"I mag des Land, i mag die Leit."

© Khol

Andreas Khol

Biographie

Als Sohn eines Südtiroler Paares wird er 1941 auf der Ostseeinsel Rügen geboren. Der jetzige ÖVP-Seniorenchef verbringt seine Kindheit in Südtirol, besucht aber ein Innsbrucker Gymnasium. Danach studiert er Jus in Innsbruck und Paris und arbeitet anschließend für Verfassungsgerichtshof, Europarat und Europäische Demokratische Union. Dann wendet er sich ganz der ÖVP zu.

Der außerordentliche Universitätsprofessor hat zu Themenkreisen wie Außenpolitik, Sicherheitsfragen und Verfassungspolitik vieles publiziert. Er ist verheiratet, sechsfacher Vater und 15-facher Großvater.

Werdegang

seit 2005 Bundesobmann des Seniorenbundes; Präsident des Seniorenrates

2007 – 2015 Mitglied der Expertenkommission zur Verfassungs- und Verwaltungsreform

1983 – 2006 Präsident bzw. Abgeordneter des Nationalrates

1994 – 2002 Klubobmann des ÖVP-Parlamentsklubs

1978 – 1996 Exekutivsekretär der Europäischen Demokratischen Union

1990 – 1994 Außenpolitischer Sprecher der ÖVP

1974 – 1991 Direktor der Politischen Akademie der ÖVP

1980 außerordentlicher Universitätsprofessor des Rechts, Universität Wien

1972 – 1973 Präsident der Personalvertretung des Europarates

1966 Sekretär am Verfassungsgerichtshof

Themen

Flüchtlingspolitik

Khol umschreibt die Flüchtlingsobergrenze als "kapazitätenorientierten Richtschnur" und befürwortet sie, denn andernfalls fürchtet er Massen von Obdachlosen und „Unintegrierbaren“. Er habe Sympathie für leidende Menschen, Nächstenliebe beginne aber auch Zuhause. Der Islam gehört für ihn seit jeher zu Österreich – „der Islamismus aber nicht“, betont er.

Europäische Union

Khol ist klarer Pro-Europäer, beschreibt sich aber gleichzeitig als "österreichischen Patriot", der die Interessen der Österreicher weltweit schützen möchte. Ursprünglich hielt er die EU für die Lösung aller Probleme. Inzwischen kritisiert er die Normierungswut der EU und Ungereimtheiten in der Flüchtlingsdebatte. In die Regierungsbildung möchte er sich auch dann nicht einmischen, wenn die stärkste Partei bestrebt wäre, aus der EU auszutreten. Dass die Türkei beitritt, kommt für ihn nicht infrage.

Pensionen

„Nur mit uns Senioren ist ein Staat zu machen", so der Slogan des Seniorenchefs. Er möchte das Pensionsantrittsalter automatisch an die Lebenserwartung anpassen, denn nur so sei das System langfristig finanzierbar. Dabei sollen weder laufende Pensionen beschnitten, noch die Pensionsbeiträge der Jungen erhöht werden. Solch eine Kopplung an die Lebenserwartung möchte er mittels Formel im Gesetz verankern. Es handle sich also nicht, wie viele denken, um einen "herzlosen Computer", sagt er.

Interview

Der Stärkste zuerst

ÖVP-Kandidat Andreas Khol grenzt sich vom Islamismus ab und würde stets den Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen.

Er bewundert die Sprachkunst Elfriede Jelineks und lobt die Amtsführung Heinz Fischers. Besser bekannt ist Andreas Khol als Co-Kutscher von Schwarz-Blau - damals mit Peter Westenthaler als seinem FPÖ-Pendant - und hartgesottener Seniorenvertreter - in diesem Fall im Duo mit SPÖ-Urgestein Karl Blecha. Nun soll der 74-jährige habilitierte Verfassungsrechtler für die Volkspartei die Hofburg zurückerobern.

Wiener Zeitung: Sie haben sich selbst einmal als zu polarisierend, zu knorrig beschrieben, als dass das Amt des Bundespräsidenten für Sie in Frage käme. Sind Sie jetzt plötzlich weniger knorrig?

Andreas Khol:Nein, aber was heute neu ist, ist eine Grundwertediskussion. Da sind meine Kanten wieder gefragt.


Welche Werte stehen zur Debatte?

