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Blühende Förderlandschaften

5 Min
Georg Renner schreibt jede Woche einen sachpolitischen Newsletter. Am Samstag könnt ihr den Beitrag online nachlesen.
© Fotocredit: Georg Renner

Wie hat sich die Förderlandschaft der Republik in den letzten Jahren entwickelt?


Ich habe an dieser Stelle bereits über Bundes-Förderungen geschrieben, die die ÖVP Anfang des Jahres gerne kürzen wollte. Eine Idee, die sie diese Woche wiederholt hat – um ihre Ideen von der Entlastung der Einkommen, Streichung der Lohnnebenkosten, Vollzeitboni usw. zu finanzieren, will sie in der nächsten Legislaturperiode rund 14,5 Milliarden Euro pro Jahr aufstellen, heißt es in einem vor ein paar Tagen an Medien verteilten Papier; eben vier Milliarden Euro im Jahr sollen aus der Kürzung von Förderungen kommen. Damit ist die Volkspartei nicht allein: Praktisch alle Parteien geloben in ihren Programmen, die Förderungen nach weniger sinnvollen durchforsten und gegebenenfalls ausholzen zu wollen.

Ich lasse jetzt einmal beiseite, dass wir aufgrund unserer prekären Budgetsituation bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode so oder so das Defizit der Republik um rund zehn Milliarden Euro reduzieren werden müssen, um die EU-Finanzvorgaben einzuhalten.

Stattdessen können wir uns heute anschauen, wie sich die Förderlandschaft der Republik in den vergangenen Jahren so entwickelt hat – der Budgetdienst des Parlaments hat nämlich gerade eine interessante Analyse dazu vorgelegt. Und zwar mit – für mich – doch überraschenden Ergebnissen, wenn man bedenkt, dass schon im Wahlkampf 2019 der Rückbau von Förderungen ein Gassenhauer war; unter anderem im Programm eines gewissen Sebastian Kurz.

Bevor wir uns anschauen, was dann tatsächlich passiert ist, kurz ein paar Begrifflichkeiten:

  • Direkte Förderungen sind solche, bei denen die Republik jemandem konkret Geld in die Hand drückt – der Investitionszuschuss für eine PV-Anlage, die Entwicklungsförderung für innovative Industrien, die Unterstützung für Landwirt:innen, die ihren Wald ökologisch aufforsten, usw.

  • Indirekte Förderungen sind dagegen welche, bei denen die Republik auf Geld verzichtet, indem sie zum Beispiel auf bestimmte Dinge und Aktivitäten weniger Steuern einhebt. Hier gehört das vor kurzem besprochene Dieselprivileg dazu, genauso wie die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Lebensmittel usw.

Der Budgetdienst hat sich jetzt angesehen, wie sich diese einzelnen Posten seit 2017 (den Zeitraum hat der die Auswertung beantragende SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer vorgegeben, sicher nicht zufällig just ab jenem Jahr, ab dem die SPÖ nicht mehr an der Macht war) entwickelt haben.

Dabei hat er auch die diversen Covid-Krisenmaßnahmen und die Energiekrise herausgerechnet, jene gegen die Wohnbaukrise hat noch nicht ins Budget Einzug gehalten und blieb damit ebenfalls außen vor.

Hier sehen wir, wie sich die direkten Förderungen seit 2017 nominal entwickelt haben:

Achtung: Während die älteren Zahlen auf Rechnungsabschlüssen des Bundes basieren, stammen jene für das laufende Jahr noch aus dem Budgetvoranschlag – ob sie sich tatsächlich so manifestieren, werden wir in etwas weniger als einem Jahr wissen. Wenn es aber so kommt, sehen wir, dass die Ausgaben der Republik für direkte Förderungen sich seit 2017 fast verdoppelt haben, von 5,9 auf 11,4 Milliarden Euro – und zwar noch ohne Einrechnung von Corona- und Energiekrisen-Maßnahmen.

Eine Steigerung von 93 Prozent also. Mit der Inflation lässt sich das nur zum Teil erklären – die beträgt seit 2017 rund 33 Prozent. In welchen Bereichen sind die Ausgaben für die direkten Förderungen besonders gewachsen?

Den stärksten prozentuellen Zuwachs an Fördervolumen hat das Finanzministerium zu verzeichnen – das liegt praktisch ausschließlich an dem dort ressortierenden Breitbandausbau, der statt mit 41 Millionen Euro 2017 heuer mit 412 Millionen Euro unterstützt werden soll. Auch in absoluten Zahlen den massivsten Ausbau hat – angesichts der grünen Regierungsbeteiligung wenig überraschend – das Klima- und Umweltressort erlebt, wo die direkten Förderungen von zwischen 2017 und 2020 meist um die 500 Millionen Euro auf knapp unter drei Milliarden Euro hinaufgeschossen sind.

Hier die Tabelle mit den Maßnahmen des Ressorts – und wie sich die Zahlen dort entwickelt haben:

Renner
© Screenshot

Wir sehen: Der größte Posten ist dort die „Grüne Transformation Gebäudesektor“, worunter vor allem die Förderungen „Sanierungsbonus“ und „Raus aus Öl und Gas“ fallen.

Dass der Umwelt- und Klimasektor mittlerweile das größte Fördervolumen hat, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Summen sich über alle Ressorts hinaus vergrößert haben – die Detailliste findest du auf den Seiten 19 und 20 des Berichts.

Schauen wir uns zum Vergleich noch die Entwicklung der indirekten Förderungen an – auch hier ohne dezidierte Krisenmaßnahmen, allerdings mangels belastbarer Zahlen für 2023 und 2024 nur bis 2022:

Dieser – weit bescheidenere – Anstieg bei den Summen, auf die der Staat förderungshalber verzichtet, geht vor allem auf die Einführung neuer Absetzbeträge (besonders den „Familienbonus Plus“) und die Erhöhung bestehender Absetzmöglichkeiten (wie den Pensionistenabsetzbetrag) zurück.

Zusammengefasst: In den vergangenen sieben Jahren waren Politiker:innen sehr kreativ in der Ausweitung bestehender bzw. Erfindung neuer Förderungen. Wenn das zurückgefahren werden soll, wird sich die Frage stellen, wo man den Sparstift ansetzt – die Liste, die der Budgetdienst da angesetzt hat, könnte eine Orientierung sein. Ich würde aber nicht darauf wetten, dass wir vor der Wahl noch erfahren werden, wo hier genau gekürzt werden soll. Es könnte ja am Ende bei den Wähler:innen sein.


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Infos und Quellen

Genese

Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.

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