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Seit 2025 werden in Wien ausschließlich vollelektrische Fahrzeuge als Taxis neu zugelassen. Doch trotz Förderungen werden seitdem kaum Neuzulassungen beantragt. Vor der Umstellung wurden dagegen überdurchschnittlich viele Verbrenner angeschafft.
Am Flughafen angekommen, parkt der Taxifahrer Amir F. (seinen richtigen Namen wollte er nicht nennen) das Auto, steigt aus und holt zwei Koffer aus dem Kofferraum. Seine beiden Fahrgäste, ein junges Paar, nimmt sie in Empfang. „Schönen Urlaub“, wünscht ihnen Amir.
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Neben ihm hat ein Kollege, der bei derselben Taxi-Firma arbeitet, geparkt und wartet auf Kundschaft. Sie kommen ins Reden, vertreiben sich die Zeit, bis ihre Dienste benötigt werden. Auf diese Weise erfährt Amir von einer neuen Regelung, nach der nur mehr E-Autos als Taxis angeschafft werden dürfen.
Amir hat bereits Erfahrungen mit einem E-Taxi, doch die waren nicht berauschend. Deshalb hatte er des E-Auto nach nur eineinhalb Monaten gegen einen Hybrid-Wagen getauscht.
Neuzulassungen auf Rekordtief
Auf Wiens Straßen sind mit April 2025 rund 8.400 zugelassene Taxis unterwegs. Nur 290 davon sind reine Elektro-Fahrzeuge. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Seit Anfang des Jahres gilt für Wiens Taxifahrer:innen: Wer ein neues Fahrzeug für den Job anmelden möchte, muss sich für ein vollelektrisches Modell entscheiden. Bereits zugelassene Verbrenner- und Hybrid-Autos dürfen weiter genutzt werden, sollen aber nach und nach durch emissionsfreie Autos ersetzt werden.
Um die Umstellung zu erleichtern, haben sowohl die Stadt Wien als auch der Bund seit 2023 finanzielle Anreize für Taxifahrer:innen in Form von Förderungen von bis zu 10.000 Euro geschaffen.
Die rechtliche Neuerung findet jedoch keinen großen Anklang. Das zeigen die Zahlen für Taxi-Neuzulassungen in Wien seit Ende vergangenen Jahres. Während 2024 durchschnittlich 159 Neuregistrierungen pro Monat erfolgten, wurde im Dezember für rund dreimal so viele neue Fahrzeuge um eine Zulassung angesucht. Es erweckt den Anschein, als hätten Taxifahrende noch schnell vor Jahreswechsel Verbrenner- und Hybridautos aufgestockt, denn nur 4,1 Prozent der Dezember-Neuzulassungen waren E-Autos.
Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man das Jahr 2025 betrachtet. Seit ausschließlich vollelektrische Taxis neu zugelassen werden, befinden sich diese Registrierungen auf einem Rekordtief. Im Jänner wurden gerade mal 17 neue Taxi-Fahrzeuge angemeldet, im Februar waren es 13 und im März 27.
Nicht vereinbar mit der Lebensrealität
Mit Ende März gibt es laut Energie-Control Austria, einer unabhängigen Regulierungsbehörde für Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft, in Wien 1.483 öffentliche Ladestationen, die über 3.540 Ladepunkte verfügen. „Öffentlich“ bedeutet in dem Fall, dass man die Ladestationen uneingeschränkt nutzen kann. Eine Ladestelle auf einem für Kunden vorbehaltenen Supermarktparkplatz zählt beispielsweise nicht dazu. Diese öffentlichen Ladestationen müssen sich Taxi-Fahrende mit anderen Verkehrsteilnehmenden teilen. Derzeit gibt es in Wien immer noch Taxistreifen, wo sich keine Lademöglichkeiten befinden. Und nicht jede Station hat zwangsläufig Parkmöglichkeiten für mehrere Pkws.
„Ich musste oft lange fahren, weil schon jemand dort war, wo ich laden wollte“, erinnert sich Amir an seine Erfahrung mit dem E-Auto im Gespräch mit der WZ. Ein fehlendes Online-Reservierungssystem für die Ladestellen erschwert die Situation zusätzlich. Die Anschaffung einer Ladestation für den eigenen Wohnort ist kostspielig. Dazu kommt: Wer in innerstädtischen Bezirken oder Wohnhausanlagen lebt, hat in der Regel keine Möglichkeit dazu.
Hinzu kommt die Ladezeit, die eingeplant werden muss. „Es wirkt nicht, als hätte sich hier jemand unseren Alltag überlegt“, erklärt ein Taxi-Fahrer, der sich mit Ende letzten Jahres noch ein neues Hybrid-Auto zugelegt hat. Er möchte so lang wie möglich den Umstieg auf ein reines E-Auto vermeiden. Zu groß ist die Angst, durch lange Ladezeiten Fahrgäste zu verlieren. Eingerechnet werden muss auch die Schwankungsbreite der Ladekosten, die sich aufgrund verschiedener Betreiber ergibt.
