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Wäre die Weltwirtschaft ein Einzelunternehmen, müsste sie bald Konkurs anmelden - vielleicht wäre sie nach diesem Prozess sogar um einiges gesünder als jetzt. | Keine Liquidität, kein fester Halt, keine Zuflucht, kein Ausweg - so fühlt sich die Weltwirtschaft diese Woche an. Das ist tatsächlich der Kern des Problems: Die Menschen in der Finanzwelt spüren, dass sie auf Treibsand stehen. Sie misstrauen einander, darum horten sie ihr Geld, in der Hoffnung, die Panik so aussitzen zu können.
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Das Problem ist, dass die Summe all dieser rationalen persönlichen Entscheidungen, mit der jeder Teilnehmer der Weltwirtschaft versucht, seine eigenen Interessen zu schützen, die kollektive Katastrophe ausmachen, die wir jetzt erleben. Darum kann die Lösung auch nur von öffentlichen Institutionen kommen.
Wäre die Weltwirtschaft ein Einzelunternehmen, müsste sie bald Konkurs anmelden. Das mag schrecklich klingen, aber es lässt sich auch Trost aus dieser Analogie gewinnen, denn Konkurs heißt nicht, dass das Unternehmen keine guten Mitarbeiter oder Ideen mehr hat. Es heißt auch nicht, dass ein Unternehmen nichts mehr produziert. Es heißt nur, dass es kein Geld mehr hat und, um weitermachen zu können, den Schutz des Staates suchen muss.
Ein Konkurs ist, wenn er richtig durchgeführt wird, ein Prozess, der einen Weg zurück in die Zahlungsfähigkeit ermöglichen soll. Manche Unternehmen sind nach dem Konkurs gesünder als vorher. Manches wurde an andere Unternehmen verkauft, die einen besseren Nutzen daraus ziehen können.
Für das US-Finanzsystem ist das Pendant zum Insolvenzgericht das De-facto-Rettungskomitee unter der Führung des US-Finanzministeriums und der US-Notenbank. Bisher hat sich diese Rettungsmission darauf konzentriert, immer noch mehr Geld ins System zu pumpen - was allerdings nicht viel Wirkung zeigt, weil die verängstigten Banken keine Kredite mehr geben wollen. Daher sollte das Rettungskomitee nun zur nächsten Aufgabe übergehen, zur Insolvenzverwaltung. Diese besteht in der Überwachung einer ordnungsgemäßen Aufarbeitung der Schulden - und zwar in einer Wirtschaft, die alles Vertrauen verspielt hat, wie das oft bei einem Konkurs der Fall ist.
Wie Konkursverwalter sollten US-Notenbankchef Ben Bernanke und US-Finanzminister Henry Paulson sich nun darauf konzentrieren, das System, solange es unter staatlichem Schutz steht, funktionsfähig zu erhalten. Am Geld fehlt es ja nicht: Billionen Dollar liegen in sicheren Anlagen. Die Frage ist nur, wie man dieses Geld am besten arbeiten lassen kann.
Diese Metapher sollte man auch auf die Weltwirtschaft anwenden: Als Konkursverwalter würden dann die Finanzminister und Notenbankchefs fungieren, die kommendes Wochenende zu ihrem jährlichen Treffen in Washington zusammenkommen. Sie wissen hoffentlich, dass sie jetzt zusammenhalten müssen.
Leider hat sich in der Krise gerade der internationale Währungsfonds, also die Institution, die das globale System schützen sollte, als äußerst unfähig erwiesen. Es ist Zeit, diese nutzlose Einrichtung abzuschaffen und eine neue aufzubauen, die auf dem Weg aus der Krise helfen kann.
Die gegenwärtige weltweite Wirtschaftskatastrophe sieht tatsächlich immer mehr nach Konkurs aus. Trost kann man jedoch in der Tatsache finden, dass das eine ganz alltägliche Sache ist: Unter vernünftiger Führung muss ein Konkurs kein Todesurteil sein. Wir wissen, was und wie es zu tun ist; wir wissen, wie man öffentliche Insolvenzverwalter einsetzt, um private Unternehmen und ihre Mitarbeiter zu schützen.
Übersetzung: Redaktion