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Ringen um neue Arbeitskräfte

Von Sylvie Maier

Wirtschaft

Dänen können sich den Arbeitsplatz aussuchen. | Schweden und Polen kommen in Scharen. | Kopenhagen. "Wir stehen mit anderen EU-Ländern in einem beinharten Wettbewerb um Arbeitskräfte", stellte der Direktor des Dänischen Industrieverbands, Hans Skov Christensen, fest. Das Land sei längst nicht so attraktiv für Ausländer, wie man meinen könnte. Neben hohen Steuern und der Sprache schrecke viele Osteuropäer der ihrer Meinung nach bürokratische Arbeitsmarkt ab, weshalb sie lieber gleich nach Großbritannien oder Irland auswandern. Deutsche wiederum hätten Angst vor der dänischen "Flexicurity", die ihnen nicht genug Sicherheit biete.


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Zahl der Schweden hat sich vervierfacht

So sind es vor allem Schweden, die sich von der sehr niedrigen Arbeitslosigkeit von 4,2 Prozent ins Nachbarland locken lassen. Laut Danmarks Statistik gibt es zurzeit ganze 117.100 freie Vollzeitstellen im Land. In den ersten zehn Monaten hat sich die Anzahl der schwedischen Staatsbürger, die in Dänemark arbeiten und Steuern zahlen, mehr als verdoppelt.

Allein in September und Oktober fanden 1000 Schweden Arbeit, schreibt Fokus Øresund. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der in Kopenhagen arbeitenden Schweden um 446 Prozent gestiegen. Dänische Unternehmen haben in Malmö und Helsingborg kräftig die Werbetrommel gerührt, heißt es.

In Summe wurden im dritten Quartal so viele Arbeitsgenehmigungen wie noch nie ausgestellt. Knapp die Hälfte davon ging an Polen. Längst fehlen nicht mehr nur Ingenieure, Ärzte oder Krankenschwestern, praktisch in jeder Branche gibt es Engstellen.

Briefträger und Fahrer dringend gesucht

Während die dänische Post neben 40 Schweden nun auch ein Dutzend Deutsche als Briefträger einschulen will, setzen jütländische Speditionen auf Frauen: Gemeinsam mit der lokalen staatlichen Arbeitsvermittlung wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das Arbeitslose zu Lkw-Chauffeurinnen ausbilden soll.

Eine große Chance, den Sprung auf den Arbeitsmarkt zu schaffen, birgt die faktische Vollbeschäftigung für Langzeitarbeitslose und Einwanderer.

Auch könnten geschlechterbedingte Lohnunterschiede sinken, meinen Experten. 30.000 neue Jobs hätten geschaffen werden können, sagt der dänische Industrieverband, wären da nur Menschen gewesen, die sie antreten hätten können. Ganz von ungefähr ist die derzeitige Situation ja nicht entstanden: Seit vielen Jahren weisen dänische Fachleute auf den sich anbahnenden Arbeitskräftemangel hin und raten zu einer Lockerung des Arbeitsmarkts, der zu den abgeschottetsten in der Europäischen Union zählt.