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Ein Moosnest, ein selbstgefärbtes buntes Ei, eine Packung Jolly-Buntstifte. Vor 30 Jahren ist man als "Osterhase" mit einem Budget von 100 Schilling für frohe Kindergesichter locker ausgekommen. Das ist vorbei. Heute geben Österreicher durchschnittlich 65 Euro für Ostergeschenke aus. Das ist, ohne kleinlich-nostalgisch herumzurechnen, sehr viel mehr als 100 Schilling. Das Geld wird zu 60 Prozent für Süßigkeiten ausgegeben. Zum Beispiel Schokohasen. Ein solcher hat zuletzt für Aufregung gesorgt. Die deutsche Politikerin Erika Steinbach fand auf einem Kassazettel einen "Traditionshasen" und war empört, dass der wohl nicht mehr Osterhase heißen dürfe. Internetnutzer beschwerten sich daraufhin in unterschiedlichen Höflichkeitsgraden über ausufernde politische Korrektheit und die fortschreitende Verdrängung westlicher Kultur.
Zumindest die christliche westliche Kultur kann damit nicht gemeint sein, ist doch der Hase nicht aus dem Evangelium gehoppelt, sondern ein von den Kelten stammendes Frühlingssymbol, und auch da im Normalfall nicht aus Schokolade. Keiner wunderte sich auch, dass der beanstandete Lindt-Traditionshase doch ohnehin Goldhase heißt. So wie seit langem der lila Hase Schmunzelhase heißt und es auch Naschlangohren gibt, die auf den kuriosen Namen "Ulkhasen" hören. So ist das, wenn man Käufer, die mit mindestens 65 Euro wedeln, anlocken will: Man muss sich unterscheidbar machen. Die Kultur, die Steinbach und Co. so vehement verteidigen, heißt also: Konsum.