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OECD senkt Wachstumsprognosen

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

USA erleben heuer schwächstes Wachstum seit 2002. | EU hat Höhepunkt des Wachstums überschritten. | Wien/Paris. Erstmals sagt ein großes Wirtschaftsforschungsinstitut nun explizit, dass die Krise auf dem Markt für US-Hypothekardarlehen die Weltwirtschaft heuer bremsen wird.


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Die OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), deren nächste Prognose erst im Herbst ansteht, hat in einem Zwischenbericht von Chefökonom Jean-Phillippe Cotis die Wachstumsaussichten für einige große Industrieländer nach unten revidiert. Im Mai, zum Zeitpunkt der letzten Prognose, sei zwar bereits absehbar gewesen, dass die US-Immobilienkrise ein Risiko darstellen würde, sagt Cotis. Erst jetzt habe man sich aber ein genaueres Bild über deren Auswirkungen auf die reale Wirtschaft machen können.

US-Rezession nicht ausgeschlossen

Für eine endgültige Einschätzung der Auswirkungen sei es noch zu früh, so der OECD-Chefökonom. Deswegen sei es durchaus möglich, dass die Wachstumserwartungen nach der jetzigen Revision im weiteren Jahresverlauf noch einmal nach unten korrigiert werden müssen.

Für die USA geht die OECD davon aus, dass sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr deutlich verschlechtern wird. Selbst eine Rezession könne er "nicht ausschließen", sagt Cotis. Die Organisation geht davon aus, dass die amerikanische Wirtschaft im Gesamtjahr statt um 2,1 Prozent nur um 1,9 Prozent wachsen wird. Das wäre das schwächste Wachstum seit 2002.

Besser schätzt die OECD die Lage in Europa ein. Zwar habe sich im zweiten Quartal die Konjunktur in der Eurozone merkbar abgekühlt, die Stimmung unter den Arbeitnehmern und Unternehmern sei aber nach wie vor gut.

Deshalb erwartet die OECD, dass die Abkühlung nur kurzfristig war und die Wachstumsraten in der zweiten Jahreshälfte wieder zulegen werden. Auf eines weist Cotis allerdings hin: Der Wachstumshöhepunkt in Europa ist überschritten.

Während die OECD die Wachstumsrate der Eurozone insgesamt nur leicht nach unten revidiert (von 2,7 auf 2,6 Prozent), gibt es für die drei größten Volkswirtschaften - Deutschland, Frankreich und Italien - größere Veränderungen.

Deutschland beispielsweise wird demgemäß heuer nicht mehr kräftig, sondern bestenfalls leicht überdurchschnittlich wachsen - um 2,6 statt 2,9 Prozent. Besonders stark wird die Prognose für Frankreich nach unten revidiert: von 2,2 auf 1,8 Prozent. Die schwache Konjunktur in Frankreich hatte sich bereits in den letzten Quartalen abgezeichnet.

Auch die italienische Wirtschaft wird laut OECD heuer nur um 1,8 Prozent wachsen. Noch im Mai war die Organisation von 2 Prozent ausgegangen.

Für die österreichische Wirtschaft, die sich zuletzt völlig unbeeindruckt von den internationalen Turbulenzen gezeigt hat und nach wie vor sehr stark wächst (3,8 Prozent Wachstum im zweiten Quartal), weist der OECD-Zwischenbericht keinen eigenen Wert aus.

Cotis hält fest, dass die jetzige Krise "ernste Mängel" im US-Immobilienmarkt und in den internationalen Kreditmärkten offengelegt habe. Er fordert bessere Regulative, eine strengere Aufsicht für den US-Hypothekenbereich und eine realistischere Risiko-Einschätzung bei der Verbriefung von Darlehen.