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Nur zwei von 2500 Berliner Gärten konnte ich in der Vorwoche vorstellen. Doch die Spree-Metropole ist stolz auf ihr Grün - und das zu Recht. Schauen wir noch einmal übern Zaun!
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Im Gegensatz zu dem Ruf, hektisch und schmutzig zu sein, hat Berlin zahllose idyllische Gärten, prächtige Plätze und romantische Parks.
Die Liebe zum Grün ist bei den "Wessis" tief verwurzelt. Konnten die "Ossies" ihren Chlorophyll-Hunger durch eine Trabbi-Fahrt ins Umland stillen, war man im Westteil auf jeden Grashalm angewiesen. In der "Hauptstadt der DDR" jedoch wich das Grün sozialistischem Einheits-Grau. Seit dem Fall der Mauer wird nun auch der Osten systematisch begrünt, Alleen werden gepflanzt, die Ödnis zwischen den Plattenbauten mit "wohnumfeldverbessernden" Maßnahmen renaturiert, vernachlässigte öffentliche Räume gartenarchitektonisch aufgewertet.
So erstrahlt der markante Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor wieder in eleganter Blumenpracht. Mächtig hieß der Stadtgartendirektor, der diesen Platz im Jahr 1880 gestaltete. Er ließ innerhalb der strengen Orthogone der spiegelbildlich angeordneten Platzhälften zwei Schmuckparterres mit Fontainen anlegen. Trotz starker Eingriffe während der DDR-Zeit zeigten archäologische Grabungen im Sommer 1992, dass sich wesentliche Elemente des historischen Platzes erhalten hatten, wie zum Beispiel die beiden Sohlen der Wasserbecken mit Resten des Brunnenkranzes oder Teile des Schmuckpflasters. Seither kann man den Platz wieder in seiner ursprünglichen Schönheit genießen.
Auch Lustwandeln im Garten auf der berühmten Museumsinsel macht wieder richtig Spaß. Der Platz erfüllte seinen Zweck schon vor 600 Jahren! Der kurfürstliche Hofgärtner Desiderius Corbinian legte "aus der küchen notturft" einen Nutz- und Küchengarten für den preußischen Hof an und pflanzte Obstbäume. Später trat die Kartoffel von hier ihren Siegeszug durch Preußen an, genau genommen vom eigens dafür errichteten "Pomeranzenhaus", in dem auch Paradeiser gezogen wurden. Die Geschichte machte den Platz zum Exerzier- und Aufmarschplatz, dann wieder zum Park und retour. Am 7. Februar 1933 demonstrierten hier 200.000 Berliner gegen den gerade ernannten Reichskanzler Adolf Hitler und seine NSDAP-Regierung.
Heute ist die von Friedrich Schinkel geplante Struktur des Gartens wieder hergestellt. Vor der klassizistischen Säulenfassade seines Alten Museums beugen sich die baumumkränzten Wiesenmatten seinen strengen geometrischen Regeln. In der Mitte prangt das "Biedermeierweltwunder", die größte, aus einem einzigen Stein gearbeitete Granitschale der Welt mit fast sieben Metern Durchmesser, die schon den Herrn Geheimrat von Goethe faszinierte.
Der Erzengel Michael blickte von der gleichnamigen Kirche im Ostteil, laut Theodor Fontane der "schönsten Kirche Berlins", nach Westen, also ideologisch in die falsche Richtung. Daher musste er weichen. Heute jedoch schaut sein Standbild wieder auf das "Engelbecken", ein nach ihm benanntes Bassin mit sechzehn Fontänen. In den 1920er Jahren wurde ein Spreekanal zugeschüttet und der so entstandene Streifen begrünt. Man gliederte den langen, aber schmalen Grünzug in zehn Abschnitte und gestaltete ihn besonders abwechslungsreich- mit Blumenschmuck, Rasenflächen mit Gehölzen sowie Sommerblumengärten. Von der DDR als Brache hinterlassen, lädt der Park wieder zum Verweilen ein: Mit Kinderspielplätzen, Sitzecken, Brunnen und befestigten Wegen, die durch verschiedene Ziergärten mit Dahlien-, Rosen-, Wald- und Alpenpflanzungen führen.
Drei aparte Grünflächen, die-wie es in der DDR-Hymne hieß-"auferstanden aus Ruinen".