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Wenn die Aufsicht 19 Mal klingelt

Von Reinhard Göweil

Politik

Banker kritisieren Widerstand gegen Abspaltung des Osteuropa-Geschäftes der Bank Austria an die Konzernmutter Unicredit.


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Wien/Frankfurt. Wie europäisch ist die Bankenunion, und wie europäisch ist vor allem die bei der EZB angesiedelte Bankenaufsicht? Diese Fragen stellten sich am Montag viele Manager in Geschäftsbanken. Der sogenannte "Einheitliche Aufsichtsmechanismus" prüft die 129 größten Banken der 19 Euroländer. Nun wird von der Aufsicht kritisiert, dass die Bank Austria ohne Osteuropa-Geschäft kein nachhaltiges Geschäftsmodell darstelle. Außerdem wären die Eigenkapitalquoten im Verhältnis zum verbleibenden Risiko zu gering. Die "Wiener Zeitung" berichtete darüber exklusiv in der Samstag-Ausgabe. Damit wäre der Hauptversammlungsbeschluss am 1. August hinfällig.

Bafin verhinderte Sonderdividende der HVB

Für die Unicredit kommt dies zu einem äußerst ungelegenen Zeitpunkt, die Großbank steckt selber in einer Sanierungsphase. Nun will sich kein Banker offiziell mit den Aufsichtsbehörden anlegen, hinter den Kulissen ist aber Kritik zu hören. "Wenn Europa ein einheitlicher Markt ist, dann muss es doch auch für Banken möglich sein, Kapital von einem Land ins andere zu transferieren", sagte einer.

Ist es aber nicht, Unicredit "durfte" diese Erfahrung bereits zweimal machen. Vor ein paar Jahren sollte die deutsche Unicredit-Tochter HVB eine Sonder-Dividende in Milliardenhöhe an Unicredit ausschütten. Die deutsche Bankenaufsicht Bafin legte sich gegen den Kapitalabfluss quer, es kam nicht zustande.

Die HVB ist allerdings mit einer Kernkapitalquote von 23 Prozent die "stärkste" Bank Deutschlands. "Wenn die HVB nur 19 Prozent hat, ist das immer noch ein toller Wert, und Unicredit könnte das Kapital dort einsetzen, wo sie es für richtig erachtet. Immerhin ist sie der Eigentümer", ärgerte sich ein anderer Geschäftsbanker.

Von der Bank Austria floss immerhin seit 2008 keine Dividende mehr an die Konzernmutter, die 2010 auch eine Kapitalerhöhung in Wien von zwei Milliarden Euro stemmte.

Doch die nationalen Aufsichtsbehörden, die in dem EZB-Gremium vertreten sind, schauen nach wie vor zuerst auf die heimischen Banken.

Das Problem der Unicredit

liegt in Italien

Bei der Unicredit ist in der Aufsicht offenbar die Sorge groß, dass Bank Austria und HVB zwar ausgehöhlt werden, das Geld aber unproduktiv in die Sanierung des Italien-Geschäftes fließt. Denn dies ist das Hauptproblem der Großbank. Vor allem der Kauf der süditalienischen Bank Capitalia 2007 um mehr als 20 Milliarden Euro hat sich als Mühlstein entpuppt. Wenn die Aufsichtsbehörde bei ihrem Nein bleibt, ist es auch denkbar, dass das Osteuropa-Geschäft in der Bank Austria verbleibt. Hier rächen sich organisatorische Mängel, da etwa die polnische Tochterbank nicht zum Osteuropa-Netzwerk gehört, sondern direkt an der Unicredit angedockt ist. Wenn die Bank Austria also in Polen investieren will, muss der Umweg über Mailand genommen werden - dort kommt aber das Geld der Töchter nicht an. Die Regelung wurde damals mit den polnischen Behörden vereinbart, die einem Einstieg der Unicredit sonst Probleme bereitet hätten. Die von Unicredit für die Abspaltung ins Treffen geführte "Vereinfachung der Strukturen" stößt daher in Frankfurt und wohl auch in Wien auf Skepsis.

Und dazu kommen die Probleme im italienischen Bankenapparat generell. Die Finanzinstitute sitzen auf faulen Krediten in Höhe von 360 Milliarden Euro.

Rom will Banken Staatshilfe zukommen lassen

Die Regierung in Rom führt derzeit Gespräche mit der EU-Kommission, um den Banken Staatshilfe auszahlen zu dürfen. Die gelten grundsätzlich als verbotene Beihilfe und kommen im Regelwerk der Bankenunion eigentlich gar nicht mehr vor. Nun wird nach einer Ausnahmebestimmung gesucht, um eine von Italien ausgehende Euro-Bankenkrise zu verhindern. Inoffiziell beschäftigte sich Montag Abend auch die Eurogruppe der 19 Finanzminister mit dem Problem.

Auf der Liste der Banken, die unterstützt werden sollen, steht auch die Unicredit. Denn deren Kapitalbedarf scheint größer zu sein als bisher gedacht. Zwar weist die Bank "hartes Eigenkapital" in Höhe von 10,8 Prozent aus. Doch der Aktienkurs ist mit 1,88 Euro im tiefen Keller.

Die Bank, die auf 51 Milliarden Euro Kapital sitzt, wird mit nur elf Milliarden Euro bewertet. "Das ist Ausdruck einer Vertrauenskrise", ist in Brüssel zu hören. Und daher zieht die Europäische Bankenaufsicht die Zügel an, denn sie wurde gegründet, um eine neue Bankenkrise gar nicht erst entstehen zu lassen.