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Wenn sich Dichands Daumen senkt: Peitsche statt Zuckerbrot - das ist kommerziell mutig

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Der "Krone"-Herausgeber Hans Dichand beteuerte stets, dass er an Macht gar nicht interessiert sei. Die Realität sah freilich gerade zuletzt anders aus: Es ist noch gut im Gedächtnis, wie die "Krone" mit all ihrer Macht (täglich ein bis zwei Seiten sowie heftiger Rückenwind von der Leserbrief-Seite) und unter Beugung jeder journalistischen Objektivität Hans-Peter Martin zu seinem Sieg bei der EU-Wahl peitschte. Bei der Nationalsratswahl hatte noch Kanzler Werner Faymann das Goodwill des alten Herren aus der Muthgasse im Rücken - mit bekanntem Ergebnis.


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Nach seinem jüngsten Interview in einer Beilage zur eigenen Zeitung, in dem sich Dichand Erwin und Josef Pröll als Bundespräsident und -Kanzler wünschte, sehen Beobachter bereits den Wind im Kleinformat im Drehen. Statt im Rücken bläst er Faymann nun offenbar ins Gesicht.

Doch ist die heimische Medienlandschaft wirklich so einfach gestrickt? Ist es tatsächlich so, dass Dichand, dessen "Krone" noch immer an die drei Millionen Österreicher täglich lesen, die politische Großwetterlage nach Lust und Laune verändern kann?

Natürlich nicht. Die Sache ist ein bisschen delikater: Freilich ist es Dichands Sache, was er in seine Zeitung (die ihm eigentlich nur zur Hälfte gehört) schreibt. Er gibt auch mit 88 Jahren noch die Linie vor. Texte, die ihm nicht passen, erscheinen nicht. Doch auch Dichand ist darauf angewiesen, dass sein Verlag Gewinne macht. Und diese macht man vornehmlich mit Inseraten. Was früher eine Selbstverständlichkeit war, will in der Krise - auch in einer "Krone" - erst einmal verdient sein.

Gerade in der Krise ist es daher eine besondere finanzielle Wohltat, wenn man auf großflächige Anzeigen aus dem Umfeld der Politik zurückgreifen kann. Erst am Freitag, just in jener Ausgabe, in der Dichand erstmals offen Pröll forcierte, erschien in der "Krone" eine Doppelseite zum neuen Wiener Hauptbahnhof (Listenpreis jenseits der 40.000 Euro). Auch andere mehrseitige ÖBB-Strecken sah man zuletzt. Die Stadt Wien, die ÖBB, Wien Energie, die Wiener Linien, Wien Holding: alles gute Kunden der "Krone" - und alle der SPÖ nicht gänzlich fern stehend. Ganz zu schweigen von dem, was Faymann noch als Wiener Wohnbaustadtrat in die "Krone" investiert hat: Man scherzte im Rathaus schon, dass ein Wohnbauprojekt erst dann fix sei, wenn es in der "Krone" doppelseitig zur bezahlten Veröffentlichung gelangte.

Auch vor der EU-Wahl wurde noch ordentlich geworben. Noch am Tag vor der Wahl schaltete die SPÖ ganzseitig, kam jedoch erst hinter Martins (sogar im Stil eines redaktionellen Beitrag layoutierten) Buchauszügen zu liegen. Es ist ein fein austariertes Netz, das die (finanziellen) Beziehungen zwischen Politik und Medien regelt.

Gerüchten zufolge soll es auch bereits Zerwürfnisse in der Achse Dichand-Faymann gegeben haben, weil auch im Konkurrenzblatt "Österreich" gut und gern geworben wird.

Dennoch: Auch eine erfolgreiche Zeitung wie die "Krone" ist nicht gänzlich ohne Inserenten denkbar. Sollte der SPÖ der Zick-Zack-Kurs der "Krone" einmal zu bunt werden, drohen aus diesem Posten schmerzhafte Verluste. Klar, es trifft keinen Armen. Aber wer sähe schon gerne zu, wenn die Gewinne dahinschmelzen?