Khol: Die Menschen erleben unsere Gesellschaft als gestresst. Die Wohlfühlphase nach dem Ende des Kommunismus ist einer kritischeren Phase gewichen. Die Menschen haben Angst - Stichwort Arabellion, Syrien, Russland -, sie spüren, dass die Grundrechte der Freiheit, der Gleichheit, der Geschwisterlichkeit, von Toleranz und Meinungsfreiheit wieder verteidigt werden müssen.


Wer bedroht diese Werte: Menschen, die nach Österreich kommen, oder Kräfte im Land?

Khol: Die Bedrohungen sind vielfältig und beziehen sich nicht nur auf Österreich, sondern auch auf Europa. Der Grundwert der Freiheit hat einen neuen Stellenwert, wenn eine deutsche Oberbürgermeisterin und ein heimischer Polizeipräsident Frauen empfiehlt, nachts besser mit Begleitung unterwegs zu sein.


Sie bezeichnen sich als Christdemokrat - das haben Sie mit Angela Merkel gemeinsam. Teilen Sie auch deren Diktum, wonach der Islam zu Deutschland gehöre, und den Optimismus in der Flüchtlingskrise, der im Satz "wir schaffen das" zum Ausdruck kommt?

Khol: Diesen Satz sehe ich als Aufforderung, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass es gelingt. Dazu gehört ein Maßnehmen an unseren Kapazitäten und die Festlegung einer Obergrenze im Sinne einer Richtschnur. Das muss im Einvernehmen mit Bund, Länder und Gemeinden geschehen, die Flüchtlingspolitik muss dann dafür sorgen, dass diese Latte nicht gerissen wird.


Gehört der Islam zu Österreich?

Khol: Der Islam wurde 1913 als Religionsgemeinschaft anerkannt, in der k.u.k. Armee dienten Feld-Imame und für die muslimischen Soldaten wurde halal gekocht. Der Islam ist deshalb ein überkommener Teil Österreichs; der Islamismus gehört nicht zu uns, das ist die wesentliche Unterscheidung.


Umfragen zeigen, dass sich eine große Zahl der Bürger Kandidaten wünscht, die nichts mit der herkömmlichen Politik zu tun haben. Jetzt schicken die Parteien doch altgediente Politiker ins Rennen.

Khol: Ich glaube, dass die Menschen den mühseligen Reformprozess in Österreich, der allenfalls in kleinen Schritten vorankommt, als negativ erleben. Die Leute erwarten eine einheitliche Vorgangsweise der Regierung, gerade auch in der Flüchtlingsfrage. Ich sehe aber weder Alexander Van der Bellen noch Irmgard Griss oder mich als Teil dieses Establishments, das in parteipolitisches Hickhack verfällt.


Die Stunde des Bundespräsidenten schlägt, wenn es um die Ernennung des Kanzlers geht. Was sind für Sie die zentralen Kriterien?

Khol: Den ersten Auftrag erhält der Chef der stärksten Partei. Das ist das einzige Kriterium. Wenn dieser keine Mehrheit im Nationalrat zustande bringt, dann kann der Auftrag auch an andere erteilt werden. Keine der im Nationalrat vertretenen Parteien ist von der Regierung auszuschließen, denn wenn sie gefährlich oder antidemokratisch wären, hätten sie nicht kandidieren dürfen. Ob jemand mir zu Gesicht steht oder meine Meinung teilt, spielt für mich hier keine Rolle.


Sie wollen ein aktiver Bundespräsident sein, aber ausgerechnet im Moment des größten Einflusses beschränken Sie sich auf rein formale Kriterien. Was wäre, wenn die stärkste Partei Österreich aus der EU führen möchte?

Khol: Ob eine solche Partei auch eine Mehrheit im Parlament zustande bringt, muss im Nationalrat entschieden werden. Ich werde mich da nicht einmischen.


Sie könnten im Hintergrund aktiv sein, immerhin verfügen Sie mit der Direktwahl über ein starkes demokratisches Mandat.

Khol: Ja, aber ich kann meine Überzeugungen nicht der Mehrheit im Parlament aufzwingen.


Ist die Angelobung einer Minderheitsregierung für Sie denkbar?

Khol: Da halte ich es mit Heinz Fischer, dessen Verdienst es ist, dass er einmal (2006, Anm.) eine solche Variante nicht gemacht hat. Das halte ich für legitim.


Zum Interview auf www.wienerzeitung.at