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Studie: Frühe HIV-Diagnose senkt Kosten

Von WZ Online

Wissen

Dass viele HIV-Infektionen erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt werden, verursacht enorme Kosten und verschlechtert die Möglichkeiten der Behandlung. Das geht aus einer österreichischen Studie hervor, die bei der Konferenz AIDS 2010 wurde.


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In Österreich leben um die 10.000 Menschen mit HIV. Bei einem Viertel der Betroffenen wird die Diagnose der Infektion mit dem Immunschwäche-Virus erst gestellt, wenn ihr Abwehrsystem gegen Krankheiten schwer geschädigt ist oder bereits Begleiterkrankungen vorliegen, die den vollen Ausbruch von Aids bedeuten.

Das Autorenteam (Katharina Pfistershammer und Armin Rieger von der MedUni Wien, Gesundheitsökonom Thomas Schröck von der Donau-Universität Krems und Michael Schlag von der Österreich-Niederlassung des US-Pharmakonzerns Gilead Sciences) in einer Zusammenfassung: "Eine späte 'Präsentation' einer HIV-Infektion ist verbunden mit einer signifikanten Belastung des Gesundheitssystems, vor allem in der ersten Phase der Behandlung."

Der Hintergrund: Das Mortalitäts- und Krankheitsrisiko in Folge einer HIV-Infektion steigt mit der Dauer der unbehandelten Infektion und der damit einhergehenden Verstärkung des Immundefekts. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung einer HIV-Infektion reduziert signifikant das Risiko, Aids zu entwickeln. Alle internationalen Behandlungsrichtlinien empfehlen daher einen Therapiebeginn bei Patienten mit Symptomen einer Immunschwäche sowie bei asymptomatischen Patienten mit weniger als 350 CD4-positiven Zellen pro Kubikmillimeter Blut. Das bedeutet, dass man damit eine weitere Schwächung des Immunsystems und den Ausbruch von Aids verhindern sollte.

Allerdings kommen in Österreich noch immer 25 Prozent der später neu diagnostizierten Personen bereits mit Aids und/oder einem weit fortgeschrittenem Immundefekt (weniger als 200 CD4-positive Zellen pro Kubikmillimeter Blut) zum Test. "Normal" wären etwa 700 bis 1.200 solcher Zellen pro Kubikmillimeter Blut.

Die Autoren der Studie, die mit einer Beobachtungszeit zwischen Anfang Juli 2006 und Ende Februar 2009 an der Klinischen Abteilung für Immundermatologie an der MedUni Wien ablief, bildeten - so Erstautorin Katharina Pfistershammer - zwei Patientengruppen. In jener mit einer späten Diagnose waren 24 Personen, die bereits an Aids erkrankt und/oder weniger als 200 CD4-positive Zellen pro Kubikmillimeter Blut aufwiesen. Die andere Gruppe bestand aus 27 Personen, die ohne Symptome und/oder mit einem noch deutlich weniger geschädigten Immunsystem (mehr als 350 CD4-Zellen) in die Ambulanz zur Untersuchung auf HIV kamen.

Gesundheitsökonom Schröck zu den Ergebnissen: "Wir haben dann die Grenzkosten für die Gesellschaft berechnet. Dies erfolgte mit den anonymisierten Daten über die Kosten für Medikamente, Diagnoseaufwendungen, Ambulanzbesuche, stationäre Aufnahmen etc. Die mittleren Kosten für spät zur HIV-Diagnose kommende Patienten, die während des Beobachtungszeitraums auftraten, waren fast fünfmal höher als für die Kontrollpersonen (mit früher Diagnose, Anm.). Es waren 21.166 Euro zu 4.329 Euro." Die Differenz ergebe sich vor allem aus den vermehrten Ambulanzbesuchen, stationären Aufenthalten, diagnostischen Leistungen, antiretrovirale Therapien sowie bei den Kosten für Nicht-HIV-Arzneimittel.

Laut Katharina Pfistershammer sind die Menschen, die spät zum HIV-Test gehen, "oft Heterosexuelle, eher vom Land, aus Kleinstädten - und älter."

"Ein Weg wäre, den Zugang zu den HIV-Tests barrierefrei zu gestalten", erklärte der Wiener Aids-Experte Armin Riegervon der Universitäts-Hautklinik zu möglichen Gegenstrategien. Österreich sei zwar "Weltmeister" bei der Zahl der HIV-Tests, meinen die Autoren. Doch das seien jene Tests, die bei den stationär aufgenommenen Spitalspatienten erfolgten. Und das sind überwiegend alte Menschen mit einem minimalen Risiko. Es werde also praktisch die falsche Population breit getestet.