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"ÖVP-Chef muss Autorität zeigen"

Von Brigitte Pechar

Politik

Plasser: "Obmanndebatten in der ÖVP sind besonders hart und hinterhältig."


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Wien. Personalfragen seien bei dem Treffen der ÖVP-Führung am Donnerstag Abend kein Thema gewesen. "Ich habe keine personellen Änderungen vor und hatte sie auch nie vor", betonte Parteiobmann Vizekanzler Michael Spindelegger nach der Sitzung. Und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll legte am Freitag nach: Gerüchte, wonach er sich einen Wechsel von ÖVP-Chef Michael Spindelegger vom Außen- ins Finanzressort gewünscht hätte, seien eine "glatte Lüge". Auch er wies Berichte über Personalspekulationen zurück.

Dass es sehr wohl Pläne gegeben habe, dass Spindelegger vom Außen- in das Finanzministerium wechselt, bestätigte aber Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. "Es hat da eine Überlegung gegeben, von der wurde nichts gehalten. Sie war auch gar nicht spruchreif", sagte er am Freitag zum ORF-Oberösterreich. Und auf die Frage, ob Spindelegger der richtige Spitzenkandidat für die Nationalratswahl ist, sagte Leitl: "Ja, warum denn nicht. Er bemüht sich sehr."

"So geht man mit einem Parteiobmann nur um, wenn man ihn schon abgeschrieben hat." So interpretiert der Politikwissenschafter Fritz Plasser solche Aussagen. Er spricht gegenüber der "Wiener Zeitung" von einer "weiteren Desavouierung eines bereits desavouierten Parteiobmanns".

Ob Spindelegger weiterhin ÖVP-Chef bleiben kann, hängt nach Ansicht des Politologen davon ab, wie er reagiert. Wenn er solche öffentlichen Aussagen aus der Partei einfach hinnehme, werde er zu Weihnachten nicht mehr an der ÖVP-Spitze stehen. Daher müsse Spindelegger das Steuer wieder in die Hand nehmen. "Er muss demonstrieren, dass er sich nicht alles bieten lässt."

Dazu brauche es eine Parteikonferenz, in der Spindelegger öffentlich klarstelle, wer der Herr ist. Die übrige Partei müsse "quasi in einem Canossa-Gang" demonstrativ Abbitte leisten und Loyalität bekunden. Damit wäre aber noch nicht alles gewonnen. Dieser öffentlichen Klarstellung der Machtverhältnisse sollte der Parteiobmann eine personelle Erneuerung folgen lassen. "Denn ein Parteiobmann hat strategische Verantwortung, das heißt auch Personalentscheidungskompetenz. Und diese muss er wahrnehmen. Gestützt auf die Loyalitätsversprechen, die er vorher eingeholt hat", sagt Plasser.

Der Politikwissenschafter fühlt sich an den Stil der ÖVP in den 80er und 90er Jahren erinnert. Auch damals habe man geglaubt, mit dem Austausch der Spitze strukturelle Defizite ausgleichen zu können. Und diese Obmanndebatten würden keineswegs freundschaftlich, wohlwollend geführt - besonders nicht in der ÖVP. "Sie sind hart, besonders aggressiv, verletzend, bösartig, hinterhältig und langwierig", kritisierte Plasser.

Der Universitätsprofessor ist sicher, dass dem ÖVP-Obmann nicht viel Zeit bleibt: "Spindelegger muss in den nächsten Wochen Autorität wiedergewinnen oder er überantwortet sich seinem Schicksal." Bis nach der Volksbefragung zum Bundesheer bleibe der ÖVP auf keinen Fall Zeit.