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Das jüngste und älteste Bundesland wählt

4 Min
Georg Renner schreibt jede Woche einen sachpolitischen Newsletter. Am Samstag könnt ihr den Beitrag online nachlesen.
© Fotocredit: Georg Renner

Georg Renner über die Landtagswahl im Burgenland.


Am Sonntag wählt das Burgenland einen neuen Landtag, und weil das auch schon vor den Wahlen im Bund und in der Steiermark auf beträchtliches Interesse gestoßen ist, hier ein paar Worte zur Ausgangslage – keine Sorge, wir kehren kommende Woche zum sachpolitischen Programm auf Bundesebene zurück, bis dahin sollten auch mehr Details zum avisierten blau-schwarzen Sparpaket bekannt sein als nur ein paar Überschriften.

Politische Ausgangslage

Fangen wir mit der politischen Ausgangslage an: Nachdem die FPÖ nach Erscheinen des Ibiza-Videos im Mai 2019 geschwächt war, erklärten nicht nur Sebastian Kurz und seine ÖVP im Bund das Ende der Koalition mit den Freiheitlichen, sondern auch Landeshauptmann und SPÖ-Landeschef Hans Peter Doskozil im Burgenland. Es sollte zwar noch ein Dreivierteljahr dauern, bis die vorgezogene Neuwahl des Landtags stattfinden sollte (am Ende fand sie nur vier Monate früher statt als ohnehin geplant), aber für Doskozil hat sich das Manöver damals ausgezahlt:

Doskozils Sozialdemokraten gewannen – vor allem auf Kosten der FPÖ unter ihrem bisherigen Vize Johann Tschürtz – acht Prozentpunkte dazu. Weil Kleinparteien wie die „Liste Burgenland“ und die Neos nicht genug Stimmen zum Einzug in den Landtag bekamen, heißt das für die SPÖ seither: absolute Mehrheit, sie brauchte die vergangenen fünf Jahre über mit 19 von 36 Sitzen keinen Koalitionspartner.

Am Sonntag werden die Wähler:innen entscheiden, ob das so weitergeht, ob Doskozil künftig wieder einen Regierungspartner braucht oder ob FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer vielleicht sogar an der Spitze einer Koalition aus zweit- und drittstärkster Partei (FPÖ und ÖVP) die rote Vorherrschaft brechen könnte. Die einzige halbwegs belastbare Umfrage – IFDD für die Lokalzeitung BVZ – ist mehr als einen Monat alt, stammt also noch aus der Zeit vor Ende der Dreierverhandlungen im Bund und sah die SPÖ weiterhin mit intakter Chance auf die Absolute. Ob sich das seither geändert hat? Sehen wir am Sonntag.

Doskonomics

Worüber in der Sache abgestimmt wird: Unter der scherzhaften Betitelung „Doskonomics“ hat die SPÖ in den vergangenen fünf Jahren die Rolle der öffentlichen Hand in der Wirtschaft im Land auf Steuerkosten stark aufgepumpt. „Die sogenann­ten Doskonomics zielen nicht direkt darauf ab, Wachstum zu erzeugen, sondern durch eine sehr proaktive Rolle des Staates auf Lebensqualität“, hat Wifo-Forscher Oliver Fritz dazu vor kurzem in der „Presse“ erklärt.

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Ein Kopf auf gelbem Hintergrund

Einfach Politik.

Innenpolitik-Journalist Georg Renner über Österreichs Politiklandschaft.

Jeden Donnerstag

Zu diesem Programm zählen neben der Anstellung pflegender Angehöriger beim Land, einem öffentlichen Pflegemodell, das profitorientierte Unternehmen ausschließt, und einem Mindestlohn im Landesdienst auch die Beteiligung des Landes an zahlreichen privaten Betrieben von der Therme bis zur Planung einer landeseigenen Bio-Molkerei.

Finanziert wird das Ganze aus einem Landesbudget, das, vorsichtig gesagt, mit Transparenz und Details nicht gerade übertreibt – was die Opposition zuletzt auch mehrfach eingemahnt hat. Auf seiner Website rühmt sich das Land jedenfalls, eine österreichweit verdächtig niedrige Neuverschuldung einzuplanen – 50 Millionen Euro bei einem 2025er-Budget von etwa 1,9 Milliarden Euro.

Neuverschuldung Bundesländer
© Screenshot

Das stimmt zwar, dürfte aber auch damit zu tun haben, dass die Gemeinden des Landes dafür viel höhere Schulden machen. Nirgendwo in Österreich sonst ist das Minus der Kommunen des Landes im Vergleich zu deren Einnahmen so hoch wie im Burgenland. Einzelne Bürgermeister proben dagegen den Aufstand: Das Land behalte viel Geld ein, das eigentlich den Gemeinden zustünde, erklärt etwa ein ÖVP-Bürgermeister im „Falter“.

Ein letztes Detail zum Burgenland, das, als letztes zu Österreich gestoßenes, immer als „das jüngste Bundesland“ tituliert wird: Das Land hat den höchsten Altersschnitt aller neun Länder – mit 46,3 ist der/die Durchschnitts-Burgenländer:in satte fünf Jahre älter als sein/ihr Pendant in Wien – ein Ergebnis starker Abwanderung jüngerer aus und Zuwanderung älterer Menschen in das Burgenland. Wohl auch mit ein Grund, dass hier Sozial- und Pflegefragen eine größere Rolle spielen als anderswo in der Republik.


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Infos und Quellen

Genese

Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.

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