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Wenn es um Fußball geht, meldet sich Hinz und Kunz zu Wort. Das wird manchmal nervig.
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Dass Gott, die Welt und alles, was dazwischen liegt, ihre Kommentare zur WM abgeben, ist jetzt eh nichts Neues und nicht einmal übertrieben. Tierische Orakel werden zu Helden stilisiert oder verdammt; Medien zerren diverse Experten vor die Kameras, Mikrophone und Schreibblöcke, irgendwie will die spielfreie Zeit ja überbrückt werden; Prominente aus anderen Branchen füttern das Internet mit Beiträgen, die die Welt nicht braucht, dank derer wir jetzt aber immerhin wissen, dass Lilly Becker nur bei einem Sieg der Niederländer Lust auf Sex verspürt und Sängerin Rihanna genauso wie Arnold Schwarzenegger stolz auf das US-Team ist. Und die doch eher profane Welt des Fußballs macht nicht einmal vor Papst Franziskus Halt, der zwar zu Beginn erklärt hat, neutral zu sein und allen Teams alles Gute zu wünschen, aber jetzt halt doch durch und durch Argentinier ist, wie zahlreiche Anekdoten aus dem Vatikan bezeugen. Alle Äußerungen, die A-, B-, C- Und-so-weiter-Prominente zur WM tätigen, muss man freilich nicht auf die Waagschale legen, schließlich ist der Anlass für viele ein willkommener, auch wieder einmal in den Medien vorzukommen.
Ski-Ass Felix Neureuther hätte das gar nicht nötig, insofern überrascht die Heftigkeit seiner Ansagen in der bayrischen Zeitung "Münchner Merkur" doch etwas. Dort hatte er den deutschen Nationalspieler Mesut Özil vor dem Halbfinale gegen Brasilien in einer Schärfe kritisiert, die nicht nur unangebracht, sondern auch kontraproduktiv fürs Mannschaftsklima seiner Landsleute sein könnte - sofern diese in Brasilien den "Münchner Merkur" lesen. Es tauge ihm, wenn Spieler richtig beißen könnten, sagte er zunächst noch recht allgemein und gar nicht so sehr auf Luis Suárez bezogen. Nicht taugen würde ihm aber, wenn "jemand nicht beißt, wie Mesut Özil", erklärte er und legte gleich nach: Als Mitspieler würde es ihn nerven, wenn sich jemand nicht den Hintern aufreiße, wenn jemand etwa "vorne den Ball verliert und nicht Vollgas zurücksprintet", so etwas würde ihn gar "fuchsteufelswild" machen. "Bei Özil habe ich das schon öfter beobachtet." Berechtigte, sachliche Kritik sieht anders aus. Dabei hat Neureuther gar nicht einmal unrecht, dass man Özil schon besser in Form und spielfreudiger gesehen hat als bei dieser WM. Als Spitzensportler sollte er aber am besten wissen, dass es eben Höhen und Tiefen gibt und schon der kleinste Störfaktor ausreichen kann, damit eines ins andere umschlägt. Bei den Skifahrern heißt’s dann eben, der Sport sei kein Wunschkonzert; bei den Fußballern gelten aber offenbar andere Maßstäbe - und jeder weiß es besser.
Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass Niki Lauda, Meister mehr oder weniger profunder Expertisen zu eh allem, sich bisher nur recht zurückhaltend zur WM geäußert hat. Doch der hat im Moment als Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes-Formel-1-Teams mit dem Zickenkrieg zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg offenbar genug zu tun. Nach dem Sieg Hamiltons in Silverstone trennen die beiden nur vier Punkte in der WM, zudem stichelt der Brite jetzt noch gegen seinen Kollegen. Lauda soll darob sehr besorgt sein. Auch wenn’s nur die Formel 1 ist: Ja, es gibt ein Leben neben dem Fußball. Vielleicht sollten sich das manche andere A-, B-, Und-so-weiter-Prominente auch in die Stammbücher, Pardon, Twitter-Timelines schreiben.