Schnellladestationen würden bei diesem Problem Abhilfe schaffen. „Einen durchschnittlichen Arbeitstag können Wiener E-Taxifahrer:innen dadurch problemlos auch ohne Zwischenladung durchführen“, erklärt Wien Energie gegenüber der WZ in einem schriftlichen Statement, die im April den Bau von vier weiteren Schnellladeparks angekündigt hat. Derzeit sind solche in Wien nur an zwei Standorten verfügbar: am Währinger- und am Margaretengürtel.
Ein ambitioniertes Ziel
Die Idee für einen Zulassungsstopp für Verbrenner- oder Hybrid-Taxis ab 2025 findet sich bereits vier Jahre zuvor im „Mobilitätsmasterplan“ des damaligen Klimaschutzministeriums. Dieser „Masterplan“ setzt Maßnahmen für den österreichischen Verkehrssektor mit dem Bestreben, im Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Rechtlich sind die darin gesetzten Ziele nicht bindend. Mit der verpflichtenden Umstellung der Taxiflotten kommt Wien dem zuvor genannten Ziel – als vorerst einziges Bundesland – also freiwillig nach. Dafür wurde eine Änderung an einer bereits bestehenden Rechtsverordnung zur Personenbeförderung vorgenommen. Bereits im Mobilitätsmasterplan wurde die Notwendigkeit einer gewissenhaften Vorbereitung thematisiert: „Diese ambitionierten Ziele erfordern ein Bündel an zusätzlichen Maßnahmen“, heißt es im Dokument unmittelbar nach der Vorstellung einer E-Auto-Offensive für Taxis.
Planung ohne Betroffene
Angelegenheiten des Taxi-Gewerbes in Wien fallen in die Zuständigkeit des Stadtrats für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales – ein Amt, dass seit März interimistisch Christoph Maschek innehat. Maschek zufolge wurden etwaige Probleme, die mit der Umsetzung der neuen Landesverordnung auftreten können, mit entsprechenden Interessensvertretungen bereits im Vorhinein evaluiert. So soll es bereits 2023 Gespräche mit der Wirtschaftskammer Wien (WKW) und der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien (AK) im Rahmen eines Begutachtungsverfahren gegeben haben. In dieser Kombination evaluiere und begleite man als Arbeitsgruppe bereits seit 2021 die Entwicklung der Taxi-Branche, heißt es aus dem Büro Maschek. Auch die Notwendigkeit für einen kontinuierlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur sei dort Thema gewesen.
„Das Thema wurde seinerzeit sehr breit veröffentlicht und auch alle Interessensvertretungen in den Prozess eingebunden“, erklärt Peter Hanke, Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur, gegenüber der WZ in einem schriftlichen Statement. Bevor er heuer dieses Amt übernahm, war er zuständiger Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales in Wien.
Die konkrete Interessensvertretung – also die zuständige Gewerkschaft für das Taxi-Gewerbe – wurde in diese Gespräche allerdings nicht eingebunden. Die Gewerkschaft Vida, die sich für die Interessen der unselbstständig Beschäftigten Taxilenker:innen einsetzt, sowie vidaflex für Selbstständige stehen der Umstellung auf vollelektrische Taxifahrzeuge grundsätzlich positiv gegenüber. Man hätte sich allerdings gewünscht, Teil der Vorgespräche zu sein: „Die Stadtregierung hat es verabsäumt, die Gewerkschaft bereits im Planungsprozess dieser Umstellung miteinzubeziehen“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung gegenüber der WZ. Das hätte zur Folge gehabt, dass Mitglieder zu dieser Zeit über die Details der Umstellung nicht informiert werden konnten. Das habe zu Unsicherheit geführt. Die Gewerkschaften konnten in dem Zusammenhang auch die Verbreitung von falschen Informationen beobachten. So kursierten beispielsweise Gerüchte über Gesundheitsrisiken, die mit der Nutzung von E-Autos einhergehen würden.
Im Vorfeld nicht ausreichend informiert und auf die Umstellung vorbereitet worden zu sein, ist auch der Eindruck von Betroffenen, mit denen im Rahmen des Artikels gesprochen wurde. Einige sollen erstmals durch Bekannte statt über offizielle Wege von der neuen Verordnung gehört haben. Laut Taxi-Innung habe es jedoch seit 2024 immer wieder Informationsveranstaltungen für Taxler:innen gegeben. Sie können sich diese Wahrnehmung nicht erklären.
Infrastruktur-Ausbau schreitet voran
Wie geht es nun weiter? Bereits im Vorjahr wurden einige Lösungsansätze diskutiert. Über den Ausbau von Lade- und Schnellladestationen und Reservierungssystemen hinaus wurde von Seiten des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Wien ein Stufenplan gefordert, der die E-Auto-Verpflichtung für Taxi-Neuzulassungen nochmals verschieben sollte und Hybridfahrzeuge bis 2030 erlaubt, um dem Ausbau der Infrastruktur mehr Zeit zu verschaffen.
