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Zahlenschlacht zur Mindestsicherung

Von Christian Rösner

Politik

ÖVP und SPÖ versuchen bei der Mindestsicherung einmal mehr, unterschiedliche Ideologien mithilfe von Zahlen auszudrücken.


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Wien. Es ist noch keine Woche her, da sind Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und Sozialstadträtin Sandra Frauenberger ausgerückt, um dem "Schwachsinn", den die ÖVP in Sachen Mindestsicherung verbreitet, mit konkreten Zahlen entgegenzutreten. Demnach stimme es nicht, dass immer mehr Asylberechtigte wegen der hohen Mindestsicherung nach Wien kommen würden.

Am Dienstag konterten Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel sowie ÖAAB-Wien-Chef und ÖVP-Kandidat Karl Nehammer ebenfalls mit Zahlen - und sprachen einmal mehr von einer "Sogwirkung rot-grüner Sozialpolitik". Laut Blümel sind mehr als 50 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Nicht-Österreicher und 31 Prozent Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. In Wien würden fast zwei Drittel aller Kosten für die Mindestsicherung in Österreich verursacht, obwohl Wien nur 20 Prozent der Einwohner habe.

Weiters lasse es sich auch zahlenmäßig belegen, dass Wiener aus der Stadt wegziehen - auch wenn die Einwohnerzahl stetig wächst: Zwar gebe es seit 2008 rund 178.000 Einwohner mehr. Gleichzeitig sei aber die Zahl der Wahlberechtigten seit 2008 um rund 4000 Personen gesunken, erklärte Blümel. Und er hatte noch mehr Zahlen von Statistik Austria parat: Seit Rot-Grün sei die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher von 106.675 auf rund 200.000 Bezieher angestiegen, die Ausgaben für die Mindestsicherung haben sich laut Blümel von 290 Millionen Euro auf 659 Millionen Euro mehr als verdoppelt und seien damit um 127,2 Prozent angestiegen.

Nehammer forderte unter anderem einen Deckel, der bei 1500 Euro eingezogen werden müsse. Er nannte in diesem Zusammenhang das Beispiel zweier Familien aus Oberösterreich mit drei Kindern, in der der Mann 2200 Euro brutto, die Frau 400 Euro netto verdiene. Im Vergleich dazu liege der Unterschied zu einer Familie mit drei Kindern, in der beide Mindestsicherung beziehen, nur bei 84 Euro.

"Nur 0,5 Prozent der Staatsausgaben"

Die SPÖ reagierte einmal mehr mit Empörung - und warf wiederum neue Zahlen ins Wahlkampf-Spiel. Man werde nicht zulassen, dass man bedürftigen Menschen die letzte soziale Absicherung wegnimmt, die sie vor Armut und Obdachlosigkeit schützt, erklärte SPÖ-Landesparteisekretärin Sybille Straubinger. Die Wiener Mindestsicherung bekämpfe Armut. Würde man die Vorstellungen der ÖVP umsetzen, müsste man mit mehr Armut und Obdachlosigkeit rechnen, was sich wiederum auf die Sicherheit in der Stadt auswirken würde.

Laut Straubinger machen die Ausgaben für die Mindestsicherung in Österreich gerade einmal 0,5 Prozent der Staatsausgaben aus. In Wien würden nur zehn Prozent der Bezieher die volle Höhe der Sozialleistung bekommen, 78 Prozent erhalten eine Zuzahlung, da sie zu wenig verdienen oder andere Geldleistungen beziehen würden. Der Rest seien Dauerleistungsbezieher - Menschen, die dauerhaft nicht arbeitsfähig seien.

Abgesehen davon belief sich der Zuzug laut Rathaus-Statistik im August 2016 - und damit noch zu Zeiten der bundeseinheitlichen Mindestsicherungsregelung - auf 5944 Asyl- und Schutzberechtigte. Ein Jahr später - nachdem einige Bundesländer bereits gekürzt hatten - lag die Zahl bei 6377. Von einer Explosion könne da keine Rede sein, erklärte Frauenberger bereits vergangene Woche - die "Wiener Zeitung" hat berichtet.

Höhe der Mindestsicherung spielt bei 70 Prozent keine Rolle

Und laut einer Studie, die laut Straubinger im Auftrag des Außen- und Integrationsministeriums zu den Erwartungen von Flüchtlingen an die Stadt Wien erstellt wurde, wollen 54 Prozent der Flüchtlinge vor allem Deutsch lernen. 32 Prozent wollen Arbeit finden, 29 Prozent einen Ausbildungsplatz und 10 Prozent eine Wohnung. 70 Prozent geben laut Studie an, dass die Höhe der Mindestsicherung beim Umzug keine Rolle gespielt hat, betonte Straubinger. Es seien also nicht die sozialen Standards in Wien zu hoch, sondern die soziale Absicherung in den ÖVP-regierten Bundesländern sei zu niedrig, so die SPÖ-Landesparteisekretärin.