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Klimaschutz ist für die FPÖ und die ÖVP ein heikles Thema, um das beide Parteien in ihren Verhandlungen aber nicht herumkommen. Wo es Gemeinsamkeiten oder Gegensätzlichkeiten gibt.
Was erwartet den Klimaschutz, wenn die FPÖ regiert? Klimakrise und Klimaschutz sind Wörter, die die FPÖ bisher wenig in den Mund genommen hat. Doch in den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP sind sie definitiv ein Thema. Schließlich geht es hier nicht nur um die Lebensgrundlagen der nächsten Generationen, sondern auch um Geld – und Prestige. Was bedeutet das für Österreichs Klima-Zukunft?
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Klimapolitik der FPÖ: „Positive Anreize statt Verbotswahn“
„Wenn die FPÖ gewinnt, ist das sicher nicht das Ende von Klimaschutzmaßnahmen, aber vermutlich wird es langsamer gehen“, sagte schon Sozialforscher Christoph Hofinger zur WZ. Und ganz danach sieht es jetzt auch aus.
Die FPÖ verfolgt in ihrem Programm eine Linie, die Klimaschutz vor allem auf individuelle Entscheidungen und „Technologieoffenheit“ stützt. Maßnahmen wie das EU-weite Verbot von Verbrenner-Motoren ab 2035 lehnt sie strikt ab, ebenso wie die CO2-Steuer und verpflichtende Gebäudesanierungen. Stattdessen setzt sie auf den Ausbau von Infrastruktur wie Straßen und Autobahnen sowie auf fossile Energieträger als Teil des Energiemixes. „Russisches Gas wird weiterhin einen wichtigen Beitrag zu unserer Versorgungssicherheit leisten. Durch die verantwortungslosen Sanktionen, die einen kontraproduktiven Eingriff in den Markt darstellen, hat sich der Gaspreis vervielfacht“, heißt es im blauen Wahlprogramm.
Die Förderung erneuerbarer Energien wird nur unter dem Vorbehalt begrüßt, dass sie der Wirtschaft nützt. Die FPÖ ist somit gegen EU-Verordnungen in Sachen Klimaschutz und gegen Deadlines jeglicher Art, bis wann etwas zu erreichen ist.
Die Position der ÖVP: Klimaneutralität bis 2040?
Die ÖVP gibt sich in ihrem Programm schon ambitionierter: Klimaneutralität bis 2040 und eine Energiewende, die den Ausbau erneuerbarer Energien massiv vorantreiben soll. Maßnahmen wie das „1-Million-Dächer-Programm“ für Photovoltaikanlagen und die Förderung des Recycling gehören zu den zentralen Punkten.
Gleichzeitig verspricht die ÖVP eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrs, vor allem im ländlichen Raum. Was wird davon bleiben? „Österreich hatte mit der Klimaneutralität 2040 ein ambitionierteres Ziel als die EU, dies könnte unter einer türkis-blauen Regierung wackeln“, sagt Christian Kdolsky von der Zukunftsallianz zur WZ. „Kickl nannte das im Wahlkampf Gold Plating, also das Übererfüllen von Zielen, genauso wie die Wirtschaftskammer in einem geleakten Papier an die ÖVP zu den Dreier-Verhandlungen. Erwartbar ist, dass das nationale Ziel fällt, und eine blau-türkise Regierung sogar eher versucht, das EU-Ziel bis 2050 aufzuweichen“, erklärt er.
Blau-Schwarz: Wo treffen sich die Programme – und wo nicht?
Ein Blick auf beide Programme zeigt: Zwischen den Parteien gibt es zwar Unterschiede, allerdings können diese aufgeweicht werden. Die FPÖ spricht von „grüner Hysterie“, die ÖVP hingegen steht zu den Klimazielen des Pariser Abkommens und will den Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2040 forcieren. Beide Parteien wehren sich gegen das Renaturierungsgesetz, das bis 2026 in nationale Gesetze fließen sollte, und das Aus für Verbrenner-Motoren.
So wie es derzeit aussieht (Verhandlungsstand 16. Jänner 2025) fällt der Klimabonus, die CO2-Steuer dürfte aber – noch – bleiben. „Die CO2-Steuer ist ein wesentliches Element im Klimaschutz. Die FPÖ hat immer dagegen gewettert“, sagt Kdolsky. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien könnte mit dem Abbau von Förderungen ins Stottern geraten.
Was könnte eine blau-schwarze Regierung ändern?
