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Österreichs Abschied vom OSZE-Vorsitz: Ein Resümee

Von Michael Schmölzer

Politik

Mit dem 1. Jänner 2001 erlischt der österreichische Vorsitz in der OSZE und Rumänien wird dieses Amt übernehmen. Das unermüdliche Engagement der österreichischen Außennministerin und OSZE-"chairwoman" Benita Ferrero Waldner wurde allerdings nur teilweise mit Erfolgen belohnt. Vor allem am Balkan konnten gewichtige Fortschritte im Friedensprozess erzielt werden. Bei den Schwerpunktregionen im Kaukasus und Zentralasien ist man jedoch kaum weitergekommen.


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Der österreichische OSZE-Vorsitz stand in den Anfangsmonaten unter keinem sehr guten Stern. Der Regierungswechsel und die darauf folgenden EU-Sanktionen verursachten einigen "Gegenwind", wie Außenministerin Benita Ferrero-Waldner jüngst in einem Interview mit der "Presse" zugeben musste. Von der EU-Diplomatie monatelang geschnitten, zeigte die Außenministerin dafür in OSZE-Angelegenheiten einiges an Rührigkeit: Bereits Mitte Februar des Jahres reiste sie in den Kosovo, um die Kommunalwahlen von Ende Oktober zu koordinien. Selbst eine Reise in das ferne Taschkent scheute die umtriebigen Ministerin nicht. Dort fand im Oktober unter ihrer Patronanz eine Zentralasienkonferenz zu den Problemfeldern Rauschgiftschmuggel, organisierte Kriminalität und Waffenhandel statt.

Fortschritte im Kosovo und in Bosnien-Herzegovina

Die Erfolgsbilanz des Österreichischen Vorsitzes kurz gefasst: Trotz technischer Schwierigkeiten und eines Boykotts der serbischen Bevölkerung konnten die Wahlen im Kosovo und in Bosnien Herzegovina planmäßig stattfinden. Entgegen den Befürchtungen der OSZE fuhren im Kosovo die gemäßigten Kräfte um Albaber-Führer Ibrahim Rugova sogar einen Sieg ein.

Erfolge auch bei der Organisation der Wahlen in Bosnien-Herzegovina. Dem friedensstiftenden Vertrag von Dayton folgend, wurden die Wahlen im April zuerst auf regionaler Ebene, und dann im Oktober überregional abgehalten. Das Ziel einer umfassenden Vertrauensbildung unter den drei Bevölkerungsgruppen: Moslems, Serben und Kroaten erlitt allerdings vor allem auf serbischer und kroatischer Seite einen Rückschlag, da hier die Nationalisten die Oberhand behielten. Dann das Glanzlicht des europäischen Friedensprozesses: Nach der demokratischen Wende in Jugoslawien unter Vojislav Kostunica wurde der Balkanstaat am 10. November 2000 wieder in die OSZE aufgenommen, nachdem die Mitgliedschaft 1992 suspendiert worden war.

Wenig Erfolg war der OSZE in den Krisengebieten Kaukasus, Zentralasien und Moldawien beschieden, ebenfalls Schwerpunktregionen des österreichischen Vorsitzes. Der nördliche Kaukasus wurde - damals noch von Außenminister Wolfgang Schüssel - schon deshalb einbezogen, weil kurz vor dem Amtsantritt Österreichs die bewaffneten Konflikte in Tschetschienen einem neuen Höhepunkt zusteuerten. Im April besuchte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner die zerrüttete russische Reilrepublik. Kernpunkte ihrer Forderungen betrafen die Rückkehr einer OSZE-Assistenzgruppe, was allerdings von den Russen bis heute abgelehnt wird. In Georgien beriet sie im Mai des Jahres über eine Erweiterung der OSZE-Beobachterkommission an der Grenze zu Tschetschenien und über die gespannte Lage in Südossetien. Im Juli bemühte sie sich nach allen Kräften, den "gefrorenen Konflikt" um die mehrheitlich von Russsen und Ukrainern bewohnte, von Moldawien abtrünnige Dnjestr-Republik "aufzutauen". Hier geht es vor allem um Befürchtungen der slawischen Minderheit, Moldawien könnte einen Anschluss an Rumänien anstreben. Auch in dieser Frage konnte kein wesentlicher Fortschritt erzielt werden. Stellt sich jetzt die Frage ob Österreichs Nachfolgerland an der Spitze der OSZE, Rumänien, das ja indirekt in den Transnistrien-Konflikt involviert ist, erfolgreichere Vostöße unternehmen wird können. Der Friedensprozess in Nagorny-Karabach kam wegen der unnachgiebigen Haltung Aserbaidschans ebenfalls nicht so recht voran.

"Entscheidungen nicht übers Knie brechen"

Auf Druck der russischen Delegation blieb Österreich gegen Ende seiner Präsidentschaft der Erfolg eines politisch bedeutsamen Schlußdokuments verwehrt. Benita Ferrero-Waldner war es nicht gelungen, hier einen Konsens zu erlangen. Die gemeinsame Erklärung scheiterte vor allem an den umstrittenen Themen Tschetschenien, Georgien und Moldawien. In dem geplanten Dokument war nämlich die Vorgangsweise Russlands im Nordkaukasus-Konflikt kritisiert worden. So konnte lediglich die "Wiener Erklärung zu Südosteuropa" im Konsens verabschiedet werden. Statt der geplanten Schlusserklärung musste Ferrero-Waldner ein eigenes, zusammenfassendes Statement abgeben. Sie hätte sich zwar um eine gemeinsame Erklärung bemüht, "aber die OSZE kann keine Entscheidungen übers Knie brechen", musste die Außenministerin eingestehen.

Von der bereits am Anfang des Jahres geplanten Verabschiedung verschiedener OSZE Dokumente konnte nur eines auch tatsächlich realisiert werden: Jenes über die Kontrolle von Klein- und Leichtwaffen. Das geplante Übereinkommen zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten war letztlich doch noch gescheitert. Als magere Entschädigung wurde Einigung darüber erzielt, dass der internationale Menschenhandel nur durch konzertierte Aktion bekämpft werden kann.