Trotz 30 Grad Spätsommerhitze überkommt mich ein Frösteln, als wir das Lager betreten, das von einem zehn Meter hohen Zaun umschlossen wird. Der Polizist am Eingang grüßt freundlich und streckt mir ein Besucherkärtchen entgegen. Ich bin mit einer Delegation aus Politikern, Aktivisten, Journalisten, Juristen sowie einem Pfarrer angemeldet. Danach geht es ins Innere des Geländes, vorbei an ärztlichen Behandlungsräumen und an einer weiteren Absperrung, zwei Sicherheitsbeamtinnen winken uns durch.
„Ich möchte nur glücklich sein!“
Shahzad Faisal, Bewohner des „Pian del Lago"
117 Männer hauptsächlich aus Pakistan, Gambia, Syrien, Eritrea und Afghanistan sind in fensterlosen Containern und einfachen Ziegelbauten untergebracht. Betten gibt es in den Ziegelgemäuern keine, die Geflüchteten schlafen auf Betonblöcken, die Matratzen werden erst bei Ankunft eines neuen Asylwerbers gebracht. Schuhschachteln sind zu Nachtkästchen umfunktioniert.
In den Containern leben bis zu fünfzehn Männer, ein Doppelbett reiht sich an das andere, daneben sind spärliche Habseligkeiten aufgeschlichtet. Beginnt man ein Gespräch mit einem der Lagerbewohner, steht man binnen Sekunden in einer Menschentraube. Jeder versucht seine Probleme zu deponieren.
Hauptsächlich beklagen die 20- bis 50-jährigen Männer die sanitären Anlagen, die menschenunwürdige Unterbringung in Blechcontainern, Mängel in der medizinischen Versorgung und vor allem die unerträglich langen Wartezeiten auf einen Termin mit der Kommission, der erst den Asylprozess in Gang bringt. Ob sie Rechtsberatung oder Unterstützung bei der Asylantragsstellung bekommen, möchte ich wissen. Die Antwort ist immer die gleiche: Nein. Wer sich nicht aktiv um Informationen bemüht, weiß nichts über Formalitäten und seine Rechte.
"Im Jahr 2014 möchte ich ohne Stress und Sorgen leben, Ich muss nicht reich und berühmt sein, ich möchte nur glücklich sein! – by Shahzad Faisal." Auf den Wänden der Kantine haben die Lagerinsassen Zetteln mit ihren größten Wünschen geklebt. Zwar kann man sich abmelden und in der Stadt frei bewegen, doch in der Einrichtung geht es wie in einem Gefängnis zu.
Das bedrückende Gefühl fällt erst nach dem dreistündigen Aufenthalt ab, als das Tor hinter mir zufällt. Besonders negativ sehen die pakistanischen Flüchtlinge ihre Asylchancen. 99 Prozent der Gesuche würden in Europa abgelehnt, zitieren sie offizielle Statistiken.
Die meisten kommen aus dem Punjab-Tal, wo die Taliban wüten. "Aufgrund der weiterhin bestehenden hohen Terrorgefahr wird von nicht unbedingt notwendigen Reisen abgeraten", warnt das österreichische Innenministerium. Asyl- und schutzberechtigt seien pakistanische Flüchtlinge trotzdem nicht, weil für sie in ihrem Herkunftsstaat keine Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder einer Verletzung ihres Rechts auf Leben besteht.