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Kanzler verspricht, sich für die Landwirtschaft "laut" einzusetzen.
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Wien. Österreich, zumindest seine Agrarier und an ihrer Spitze Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Im Zuge der laufenden EU-Budgetverhandlungen für die Jahre 2014 bis 2020 soll die Position der Alpenrepublik als einer der größten Vorteilsnehmer der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) so weit wie möglich verteidigt werden. Von essenzieller Bedeutung ist dabei die zweite Säule der GAP (die erste besteht aus Direktzahlungen an die Bauern), aus deren Mitteln die Ländliche Entwicklung finanziert wird. Davon profitiert Österreich dank seiner nachhaltig organisierten Landwirtschaft überproportional.
Dass es zu Kürzungen kommen wird, hat allerdings auch Berlakovich grundsätzlich akzeptiert, wie bei einem Hintergrundgespräch am Montagabend deutlich wurde. Die Frage ist: Wie groß wird das Minus am Ende tatsächlich sein? Der Vorschlag der zypriotischen Präsidentschaft, der beim EU-Gipfel am 22. Und 23. November die Verhandlungsgrundlage für die Staats- und Regierungschefs bilden wird, sieht jedenfalls eine Reduktion der Mittel für den Agrarbereich von rund 12 Prozent im Vergleich zur aktuellen Finanzperiode 2007 bis 2013 vor.
Laut Ministerium würde die GAP nach derzeitigem Stand rund 49 Milliarden Euro im Vergleich zur laufenden Finanzperiode verlieren, für Österreich würde dies ein Minus von rund 1,56 Milliarden bedeuten, wobei der Löwenanteil mit 966 Millionen auf die 2. Säule entfällt. Im schlimmsten Fall könnten in Österreich 70.000 Betriebe in ihrer Existenz gefährdet werden, warnte Berlakovich.
Am Dienstag trafen sich die Bauernvertreter mit Finanzminister Maria Fekter und Bundeskanzler Werner Faymann, um eine gemeinsame österreichische Position zu vereinbaren. Der Kanzler versicherte, Österreich werde sich für den landwirtschaftlichen Sektor "laut" einsetzen. Konsens ist laut Berlakovich, dass Österreich maximal ein Minus von 10 Prozent akzeptieren würde, was auch dem Vorschlag der EU-Kommission entspricht.
Der Arbeiterkammer ist der Löwenanteil der GAP angesichts des verschwindend geringen Anteils der Bauern an der Gesamtbevölkerung am gemeinsamen EU-Budget - 2011 rund 42 Prozent oder 58,6 Milliarden - ein Dorn im Auge. Die Arbeitnehmervertreter fordern, die Mittel der zweiten Säule auch für nicht-landwirtschaftliche Projekte zu öffnen.

Hoffnungen auf einen Verhandlungserfolg in Brüssel macht Berlakovich, dass auch Deutschland und Frankreich wie Österreich maximal ein Minus von 10 Prozent der Mittel für die EU-Agrarpolitik akzeptieren wollen. Andererseits pocht eine einflussreiche Gruppe der Nettozahler um Deutschland, zu der auch Österreich gehört, auf eine Reduktion des EU-Budgets um 50 Milliarden Euro. Das hieße, die Mittel für Kohäsion und Wettbewerbsfähigkeit, die derzeit rund 45 Prozent des EU-Budgets ausmachen, radikal zu kürzen. Unwahrscheinlich, dass dies von den betroffenen Staaten akzeptiert wird. Und dann gibt es auch noch das EU-Parlament, das das EU-Budget um 5 Prozent ausdehnen will - wogegen sich aber alle Nettozahler zur Wehr setzen.
Es werden also ganz zweifellos "sehr sehr komplizierte Verhandlungen", wie Berlakovich formulierte. Schließlich drohen die Briten vorsorglich schon einmal mit einem Veto, sollten ihre Wünsche nicht berücksichtigt werden. Für Österreich kommt hinzu, dass Faymann nicht nur für die Bauern kämpfen muss, sondern auch noch den Rabatt von 300 Millionen Euro zu verteidigen hat, den sich das Land einst herausverhandelt hat.
Sollte der EU-Gipfel zu keiner Einigung kommen, wird am 18. Dezember weiterverhandelt.