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Wie stark gehören Naturschätze geschützt? Die EU-Kommission fordert die Tiroler heraus.
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Innsbruck. Von den tausenden Berggipfeln Tirols ist der Piz Val Gronda ohne Zweifel ein besonderer. Dafür braucht es keine alpinistischen oder geologischen Erklärungen, denn der Piz Val Gronda ist ein politischer Berg. An der 2812 Meter hohen Erhebung wird seit Jahrzehnten der Konflikt zwischen Naturschutz und wirtschaftlicher Nutzung unberührter Landschaften ausgefochten. Ob sich die Differenzen um Naturschutzgebiete auch im Ergebnis der Tiroler Landtagswahl am 25. Februar widerspiegeln, wird sich zeigen.
Und dieser Konflikt ist in einem Land wie Tirol mit ausgewiesenen Naturschönheiten und gleichzeitiger intensiver touristischer Nutzung besonders heftig. Am Piz Val Gronda haben fürs Erste die wirtschaftlichen Interessen gewonnen, die Naturschützer haben aber noch nicht aufgegeben. Der Sieg der wirtschaftlichen Seite manifestiert sich darin, dass aus dem Skigebiet Ischgl seit gut vier Jahren eine neue Seilbahn auf den Gipfel des Berges fährt. Seither gibt es nicht nur eine zusätzliche Abfahrt.
Einigermaßen offensiv werden mittels YouTube-Video auch die Möglichkeiten zum Fahren im freien Gelände beworben. Die Skirouten führen laut Tiroler Umweltanwaltschaft über für die Ostalpen einzigartige Geologie und Vegetation. Diese Vorkommen sind der Grund, warum sich Naturschützer seit Jahrzehnten gegen die Ausweitung des Skigebiets gewehrt haben. Auch die Tiroler Grünen haben sich für den Schutz des Piz Val Grondas starkgemacht.
EU-Kritik: zu wenige Naturschutzgebiete
Im Vorfeld der Landtagswahl 2013, die die Grünen in die Tiroler Landesregierung brachte, gab es eine hochrangige aktionistische Wanderung auf den Berg.
Als die Landesregierung angelobt wurde, war die Seilbahn allerdings schon im Bau. Trotz der geschaffenen Fakten ist das letzte Wort in Sachen Naturschutz noch nicht gesprochen. Denn auch die EU spricht in der Causa ein Wort mit. Wegen fehlender Natura-2000-Naturschutzgebiete läuft ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Österreich. Eines der fehlenden Schutzgebiete liegt am Piz Val Gronda.
Dabei wollte die zuständige grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe das Schutzgebiet bereits ausweisen. Sie musste sich dem Veto der Grundeigentümer beugen. Auch die Gemeinde und der Tourismusverband Ischgl sind gegen ein Schutzgebiet. Sie haben inzwischen prominente Unterstützer. Im November verkündeten die Landeshauptleute, überhaupt keine Natura-2000-Gebiete mehr nachnominieren zu wollen. "Jetzt ist es genug, wir haben ausreichend ausgewiesen", sagt Landeshauptmann Günther Platter.
In anderen Regionen waren die Grünen erfolgreicher. So wurde in Osttirol der Gletscherfluss Isel und weitere Regionen als Natura-2000-Gebiete nominiert. Eine Tatsache, die Felipe durchaus als Erfolg ihrer Regierungszeit betrachtet. "Es war ein Meilenstein, hier ein Umdenken einzuleiten", sagt die grüne Spitzenkandidatin.
FPÖ will wegen Isel-Schutzvor VfGH ziehen
Für die Grünen sind die Erfolge ein zentrales Thema. Schließlich stellen sie im Wahlkampf das Umweltthema in den Mittelpunkt. Doch auch andere Parteien versuchen, das Thema für sich zu nutzen.
So präsentierte die FPÖ im Jänner ein Gutachten, das zum Schluss kommt, dass die Ausweisung der Schutzgebiete rechtswidrig erfolgte. Die Parteispitze rät Betroffenen zum Gang vor den Verfassungsgerichtshof. "Die Ausweisung an der Isel muss repariert werden", sagt FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger. "Es braucht eine vernünftige Abwägung der Interessen. Das Iseltal ist unter die Käseglocke gestellt worden, da ist die Interessenabwägung nicht gescheit gemacht worden", erklärt er.
Auch von der SPÖ kommt deutliche Kritik an den Natura-2000-Gebieten in Osttirol. "Die Vorgangsweise und Umsetzung war dilettantisch. Wir haben es früher geschafft einen Nationalpark gemeinsam mit den Gemeinden zu verordnen. Bei Natura 2000 ist über die Gemeinden drübergefahren worden. Da ist nicht nach sachlichen und fachlichen Kriterien, sondern politisch ausgewiesen worden", sagt SPÖ-Spitzenkandidatin Elisabeth Blanik. Für sie ist das Thema Natura 2000 in Osttirol von besonderer Bedeutung. Blanik ist Lienzer Bürgermeisterin und auch SPÖ-Spitzenkandidatin im Bezirk Osttirol. Sie will das Natura-2000-Paket noch einmal aufschnüren. "Man soll sich die gesamte Ausweisung noch einmal anschauen. In Osttirol ist das Thema noch nicht gegessen. Beim Piz Val Gronda ist dagegen rein aus politischen Gründen nicht ausgewiesen worden. Wir sind absolut gegen politische Ausweisungen", meint Blanik.
Felipe sieht noch Chancenfür Piz Val Gronda
Die Grünen geben sich mit der Haltung von Landeshauptmann Platter, keine weiteren Gebiete ausweisen zu wollen, nicht zufrieden. "Ich habe eine andere Sichtweise auf diese Notwendigkeit und betrachte Natura 2000 als Auszeichnung und als wünschenswertes Prädikat", sagt Felipe. Auch will sie mit der EU-Kommission weitere Gespräche führen. "Ich bin generell ein Fan davon, dass man im Dialog bleibt und bin auch in diesem Fall
zum Dialog bereit", meint Felipe. Auch für das Gebiet am Piz Val Gronda sieht sie durch neue Verhandlungen neue Chancen. "Ich glaube, dass die EU-Kommission deutlich wird, wo sie eine Schutzwürdigkeit sieht. Mit klaren Ansagen kann man mit den Grundeigentümern auch besser verhandeln", erklärt die Tiroler Grünen-Chefin.
Die SPÖ ist ebenfalls nicht prinzipiell gegen neue Natura-2000-Gebiete, möchte aber das gesamte Paket noch einmal verhandeln. "Wir stehen klar für den Natur- und Artenschutz. Wenn, dann aber bitte wirklich in enger Abstimmung mit den Gemeinden und Bürgern vor Ort. Es darf nicht welche geben, die in den Hinterzimmern stärker argumentieren und außen vor gelassen werden, andere werden dagegen zwangsbeglückt", erklärt Blanik.
Die FPÖ ist dagegen grundsätzliche gegen weitere Ausweisungen für Natura-2000-Gebiete. "Prinzipiell ist es Sache der Tiroler, was geschützt gehört. Wir wissen das ganz genau. Dafür brauche ich nicht einen abgehobenen Apparat in Brüssel", meint Parteichef Abwerzger.
Fest steht somit schon vor der Wahl: Egal, wie das Ergebnis aussieht, auch die kommende Tiroler Landesregierung wird sich mit dem Spannungsfeld zwischen Naturschutz und wirtschaftlichen Interessen befassen müssen.

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