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074 - Wien: Zeitzeugin in Schutt und Asche

Vorhangstangen, Zahnbürsten oder Knochen: Das findet die Wiener Stadtarchäologin Constance Litschauer bei ihren Ausgrabungen. Es sind Überbleibsel von den Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs in Wien gelebt haben. Die Stadt selbst zeigt ebenfalls noch deutliche Spuren wie ehemalige Bunker, von denen einer die heutige Rathausgarage ist.

36 Min

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Wenn die Stadtarchäologin Abzeichen des Winterhilfswerks findet, weiß sie, dass sie gerade in Bodenschichten aus dem Zweiten Weltkrieg gräbt.
© Illustration: WZ, Fotocredit: Wien Museum / Lisa Rastl

Am eindeutigsten ist es, wenn Constance Litschauer Kriegshelme oder Abzeichen des Winterhilfswerks findet: Dann weiß die Wiener Stadtarchäologin, dass sie gerade in Bodenschichten aus dem Zweiten Weltkrieg gräbt, sagt sie in dieser Folge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“ zu Host Petra Tempfer.

Stücke wie diese kommen oft mit dem Schutt der Bombentrichter zutage – weitere Zeugen dieser Zeit schlummern hingegen unter Parks und Häusern: Reste von Löschwasserbecken, Splitterschutzgräben und Luftschutzkellern, zu denen bis heute Pfeile den Weg weisen.

Einige Luftschutzkeller erzählen gleich mehrere Geschichten: vom Versteck eines Verteilerzentrums für Propagandaschriften über Zwangsarbeiter, die dieses zum Luftschutzkeller umbauten, bis hin zu den Schutzsuchenden.

Diese Folge ist die dritte des Podcast-Schwerpunkts von „Weiter gedacht“ zum Zweiten Weltkrieg, der am 8. Mai 1945 in Europa zu Ende gegangen ist. Insgesamt gibt es fünf Folgen zu diesem Thema. Parallel dazu geht die WZ auch in Texten und Videos totgeschwiegenen Familiengeschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus nach.

Produziert von „hört hört!“.

Die Stadtarchäologin Constance Litschauer (l.) im Podcast-Studio der WZ mit Host Petra Tempfer.
Die Stadtarchäologin Constance Litschauer (l.) im Podcast-Studio der WZ mit Host Petra Tempfer.
© WZ/Christoph Mauerhofer

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Infos und Quellen

Genese

Persönliche Wendepunkte und Geschichten: Sie stehen im Mittelpunkt des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“. Speziell zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren in Europa hat die WZ dieses Motto auch in zahlreichen Artikeln aufgegriffen. Nicht immer müssen diese Wendepunkte und Geschichten aber zwingend direkt Menschen betreffen, dachte sich WZ-Redakteurin Petra Tempfer, und stellte die Stadt Wien für diese Folge in den Mittelpunkt.

Gesprächspartnerin

Constance Litschauer hat klassische Archäologie und Numismatik an der Universität Wien studiert und an der Kunsthochschule Bratislava eine postgraduale Ausbildung zur Papierrestauratorin absolviert. Seit 1999 ist sie bei den Museen der Stadt Wien/Stadtarchäologie tätig. Sie leitet Grabungen, arbeitet diese wissenschaftlich auf und bestimmt die Fundmünzen.

Daten und Fakten

  • Historischer Stadtplan von Wien mit den Kriegsschäden: Historische Stadtpläne anklicken, dann Kriegsschäden, um 1946, dann kommen die Auswahlmöglichkeiten
  • Die Stadtarchäologie Wien befasst sich mit der Durchführung von Ausgrabungen und dem anschließenden Aufbereiten sowie der wissenschaftlichen Auswertung der zutage gekommenen Befunde und Funde. Die daraus resultierenden Ergebnisse zur Wiener Stadtgeschichte werden durch Publikationen und verschiedene Vermittlungsangebote einem weit gefächerten Publikum zugänglich gemacht.
  • Zum Thema gefallene Soldaten vom Bacherplatz
  • Bei der Grabung am Karlsplatz (Baustelle vom Umbau des Wien Museums) wurden 25 Abzeichen der Winterheilsarmee im dort abgelagerten Kriegsschutt gefunden – und noch vieles mehr.
  • Massen an Spendenbelegen des Winterhilfswerks des Deutschen Volkes der Zeit von 1933 bis 1943 traten bei einer Grabung der Stadtarchäologie Wien in einem verschütteten Eiskeller in der Innenstadt zutage. Insgesamt wurden mehr als 126.000 Stück gezählt. Die Stiftung Winterhilfswerk sammelte Sach- und Geldspenden, um damit Bedürftige zu unterstützen.
  • Die Stadtarchäologie Wien erforschte einen Fund illegal hergestellter Druckschriften aus dem Jahr 1934.
  • Zu den Luftschutzvorbereitungen, die während des Zweiten Weltkriegs das Straßenbild veränderten, zählten die vielen oberirdisch angelegten Löschteiche beziehungsweise unterirdisch angelegten Löschwasserbehälter. Die oberirdischen Löschteiche waren große Betonwannen, die mit einer Böschung und mit einem Sicherheitszaun umgeben und in Parkanlagen oder Straßen ausgehoben wurden. Sie waren mehr oder weniger genormt ausgeführt (Wien Geschichte Wiki).
  • Im Zweiten Weltkrieg wurden der Zentralviehmarkt und das Schlachthaus St. Marx weitgehend zerstört: Unter anderem wurden die Kälberverkaufshalle, die Schafhalle und eine Schweineverkaufshalle vollständig zerstört sowie ein sechs Meter unter der Erde liegender Kanal in der Schweineverkaufshalle. Nach Ende des Kriegs wurde das Marktgelände von den Besatzungsmächten in Anspruch genommen. Es wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und 1955 konnten einzelne Teile schrittweise wieder eröffnet werden. Jedoch verlor der Viehmarkt in den kommenden Jahren komplett an Bedeutung (Wien Geschichte Wiki).

Quellen

Das Thema in der WZ

Das Thema in anderen Medien