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Abgabensystem derzeit "unfair, chaotisch und ungerecht". | Wien. Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstuts (Wifo), Karl Aiginger, sieht jetzt die Stunde des Sparens gekommen. Er plädiert angesichts des steigenden Wirtschaftswachstums für einen harten Kurs bei der Budgetkonsolidierung. Ginge es nach seinem Willen, könnte man dabei auch gleich mit einigen Paradoxien des Steuersystems aufräumen. | Das Regime des Rotstifts
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In der ORF-"Pressestunde" am Sonntag sprach er sich für eine primär ausgabenseitige Konsolidierung aus. Man müsse Kostentreiber in den Griff bekommen, dazu gehöre das Pensionssystem insgesamt. Er forderte eine Erhöhung unter der Inflationsrate, insbesondere bei den höheren Pensionen.
Die größte Gefahr sei, dass angesichts steigender Steuereinnahmen "wieder der Bruder Leichtsinn zu uns kommt". Zwei Prozent Wachstum seien gut, eine bessere Situation zum Konsolidieren werde "Schwester Zukunft" in den nächsten zehn Jahren nicht offerieren. Gespart werden könne vor allem in der Verwaltung sowie in Randbereichen des Pensions- und Sozialsystems, wo es sich einzelne besser gerichtet hätten. Aiginger ortet hier kurzfristig zwei bis drei Milliarden Euro Einsparungspotenzial, langfristig sechs bis zehn Mrd.
Bei den Pensionen wünscht sich der Wifo-Chef für einige Jahre eine Erhöhung unter der Inflationsrate. Die sollte bereits für 2011 gelten, sparen sollte man vor allem bei den höheren Pensionen ab 2.000 Euro. "Man kann großzügiger sein, wenn man die Hacklerregelung früher abschafft", merkte er an, denn diese sei eindeutig ein Privileg. Alle Bundesländern müssten sich an die Bundesregelung für die öffentlich Bediensteten anpassen, und die Invaliditätspensionen sollten durch Umschulungen für beeinträchtigte Arbeitnehmer zurückgedrängt werden.
Das derzeitige österreichische Abgabensystem bezeichnete Aiginger als "unfair, chaotisch und ungerecht", insgesamt sollte die Abgabenquote nicht weiter steigen. Ungerecht seien etwa die derzeitigen Einheitswerte für Grundstücke, aber auch, dass für Sparbuchgewinne Steuern fällig würden, für Aktiengewinne aber nur im ersten Jahr.
Der Wifo-Chef plädierte für Ökosteuern, etwa plus 10 Cent auf Treibstoffe, dafür sollten Pendler mit niedrigem Einkommen mehr zurückbekommen und am besten noch eine Fahrkarte dazu. Bei der 13. Familienbeihilfe kann er sich eine Umwandlung in einen Fixbetrag vorstellen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag für Kinderlose sei ersatzlos zu streichen, ebenso die Begünstigung der fünften bis zehnten Überstunde. Nur beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld will Aiginger nichts ändern. Ablehnend äußerte sich Aiginger zum SPÖ-Vorschlag, Vermögen über 1 Mio. Euro zu besteuern. Vermögenswerte würden wohl versteckt werden, es reiche, Grundstücke und Aktienbesitz zu erfassen, "dann können wir uns das andere sparen".
Im Zusammenhang mit dem notwendigen Budget-Ausgabenkürzungen wiederholte der Wifo-Chef seine langjährige Forderung nach einer Einstellung der Bauarbeiten zum Koralmtunnel ("schwarzblauer Gedächtnisstollen"). Auch hier sei "ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende", sagte er. Man könne das Projekt "nicht nur deswegen fertigbauen, weil schon 1 Mrd. Euro ausgegeben wurden".
Die Einwanderung von Arbeitskräften ist für den Wifo-Chef wirtschaftlich grundsätzlich notwendig. "Weniger weniger Qualifizierte und mehr höher Qualifizierte (Zuwanderer, Anm.) wären allerdings gut gewesen", meinte er. Die sogenannte "Rot-weiß-rot-Card", die dem Vernehmen nach am Montag vorgestellt wird und mit der die qualifizierte Einwanderung gefördert werden soll, sei zu begrüßen und "hätte schon früher kommen sollen", sagte Aiginger.