Rücknahme der CO2-Steuer: Die FPÖ will Autofahrer entlasten, während die ÖVP diese Steuer bisher unterstützt hat. Die ÖVP ist aber auch gegen das Verbrenner-Aus. Die CO2-Steuer könnte fallen, der Klimabonus fällt definitiv.
Verbrenner-Verbot: Das Verbrenner-Aus bis 2035 ist auf EU-Ebene beschlossen, und die Mitgliedstaaten müssen es national umsetzen. Es gibt von diversen rechten und konservativen Fraktionen aber Bestrebungen, dieses Aus zu kippen.
Infrastruktur: Autobahnprojekte könnten wieder stärker forciert werden, was im Widerspruch zu Klimazielen steht.
Versprechen ohne Basis? Rechtsbrüche und EU-Vorgaben
Einige Punkte der FPÖ könnten sich in der Realität schwer umsetzen lassen. So ist der Widerstand gegen das EU-weite Verbrenner-Verbot ab 2035 kaum haltbar, da es sich um eine verbindliche EU-Regelung handelt. Ähnlich verhält es sich mit dem Renaturierungsgesetz: Sollte Österreich sich hier verweigern, drohen Vertragsverletzungsverfahren.
Was zeigt der Blick in die Bundesländer?
Dort, wo die FPÖ bereits in Landesregierungen sitzt, ist die Bilanz beim Klimaschutz durchwachsen. In Kärnten oder dem Burgenland wurden Klimaschutzmaßnahmen oft zugunsten wirtschaftlicher Interessen verzögert. In Kärnten zuletzt „zum Schutz der Natur“: In einer Volksbefragung sprach sich die Mehrheit gegen neue Windräder aus.
Was bedeutet das für junge Menschen?
Während die FPÖ auf Eigenverantwortung und Technologieoffenheit setzt, verfolgt die ÖVP langfristige Ziele wie die Klimaneutralität. In einer blau-schwarzen Koalition könnten ambitionierte Maßnahmen wie etwa der Ausbau von Windrädern fallen. Bereits bekannt wurde, dass 20 Prozent der Umweltförderungen in einer neuen Regierung gekürzt werden sollen. Auch Steuerbegünstigungen für Photovoltaikanlagen und E-Autos sollen fallen.
Für die Generation zwischen 20 bis 30, die die Klimakrise am stärksten spüren wird, könnte das bedeuten: weniger Förderung erneuerbarer Energien, Verzögerungen beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien und ein schwieriger Kampf, Österreichs Klimaziele zu erreichen.
Was bleibt?
Eine mögliche blau-schwarze Regierung stellt die Weichen für die Klimapolitik der nächsten Jahre – und damit auch für die Zukunft der jungen Generation. Die Frage bleibt: Gehen wir mutige Schritte, oder drehen wir den Klimaschutz zurück? „Wir erwarten, dass die Klimaagenden unter einer blau-türkisen Regierung auf mehrere Ministerien zerschlagen werden“, zeigt sich Kdolsky pessimistisch. Es wäre in jedem Fall ein deutliches Zeichen, wenn es kein eigenes Umweltministerium mehr gibt.
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Infos und Quellen
Genese
Welche Forderungen der bevorstehenden Koalition sind tatsächlich realistisch durchsetzbar? Diese Frage hat sich die WZ-Redaktion gestellt und Themenbereiche verteilt.
Gesprächspartner:innen
Christian Kdolsky, Sprecher der Zukunftsallianz (eine Initiative des Klimavolksbegehren)
Christoph Hofinger, Sozialforscher
Daten und Fakten
Die FPÖ hat im Sommer die EU-Wahl mit 25,4 Prozent der Stimmen gewonnen. Es folgte die ÖVP mit 24,5 Prozent, dann die SPÖ mit 23,2 Prozent. Die Grünen erhielten 11,1 Prozent, die Neos 10,1 Prozent. Bei der Nationalratswahl fiel der Sieg der FPÖ deutlicher aus: Die Freiheitlichen errangen 28,85 Prozent, die ÖVP 26,7 Prozent und die SPÖ 21,14 Prozent. Es folgen die Neos mit 9,14 Prozent und die Grünen mit 8,24 Prozent. Eine Koalition der ÖVP mit der SPÖ hätte einen ganz knappen Überhang von einem Mandat gehabt. FPÖ und ÖVP haben mit 108 Sitzen eine komfortable Mehrheit.
Quellen
Europäisches Parlament: Ergebnisse der Europawahl 2024