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Verdienen Politiker genug?

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Gut bezahlte, dafür engagierte, uneitle Politikerinnen und Politiker, das wäre ein fairer Deal.


Im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" findet sich dieser Tage unter der Geschäftszahl 2022-0.675.053 die Kundmachung der Präsidentin des Rechnungshofs über die angepassten Gehälter für Politikerinnen und Politiker. Auf den ersten Blick geht es um wahrlich fürstliche Beträge: Wer würde sich nicht über 23.839,90 Euro brutto im Monat freuen, wie sie der Bundeskanzler bekommt? Oder über 19.071,90 Euro, was dem Salär eines Ministers oder einer Ministerin entspricht?

Man kennt das: die populistische Forderung nach Kürzung von Politikergehältern und das Klagen über Gagenkaiser in der Politik.

Freilich: Die Vorstandschefs der größten Konzerne Österreichs, die im ATX-Börsenindex notieren, verdienen im Schnitt um die 1,9 Millionen Euro im Jahr - das liegt um ein Vielfaches über dem Salär eines Ministers oder dem des Bundeskanzlers.

Nur der Inselstadtstaat Singapur kann bei derartigen Gehältern mithalten: Dort verdient Premierminister Lee Hsien Loong ähnlich viel wie ein ATX-Konzernchef. In Singapur wird argumentiert, dass die Entlohnung für einen Job in der Politik mit dem Gehaltsangebot in der Wirtschaft mithalten können muss.

Freilich, Singapur ist keine lupenreine Demokratie und wird im "Freedom in the World 2022"-Jahresbericht der US-Denkfabrik Freedom House als nur "teilweise frei" eingestuft. Aber Singapur ist eine meritokratische Gesellschaft, dort gilt der Grundsatz: Leistung soll sich lohnen, während in Österreich die Nachfrage "wo war meine Leistung" überliefert ist.

Vom deutschen Soziologen Max Weber ist das Zitat von Politik als "starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich" überliefert.

Dafür soll es eine angemessene Bezahlung geben, die am Markt auch konkurrenzfähig ist. Bei den Spitzenfunktionen der Republik Österreich ist das nicht der Fall.

Eine Debatte fernab des Populismus ist angesagt: Wie kann sichergestellt werden, dass auch in Zukunft die Politik aus dem Talentpool der besten Köpfe schöpfen kann?

Freilich: Auch das Argument, dass Bezahlung für engagierte, leidenschaftliche Politikerinnen und Politiker nicht die bestimmende Motivation sein kann, hat etwas für sich. Der innere Antrieb für Politikerinnen und Politiker sollte der Drang zum Dienst an der res publica sein, die Leidenschaft für öffentliches Engagement für die Bürgerinnen und Bürger. Geld ist nicht alles.

Aber Menschen suchen eben Anerkennung, Max Weber hat das Problem erkannt: "Die ganz gemeine Eitelkeit ist die Todfeindin aller sachlichen Hingabe und aller Distanz, in diesem Fall: der Distanz sich selbst gegenüber."

Gut bezahlte, dafür engagierte, uneitle Politikerinnen und Politiker, das wäre ein fairer Deal.