Zum Hauptinhalt springen

070 - Meine Reise in die Ex-Zentren des IS

Aleksandra Tulej, stellvertretende Chefredakteurin der WZ, war in Syrien. Im Podcast erzählt sie, welche Bedingungen in den Gefangenenlagern für IS-Frauen herrschen.

23 Min

Auf einer anderen Plattform anhören:

Die Gefangenenlager für IS-Frauen sind streng bewacht.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Midjourney

Eine neue Generation des Islamischen Staates (IS): Diese soll entstehen, wenn 13-jährige Buben in den Gefangenenlagern Roj oder Al Hol in Nordostsyrien dazu angestiftet werden, IS-Frauen zu schwängern. Das erzählt Aleksandra Tulej, stellvertretende Chefredakteurin der WZ, in dieser Podcast-Folge Host Petra Tempfer. Tulej war in der Nähe dieser Lager. Sie reiste Ende Februar in die Region Rojava – unmittelbar bevor das österreichische Außenministerium die Salzburgerin Maria G. und die Wienerin Evelyn T. aus dem Camp Roj abgeholt und zurück nach Österreich gebracht hat.

„Es gibt Frauen, die wollen nicht zurück", sagt dazu Tulej. Sie glauben, dass der Islamische Staat von neu auferstehen wird. Sich zu deradikalisieren, sei ebenfalls nicht so einfach: Viele IS-Frauen in den Gefangenenlagern seien noch immer radikal und greifen andere Frauen an, sobald sie merken, dass sich diese deradikalisieren wollen.

Eine Haft in Österreich, die Evelyn T. bereits angetreten hat und Maria G. droht, sei aber noch immer erstrebenswerter als eine Haft in Syrien, weil die Bedingungen hier um vieles humaner seien, sagt Tulej. Mit der Rückholung der Frauen gehe allerdings eine wesentliche Frage einher: Wie verfährt Österreich mit den Kindern dieser Frauen, die nichts anderes kennen als das Leben in den Lagern?

Produziert von „hört hört!“.

Aleksandra Tulej, stv. Chefredakteurin, im Podcast-Studio mit Host Petra Tempfer.
Aleksandra Tulej von der WZ-Chefredaktion im Podcast-Studio mit Host Petra Tempfer.
© WZ/Nora Schäffler
Aleksandra Tulej in Syrien
Um überhaupt erst in die Region Rojava reisen zu dürfen, brauchte Aleksandra Tulej mehr als nur einen Presseausweis.
© WZ/Aleksandra Tulej
Feuer in Syrien
Die Bewohner:innen der Stadt Qamischli verbrennen Müll auf der Straße, um sich daran zu wärmen.
© WZ/Aleksandra Tulej

Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen, dir ist ein Fehler aufgefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.


Infos und Quellen

Genese

Die gesamte Redaktion war erleichtert, als die stellvertretende Chefredakteurin der WZ Aleksandra Tulej am Tag nach ihrer Rückkehr aus Syrien wieder bei der täglichen Morgenbesprechung saß. Jede:r wollte gleich alles über die Reise wissen, und sie erzählte so viel Spannendes und verlor sich lebhaft in fesselnden Details, dass die Besprechung um einiges länger dauerte als sonst. Wenn Aleksandra Tulej all das in einer Podcast-Folge erzählt, dann können unsere Hörer:innen ebenfalls Teil ihres Abenteuers werden, dachte sich WZ-Redakteurin Petra Tempfer und lud sie ins Studio.

Gesprächspartner:innen

  • Jihan Hamza, Mitglied des Syrischen Frauenrats

  • Taha Khalil, Projektleiter Österreichische Volkshilfe in den Kurdengebieten

  • SDF-Kommandant (anonym)

Daten und Fakten

  • Die Salzburgerin Maria G. war 17 Jahre alt, als sie sich 2014 dem Islamischen Staat (IS) anschloss. Sie ging nach Syrien, heiratete einen IS-Kämpfer und bekam zwei Söhne. Seit 2020 war sie im Gefangenenlager für IS-Frauen im Camp Roj in Nordostsyrien.

  • Das Al-Hol-Camp liegt ebenfalls im Nordosten Syriens, etwa 40 Kilometer östlich von Al-Hasaka, in einem von den kurdisch dominierten Syrisch Demokratischen Kräften (SDF) kontrollierten Gebiet. Das Camp beherbergt hauptsächlich Frauen und Kinder, die als Angehörige von ehemaligen mutmaßlichen IS-Kämpfern gelten. Die Männer, die als aktive IS-Kämpfer identifiziert wurden, befinden sich in der Regel in getrennten Gefängnissen oder Haftanstalten, die ebenfalls von den SDF verwaltet werden.

  • Im Jahr 2022 wurden laut Europol 380 Personen in der EU wegen terroristischer Straftaten festgenommen. Die meisten dieser Festnahmen standen im Zusammenhang mit dschihadistischem Terrorismus.

  • Der sogenannte Islamische Staat (IS) ist eine dschihadistische Terrororganisation, die 2014 ein selbsternanntes Kalifat in Teilen Syriens und des Iraks ausrief. Er entstand aus Al-Qaida im Irak und nutzte extreme Gewalt, um Gebiete zu kontrollieren und eine radikale Interpretation des Islam durchzusetzen. Der IS verübte Massenmorde, Anschläge auf der ganzen Welt und versklavte unzählige Menschen – diese Taten wurden als Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft. Durch internationale Militärinterventionen verlor er bis 2019 sein gesamtes Territorium, bleibt aber als Untergrundbewegung aktiv. Heute agiert der IS vor allem durch Schläferzellen, Online-Propaganda und Ablegergruppen in verschiedenen Regionen der Welt.

Quellen

Das Thema in der WZ

Das Thema in anderen Medien