Die Stadt Wien betont unterdessen, kontinuierlich Lademöglichkeiten im öffentlichen Raum zu schaffen. In diesem Jahr wurden laut E-Control bereits 134 neue Ladestationen in Wien errichtet. Das Büro Maschek verweist zudem auf die Pläne der Wien Energie, heuer 900 neue Ladestellen zu schaffen. „Ich würde mir wünschen, die Regierung würde nochmal überlegen. Das war zu früh, Wien hat das nicht genügend vorbereitet“, erklärt Amir.
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Infos und Quellen
Genese
WZ-Trainee Katharina Nieschalk hat durch einen Bekannten von den niedrigen Zahlen der Taxi-Neuzulassungen im Jahr 2025 erfahren und hat daraufhin erst mit einem Taxi-Fahrer in ihrem Bekanntenkreis und anschließend mit weiteren unabhängigen Betroffenen gesprochen.
Gesprächspartner:innen
Ein Taxi-Fahrer, der in Wien seit über 10 Jahren in der Branche tätig ist und von der neuen Verordnung betroffen ist. Darüber hinaus wurden noch mit fünf weiteren Fahrern anonym gesprochen.
Die Energie-Control Austria ist eine unabhängige Aufsichts- und Regulierungsbehörde für Strom, Gas und Elektrizität.
Die WKW vertritt die Unternehmer:innen in Wien.
Die Arbeiterkammer Wien vertritt die Interessen der Arbeiter:innen und Arbeitnehmer:innen in der Bundeshauptstadt.
Gewerkschaft Vida ist die Interessensvertretung der unselbständig Beschäftigten Taxilenker:innen in Wien.
Gewerkschaft Vidaflex setzt sich für die Interessen der selbstständigen Lenker:innen ein.
Peter Hanke ist seit März 2025 Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur und war bis dahin Stadtrat für Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales
Alexander Klein arbeitet im Büro von Christoph Maschek, der seit März interimistisch die Position als Stadtrat für Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales übernimmt
Daten & Fakten
In Wien sind 8400 Taxis zugelassene, davon 290 davon sind reine Elektro-Fahrzeuge. Mit April 2025 gibt es in Wien 1483 öffentliche Ladestationen, die über 3540 Ladepunkte verfügen. Derzeit gibt es zwei Schnellladeparks in Wien, die sich jeweils am Währinger- und am Margartengürtel befinden.
Mit der Änderung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 2021 mit 1. Jänner 2021 wurden Bedingungen für Taxi und Mietwagen geschaffen. Ein zentraler Punkt war hier die Schaffung von einheitlichen Bedingungen im Lohnbereich für Taxi- und Bolt/Uber-Fahrer:innen.
Das eTaxi Projekt Austria ist ein Forschungsprojekt von zahlreichen Projektpartnern, u.a. der Wiener Wirtschaftskammer, Wien Energie, Energie Graz, Grazer Energieagentur, Taxi 40100 und Taxi 31300. Die Stadt Wien arbeitet hier auch mit Grazer Firma „Easelink“ zusammen. Zur Nutzung wird am Boden des Fahrzeugs eine Ladefläche benötigt. Aktuell gibt es sieben ausgestatte Taxi-Standplätze in Wien. Standorte befinden sich in der Inneren Stadt (1., Canovagasse 1), der Leopoldstadt (2., Untere Donaustraße), am Alsergrund (9., Porzellangasse) und in Favoriten (10., Quellenstraße). Errichtet und betrieben werden die E-Ladestationen von der Wien Energie
Quellen
Mobilitätsmasterplan 2030 – Neuausrichtung des Mobilitätssektors
Wiener Landesbetriebsordnung für das Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw
Quartalsberichte zum Ladeverzeichnis 2020-2024 - Energie-Control Austria
Das Thema in der WZ
Das Thema in anderen Medien
DerStandard: Ab 2025 müssen alle Taxis E-Autos sein
DerStandard: Wiener Taxler stemmen sich gegen das Verbrenner-Aus
KronenZeitung: E-Taxis ab 2025 - Stockende Umstellung: Handelte Wien zu vorschnell?
Heute: Für Taxis – Verbrenner-Aus in Wien! Neue Regeln ab 1. Jänner
Heute: Taxler "unter Strom" – Verbrenner-Aus ab 2025 – Wiens Taxibranche verzweifelt
MeinBezirk: Regel ab 2025: Wenig Interesse an Umstellung auf E-Autos bei Wiener Taxis - Wien
Kleine Zeitung: Neue Taxis nur mit E-Antrieb: Graz fährt noch nicht auf Wiener Verordnung ab