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Wurde zu spät Insolvenz beantragt, könnten Geschäftsführer dafür haften.
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Wien. Die Dayli-Pleite könnte ein juristisches Nachspiel an zwei verschiedenen Schauplätzen haben. Erstens prüfen fünf Masseverwalter neben dem Sanierungskonzept auch, ob die Manager strafbare Handlungen begangen haben. "Die Causa wirft einige Fragezeichen auf", heißt es aus Anwaltskreisen. Der Verband Creditreform hat laut Geschäftsführer Gerhard Weinhofer bereits ein Sachverständigengutachten angeregt zur Frage, ob die Insolvenz zu spät beantragt wurde. War dies der Fall, könnten die Geschäftsführer persönlich für den Schaden durch den verspäteten Insolvenzantrag haften.
Eine "Insolvenzverschleppung" wird bei einer Pleite routinemäßig geprüft. Im Fall der Drogerie, die am Donnerstag erst auf Druck des Kreditschutzverbandes (KSV) 1870 selbst Insolvenz beantragte, wird aber "besonders genau hingeschaut", heißt es. Jeder Geschäftsführer muss spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenz beantragen. Wann eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist allerdings im Gesetz nicht festgelegt und daher "eine heikle Frage", so Weinhofer. Wenn Rechnungen nicht bezahlt werden, sei das ein Indiz. Allerdings suchte Dayli-Geschäftsführer Rudolf Haberleitner am 3. Mai bei 700 Lieferanten um einen Zahlungsaufschub von zwei Monaten an, der vom Großteil angenommen wurde. Zudem sprach Haberleitner immer wieder von Verhandlungen mit möglichen Investoren.
Masseverwalter: Ohne Investor "sehe ich schwarz"
Am zweiten Schauplatz - der "Geldkoffer-Affäre" - wird rund um das Treffen mit angeblichen Investoren in Italien ermittelt, bei dem Haberleitner um eine Million Euro "erleichtert" worden sein soll. Im Zentrum steht eine Person aus Oberösterreich, die Haberleitner "auf die Möglichkeit einer Investitionen der Italiener aufmerksam gemacht hat", sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels. Haberleitner wurde als Zeuge befragt. Gegen die Täter wird in Italien ermittelt.
Während die Ermittlungen noch länger dauern könnten, wird bis Ende nächster Woche über die Zukunft der Schlecker-Nachfolgegesellschaft entschieden. Die Masseverwalter verschaffen sich derzeit einen Überblick über die Buchhaltung und fixieren, ob und mit wie vielen Filialen Dayli vorläufig fortgeführt werden kann.
KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner rechnet damit, dass ein Drittel der derzeit 783 Dayli-Filialen in Österreich geschlossen wird: "Ich glaube nicht, dass das Unternehmen komplett liquidiert werden muss. Ich bin überzeugt, dass ein Teil des Unternehmens fortbestehen kann."
Doch auch nach dem Okay der Masseverwalter bräuchte die angeschlagene Drogeriemarktkette dringend einen Investor: "Sonst sehe ich schwarz", sagt Masseverwalter Rudolf Mitterlehner. Den kolportierten Finanzbedarf von 30 Millionen Euro kommentierte der Linzer Rechtsanwalt nicht. Der geplante Filialumbau und die Warennachbeschaffung sind auf jeden Fall kostspielig - zumal die Regale aufgrund eines Lieferstopps fast leer sind.
Ramponiertes Image macht Neustart schwierig
Das benötigte Geld soll von privaten Geldgebern kommen, sagte Haberleitner. Einen Investor auftreiben soll nun der ehemalige Palmers- und Vögele-Manager Martin Zieger, an den der 68-Jährige unmittelbar vor dem Insolvenzantrag seine Dayli-Anteile verkauft hat. "Vielleicht ist die Investorensuche jetzt einfacher als vor der Insolvenz, weil nun an die Gläubiger nur eine Quote von 25 Prozent zu zahlen ist", sagt Mitterlehner. Kreditschützer Weinhofer hält die von Dayli angebotene Quote für "sehr ambitioniert", ein schlüssiges Sanierungskonzept kann er aber nicht erkennen.
Fraglich bleibt, wie die Drogeriemarktkette mit dem ramponierten Image wieder Kunden in ihre Geschäfte locken und den Umsatz steigern kann. Zwar sollen laut Sanierungsplan ertragsschwache Filialen geschlossen werden. Haberleitner hält aber am ursprünglichen Expansionsplan und dem Nahversorger-Konzept fest: Bis 2016 soll es 1300 Standorte in Österreich geben, bekräftigte er am Donnerstagabend. Zum Vergleich: Mitbewerber Bipa hat 600 Filialen, "dm" 380.
Betriebsratsvorsitzende wurde abgesetzt
Weiterhin um ihren Job zittern müssen die rund 3000 - überwiegend weiblichen - Beschäftigten in Österreich. Für die zu erwartenden Kündigungen werden in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien Arbeitsstiftungen eingerichtet, hieß es am Freitag.
Der Dayli-Betriebsrat hat der bisherigen Vorsitzenden das Vertrauen entzogen, weil diese laut Gewerkschaft in der für die Beschäftigten schwierigen Situation keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft und mit der Arbeiterkammer gezeigt hat. Zur neuen Vorsitzenden wurde Gertrud Pronegg gewählt. Der vom Unternehmen angebotene Sozialplan für die im Juni gekündigten 336 Mitarbeiterinnen wurde abgelehnt. Nun wird ein neuer Sozialplan ausgearbeitet.
Ebenfalls ungewiss ist die Zukunft der 288 italienischen Filialen mit 1500 Mitarbeitern, die in Kurzarbeit sind. Am Montag treffen Belegschaftsvertreter in Bologna auf Dayli-Italien-Chef Giancarlo Sachs. "Unsere Hoffnung ist, dass die Gesellschaft in Italien unter Aufsicht eines Verwalters gestellt wird, der einen neuen Käufer für die Dayli-Filialen sucht und sich um die Rettung der 1500 Jobs bemüht", so Gewerkschafterin Sabina Bigatti. Dayli wird den italienischen Mitarbeitern nur 75 Prozent des Juni-Gehalts zahlen. Wie das Unternehmen mitteilte, fällt die für Juli geplante Zahlung des 14. Monatsgehalts aus.