Zum Hauptinhalt springen

Wie "der kleine Unterschied" auf Einkommen und Karriere wirkt

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Die Gestaltung der beruflichen und privaten Lebenslaufbahn abseits der gängigen Rollenverteilung ist nach wie vor schwierig - sowohl für Frauen als auch für Männer. Ein Faktum, das einen regelrechten Rattenschwanz an Konsequenzen mit sich zieht, wie aktuelle Studien dokumentieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Es war für mich selbstverständlich, dass ich einen Teil der Zeit, die für die 'Aufzucht' der Kinder nötig ist, zur Verfügung stelle", meint Heinz Baumann aus Graz im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, in Karenz zu gehen. Eineinhalb Jahre hat er seine inzwischen dreieinhalb Jahre alte Tochter betreut. Nachdem er jetzt wieder einige Monate gearbeitet hat, wird er mit Ende dieses Jahres wieder für eineinhalb Jahre zu Hause bleiben, um sich um seinen Sohn zu kümmern, der jetzt ein Jahr alt ist. Die Mutter betreute die Kinder in den ersten Lebensmonaten, dann kam der Vater an die Reihe. Ein Modell, das in Österreich noch sehr selten praktiziert wird:

Die Betreuung der Kinder in den Familien wird zu 58% gänzlich oder überwiegend von den Frauen übernommen. Von den Vätern stellen nur 4% den Hauptbetreuer ihrer Kinder, geht aus der Publikation "Geschlechtsspezifische Disparitäten" der Statistik Austria hervor. Die Studie wurde im Auftrag der Bundesministerien für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK) erstellt und gibt Auskunft über geschlechtsspezifische Unterschiede im Erwerbsleben.

Kinder: Für Männer kein Grund, zu Hause zu bleiben

Kinder sind ein häufiger Grund nicht arbeiten zu gehen - zumindest für Frauen. Im Unterschied zu den Männern hat der Familienstand bei Frauen mehr Einfluss auf ihr Erwerbsleben. Bei Männern fällt es in puncto Erwerb kaum ins Gewicht, ob sie Familie haben oder nicht. "Bei Ehepartnern mit Kindern unter 15 Jahren verändert sich bei Männern die bezahlte, berufliche Arbeitszeit so gut wie gar nicht - auch unabhängig davon, ob die Frau voll- oder teilzeitbeschäftigt ist", erläutert Inge Gross von der Statistik Austria. Im Jahr 2000 haben doppelt so viele Frauen in Teilzeit gearbeitet wie 1975. Als Vollzeitbeschäftigte im Management hingegen sind Frauen in Österreich noch immer die Ausnahme, so das Ergebnis einer aktuellen Studie von IMD International Search and Consulting. Nur 13% der Top-Positionen sind mit Frauen besetzt, im mittleren Management sind es 21% und in der dritten Ebene nach wie vor nur ein Viertel. Mit dieser "Frauenquote" liegt Österreich im Mittelfeld, geht aus der Studie hervor, die in 13 vorwiegend europäischen Ländern durchgeführt wurde. Warum nicht mehr Managementpositionen im eigenen Unternehmen mit Frauen besetzt sind, begründeten 38% der Befragten mit der Unternehmenskultur, die in der Vergangenheit Männer bevorzugt habe. Der größte Teil (68%) der heimischen Umfrageteilnehmer sieht die Ursache für die geringe Anzahl von Frauen in Spitzenpositionen darin, dass es in der jeweiligen Branche nicht genügend weibliche Bewerber gibt. Rund 17% orteten bei Kandidatinnen mangelnde Karriere-Motivation.

Karriere: Anders, trotz

gleicher Qualifikation

Die Publikation "Geschlechtsspezifische Disparitäten" der Statistik Austria zeigt, dass in den letzten Jahrzehnten mit dem Bildungsniveau der Frauen auch das Qualifikationsniveau im Berufsleben gestiegen ist. Männer haben aber dennoch eine höhere berufliche Qualifikation als Frauen, auch wenn sie die gleiche Ausbildung haben.

Sogar unter den AkademikerInnen nehmen fast doppelt so viele Männer als Frauen eine leitende Funktion im Unternehmen ein.

Es gebe durchaus Männer, die gerne in Karenz gehen würden, es dann aber doch nicht tun, erläutert Ely Scambor vom Forschungsteam der Männerberatungsstelle Graz. "Männer scheuen oft wegen der Beeinträchtigung ihrer Karriere davor zurück", so die Expertin. Es bräuchte mehr Motivation, doch die wesentlichste Motivation für die Entscheidung, welcher Elternteil in Karrenz geht, sei nach wie vor das Einkommen. "Wenn Frauen und Männer gleich viel verdienen würden, könnten wir davon ausgehen, dass sie öfter in Karenz gehen würden", so Scambor.

Und die Moral

von der Geschichte?

Ein Grund, warum Frauen schlechtere Karrierechancen haben und weniger verdienen, ist die Gefahr, dass sie wegen der Kinderbetreuung aus dem Berufsleben "ausfallen". Ein Grund, warum fast immer die Mütter in Karenz gehen, ist, dass sie meist weniger verdienen als die Väter... - Was war zuerst? Die Henne oder das Ei?

Literatur: BMSG, BMBWK (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Disparitäten.

Kurzbericht Forschungsprojekt "Work Changes Gender".