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Die Bundesfinanzierungsagentur öffnet den „Bundesschatz“ nun auch für Länder, Gemeinden und andere öffentliche Institutionen.
Diese Woche war bzw. ist ein echtes Highlight für Freunde öffentlicher Finanzen: Am Samstag hat der Budgetdienst des Parlaments seine Analyse zum schwarz-rot-pinken Doppelbudget 25/26 veröffentlicht, am Montag war das Expert:innenhearing zu selbigem im Nationalrat, gleichzeitig hat Finanzminister Markus Marterbauer den Bundesschatz für öffentliche Institutionen geöffnet. Am Mittwoch hat außerdem noch ein Forum zur Zukunft des Pensionssystem stattgefunden und die EU-Kommission hat wie erwartet ein Defizitverfahren gegen die Republik eröffnet. (Und, als Zuckerguss quasi, hab‘ ich auch gerade noch meine Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für 2024 bekommen, was eventuell die Freude, nicht aber meinen Enthusiasmus für das Thema schmälert.)
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Auch, wenn an dieser Stelle die Grundzüge des Budgets schon zu lesen waren, hier noch einmal zum Überblick, nachdem die Abgeordneten der Regierungsparteien das ganze voraussichtlich übernächste Woche beschließen werden. Trotz der Konsolidierungsmaßnahmen der Koalition wird der Bund noch immer deutlich mehr ausgeben als 2024 und ein Defizit von rund 18 Milliarden Euro fahren.
Das liegt nicht zuletzt an den stark steigenden Ausgaben unter dem Posten „Pensionen“, während gleichzeitig im Umwelt- und Klimabereich gespart wird.
Im Budgethearing – die vollen vier Stunden mit von den einzelnen Klubs vorgeschlagenen, aber allgemein sehr anerkannten Expert:innen kannst du hier nachschauen, hier findest du eine Zusammenfassung seitens der Parlamentskorrespondenz – herrscht im Wesentlichen Einigkeit, dass dieses Budget nur ein Anfang sein kann; um Österreichs Finanzen abzusichern, besonders vor dem Hintergrund eines instabilen Umfelds, werde es weiter gehende Reformen in allen Bereichen brauchen. Und zumindest ein wenig Glück bei der internationalen Wirtschaftsentwicklung, damit auch der rot-weiß-rote Wohlstand wieder anzieht.
Öffnung des Bundesschatzes für öffentliche Institutionen
Das ist alles sehr spannend, aber ich möchte deine Aufmerksamkeit auch auf eine Nachricht lenken, die vielleicht ein bisschen untergegangen ist: Die Bundesfinanzierungsagentur, die sich darum kümmert, dass die Republik sich das Geld tatsächlich borgen kann, das sie über ihre Einnahmen hinaus verplant, öffnet den „Bundesschatz“ nun auch für Länder, Gemeinden und andere öffentliche Institutionen.
Der Bundesschatz, das ist die bisher nur privaten offene Möglichkeit, Österreich gegen Zinsen direkt Geld zu borgen – ohne Umweg über eine Bank oder andere Finanzinstitutionen. Das geht recht unkompliziert via ID Austria und bundesschatz.at, und in dem Jahr, in dem das wieder möglich ist, haben rund 110.000 Anleger:innen diese Gelegenheit genutzt, um etwa vier Milliarden Euro so anzulegen, heißt es aus dem Finanzministerium.
Ab sofort können das nicht nur mehr Private, sondern eben auch Bundesländer, Gemeinden, öffentliche Unternehmen und Anstalten wie zum Beispiel die Universitäten. Der Bundesfinanzierungsagentur zufolge haben diese Institutionen derzeit an die 30 Milliarden Euro an liquiden Mitteln bei Banken liegen. Und zumindest auf einen Teil dieses Geldes spitzt jetzt der Bund, dem es sehr recht wäre, wenn er sich bei Österreichs staatlichen Institutionen verschulden dürfte.
Das hängt mit zwei Sachen zusammen. Erstens, aus der Analyse des Budgetdienstes, den Zinsen:
Wir sehen hier, dass wir gerade aus jener Phase, in der es sehr, sehr günstig war, sich Geld zu borgen, wieder in eine mit höheren Zinsen zurückkehren: Hat Österreich 2022 noch unter einem Prozent des BIP für Zinsen ausgegeben, werden neue Schulden seit 2023 wieder teurer – und bis 2029 werden die Zinsausgaben Österreichs bei 2,4 Prozent des BIP liegen. Das macht, nachdem die Republik sich ja weiter verschuldet, einen Riesen-Unterschied. In dieser Situation hilft es, die Schulden zumindest ohne Mittelsmann verwalten zu können, zum Beispiel über den Bundesschatz.
Zweitens schaut die EU-Kommission bei der Beurteilung der Staatshaushalte ja nicht nur auf die Neuverschuldung, die unter drei Prozent liegen soll, sondern auch auf den Schuldenstand – gemessen ebenfalls in Prozent des BIP; diese Schuldenquote sollte unter 80 Prozent bleiben, was sie nicht wird:
Die dicke Blaue Linie oben ist genau diese Maßzahl – sie wird voraussichtlich noch 2029 deutlich über den erlaubten 80 Prozent liegen, bei 86,9.
Und da kommt jetzt die Öffnung des Bundesschatzes für öffentliche Institutionen ins Spiel: Weil für Brüssel die gesamtstaatliche Verschuldung zählt, fallen Schulden innerhalb des Staatsgefüges – zum Beispiel solche, die der Bund bei einem Land macht – dabei nicht ins Gewicht.
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Einfach Politik.
Innenpolitik-Journalist Georg Renner über Österreichs Politiklandschaft.
Würden die anderen staatlichen Institutionen ihre genannten 30 Milliarden Euro von ihren Konten räumen und darum Bundesschätze kaufen – unrealistisch, natürlich werden sie abwägen, wo es ihnen günstiger kommt -, würde die Schuldenquote Österreichs sofort um rund sieben Prozent sinken. Und damit das EU-Kriterium vorerst locker erfüllen.
Wenn dann noch das Sparen genauso locker von der Hand ginge, wäre die Republik schon so gut wie saniert.
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Genese
Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.
Quellen
- Parlament: Budgetanalyse 2025 und 2026
- Parlament: Budgetausschuss – öffentliches Expert:innenhearing zum Budget 2025/26
- Parlament: Budgethearing: Expert:innen sehen weiteren Reformbedarf
- Bundesschatz: Homepage