu bleiben, lebt. Das ist nämlich auch eine Besonderheit: Meist überdauern die Manager im Hintergrund viele wechselnde Klubobleute. Falbs Vorgänger Werner Zögernitz war 20 Jahre im Amt und gilt noch heute als „institutionelles Gedächtnis“ des Parlaments.


In der Serie „Was macht eigentlich ein:e…?“ beschreibt Jasmin Bürger alle zwei Wochen die Schaltstellen der Republik. Alle Texte findet ihr in ihrem Autor:innenporträt.


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Infos und Quellen

Zur Autorin

Jasmin Bürger blickt auf fast zwei Jahrzehnte Erfahrung als Innenpolitik-Redakteurin zurück. Sie kennt die politischen Verhältnisse, Österreichs demokratisches System und die Besonderheiten der heimischen Politik bestens. In der Serie „Was macht eigentlich ein: e…?“ beschreibt sie als freie Journalistin für die WZ alle 14 Tage die Schaltstellen der Republik. Ämter, Funktionen, Personen und auch Dinge, die in und abseits der öffentlichen Wahrnehmung eine Rolle im politischen System spielen, werden darin vorgestellt.

Gesprächspartner:innen

  • Martin Falb, VP-Klubdirektor

  • Marion Knapp, SP-Klubdirektorin

  • Werner Zögernitz, ehemaliger VP-Klubdirektor, Direktor des instituts für Parlamentarismus

  • E-Mail-Anfragen an Armin Hübner, Neos-Klubdirektor, Wolfgang Niklfeld, Grünen-Klubdirektor und FP-Klubdirektor Norbert Nemeth (letztere unbeantwortet)

Daten und Fakten

  • Die Konstituierung der Parlamentsklubs ist in der Geschäftsordnung des Nationalrats geregelt, die Finanzierung im Klubfinanzierungsgesetz. Über die internen organisatorischen Abläufe gibt es aber keine Festlegungen, somit ist auch die Funktion eines/einer Klubdirektor:in oder Klubgeschäftsführer:in formal nicht vorgesehen. Gab es diese in den parlamentarischen Anfangszeiten der Zweiten Republik noch nicht durchgängig, so hat es sich in der Zwischenzeit eingebürgert, dass dem Klubobmann/der Klubobfau, der/die die politischen Geschicke lenkt, ein:e Manager:in, manchmal sogar zwei, im Klub zur Seite steht. Anfangs noch als „Klubsekretäre“ tituliert, setze sich der Begriff des Klubdirektors/der Klubdirektorin oder auch Klubgeschäftsführer:in durch. Klubsekretär:innen nennt man heute die Fachreferenten, die gemeinsam mit dem/der Klubdirektor:in die parlamentarischen Abläufe organisieren.

  • Politisch steht an der Spitze des Klubs der/die Klubobmann/obfrau, der in der Klubsitzung gewählt wird. Unter den Mandatar: innen werden Bereichssprecher:innen bestellt, die von Arbeit für Zivildienst für alle Themen, die gesetzlich behandelt werden, zuständig sind und auch in den entsprechenden Ausschüssen vertreten sind. Die Ausschüsse dienen der Vorberatung von Gesetzesentwürfen.

  • Die Klubs sind nicht Teil der Parlamentsverwaltung, sondern eigene Rechtspersönlichkeiten, die auch eigene Konten führen, eigene Buchhaltung machen und ihr Personal und Budget selbst verwalten.

Ein Balkendiagramm zu den Klubförderungen der einzelnen Parteien.
© Infografik: 23degree

Die aktuellen Klubchefs:

  • ÖVP: Martin Falb, Klubdirektor seit 2009

  • Grüne: Wolfgang Niklfeld, Klubgeschäftsführer für Parlamentarisches, Recht und Finanzen seit 2019, Isabella Kaupa, Klubgeschäftsführerin für Personal und Organisationsentwicklung seit 2020

  • SPÖ: Marion Knapp, Klubdirektorin seit 2010, zuständig v.a.für alle parlamentarischen Abläufe, und Jochen Preiss, Klubdirektor seit 2019

  • FPÖ: Norbert Nemeth, Klubdirektor seit 2006

  • Neos: Armin Hübner, Klubdirektor seit 2023

  • Nicht zu verwechseln sind Klubdirektor:innen und -sekretär:innen mit den persönlichen Referent:innen der Abgeordneten. Diese werden nicht aus den Klubfinanzierungsmitteln bezahlt, sondern von der Parlamentsdirektion über das Parlamentarier-Mitarbeitergesetz. Demnach steht jedem/jeder Mandatar:in eine gewisse Summe zur Verfügung. Die parlamentarischen Mitarbeiter:innen unterstützen die Abgeordneten bei ihrer Arbeit im Parlament und/oder Wahlkreis und stehen in direktem Dienstverhältnis mit dem/der Abgeordneten.

Quellen

Das Thema in der WZ

Das Thema in anderen Medien