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"Die Arbeit hoch" am Rathausplatz

Von Katharina Schmidt

Politik

Rund 100.000 Teilnehmer beim SPÖ-Maiaufmarsch. | Seitenhiebe in Richtung ÖVP. | SJ-Protest gegen Studiengebühren. | Wien. Demonstrative Geschlossenheit hat die SPÖ bei ihrer traditionellen Maifeier am Wiener Rathausplatz gezeigt. Laut Veranstalter waren es rund 100.000 Aktivisten und Zuschauer, die sich das Spektakel zum Tag der Arbeit am Donnerstag nicht entgehen ließen. Bezirks- und Betriebsorganisationen, Gewerkschaften und Parlamentarier marschierten bei zunächst noch schönem Wetter über den abgesperrten Ring Richtung Tribüne vor dem Rathaus. Bei Marschmusik und markigen Sprüchen - immer wieder wurde auf parteiinterne Einigkeit und soziale Wärme hingewiesen - wurden die Abordnungen von Kanzler Alfred Gusenbauer, Bürgermeister Michael Häupl und ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer begrüßt.


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Letzterer ging in seiner Rede auf die Krise der Gewerkschaft ein und lobte die Genossen, die sich "niemals unterkriegen" ließen. Seitenhiebe setzte es in Richtung Koalitionspartner: In sieben Jahren schwarz-blau-oranger Regierungszeit sei eine "Gier- und Ellbogengesellschaft" entstanden, so Hundstorfer. "Unser Herz schlägt auf dem rechten Fleck, und der ist auf der linken Seite", erklärte er nicht ohne Pathos - und wurde dafür mit freundlichem Applaus bedacht.

Richtig in Fahrt kam man freilich erst bei Häupl, der nicht mit Kritik an der ÖVP sparte. Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky nannte er "autistisch", die Politik von Bildungssprecher Fritz Neugebauer gehöre ins 19. Jahrhundert.

Doch ein wenig zurückhaltender war der Jubel, als der Kanzler selbst das Wort ergriff. Aktivisten der Sozialistischen Jugend (SJ) ließen, just als Gusenbauer das Rednerpult betrat, ein Plakat an roten Ballons in die Luft steigen, auf dem sie gegen die Studiengebühren protestierten. "Eineinhalb Jahre Regierung. Eure Posten - unsere Schande", war auf einem anderen Banner zu lesen. Der Kanzler ließ sich nicht beirren und lobte die soziale Handschrift seiner Partei in der Koalition. "Soziale Gerechtigkeit heißt nicht, bitten zu müssen, sondern Rechte zu haben", erklärte er. Anlässlich des Mottos "90 Jahre Republik Österreich" betonte Gusenbauer, dass die SPÖ immer bereit gewesen sei, die Demokratie zu verteidigen.

Lautstark wurde zum Schluss der Veranstaltung die Hymne der Sozialdemokratie, das "Lied der Arbeit", angestimmt. Die SJ-Delegation bevorzugte hingegen eine kämpferische Haltung und ließ die "Internationale" erklingen.

Während sie dafür von Funktionären gerügt wurden - dies schade nur der eigenen Partei - zeigte man im Publikum Verständnis. "Die Kritik ist zu 50 Prozent berechtigt", meinte etwa eine ältere Dame. Zwar sei die soziale Komponente wichtig, allerdings müsse man in einer Koalition "nun einmal Kompromisse eingehen", sagt sie. Ähnlich ein junger Mann: Der 1. Mai sei ja auch dazu da, dass die Arbeitnehmer den Politikern ihre Probleme mitteilen könnten, meint der junge Türke. Sein Kollege lebt seit 20 Jahren in Österreich und ist ebenso lang Mitglied der SPÖ. Dass so viele Menschen vor das Rathaus gekommen sind, sieht er als Beweis dafür, dass "die Wiener hinter Gusenbauer stehen". "Sehr zufrieden mit dem Kanzler" zeigt sich auch eine Bezirksrätin aus dem 22. Bezirk. "Die Leute sollen nicht immer motschkern", meint sie - Fehler seien ja menschlich.

Nach dem offiziellen Teil lud die SPÖ zum "Mercato Rosso" auf die Löwelstraße, wo Verpflegung, Unterhaltung für die Kinder und Fan-Artikel angeboten wurden. Etwa das Buch "Die Wege entstehen im Gehen" von Gusenbauer persönlich - den Weg zur Signierstunde fanden ob des kurz zuvor niedergegangenen Regenschauers jedoch nicht mehr allzu viele.