Zum Hauptinhalt springen

Das neue EU-USA-Handelsabkommen sorgt für Ärger

3 Min
In "Ökonowie" schreibt Elisabeth Oberndorfer wöchentlich, was im Wirtschaftsstandort Österreich so vor sich geht.
© Illustration: WZ / Katharina Wieser, Assets: Adobe Stock;

15 Prozent statt durchschnittlich ein Prozent Importzölle und Investitionen in Milliardenhöhe: Die EU hat sich in einer vorläufigen Einigung zu einer starken Handelspartnerschaft mit den USA bekannt. Nicht alle sehen das als Erfolg.


    • USA und EU einigen sich auf 15 % Importzölle für EU-Waren, strategische Güter sind ausgenommen.
    • EU verzichtet auf Gegenzölle und investiert 600 Mrd. USD sowie 750 Mrd. USD für US-Energieimporte.
    • Die Europäische Industrie kritisiert die hohen Zölle, besonders auf Stahl und Aluminium, als wirtschaftlich nachteilig.
    • Geplante US-Zölle ab 1. August: 30 % auf EU-Waren, nun auf 15 % reduziert
    • Ausnahmen: „Strategische Produkte“ wie Flugzeugteile und bestimmte Chemikalien, Stahl und Aluminium weiter bei 50 %
    • EU-Importe aus USA: 750 Milliarden USD für Energie in 3 Jahren
    • Zusätzliche EU-Investitionen in den US-Standort: 600 Milliarden USD
    Mehr dazu in den Infos & Quellen

„Biggest deal ever“, so bezeichnete US-Präsident Donald Trump seine Einigung mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am vergangenen Sonntag, wenige Tage vor Ablauf der nächsten Frist im Zollstreit. Am 1. August wollte die Trump-Regierung 30 Prozent Zoll auf Wareneinfuhren aus der EU erheben, zumindest drohte sie das an. Die EU reagierte auf den seit Beginn des Jahres andauernden Handelskonflikt ebenfalls mit Drohungen über teure Gegenmaßnahmen. Davon ist jetzt nichts mehr übrig.

15 Prozent auf fast alles aus der EU

Die beiden Wirtschaftsmächte, die wie vor einiger Zeit schon beschrieben eine der wichtigsten Handelsbeziehungen der Welt haben, haben sich auf folgende Konditionen geeinigt: Auf Waren, die von der EU in die USA geliefert werden, werden künftig Importzölle in Höhe von 15 Prozent erhoben. Davon ausgenommen sind „strategische Produkte“, zu denen die EU-Kommission in einer Stellungnahme unter anderem Flugzeugteile und bestimmte Chemikalien zählt. Details dazu fehlen noch. Die Kommission betont jedoch, dass sie die Liste der „Zero-for-Zero“-Zölle noch erweitern möchte. Eine weitere Ausnahme betrifft Stahl und Aluminium, auf die weiterhin eine Einfuhrsteuer von 50 Prozent erhoben wird. Trump hatte diesen Steuersatz im Juni eingeführt. Auch hier deutet von der Leyen an, noch weiter verhandeln zu wollen.

Energie und Technologie aus den USA

Im Gegenzug wird die EU keine neuen Importzölle auf Waren aus den USA einführen. Im Gegenteil: Sie hat sich zu neuen Investitionen bekannt. So soll die Union in den nächsten drei Jahren Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar aus den Vereinigten Staaten importieren und zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar in den Standort investieren. Konkret hebt die EU-Kommission hervor, dass sie Chips zum Betrieb von KI-Rechenzentren von US-Herstellern importieren werde.

Bei näherer Betrachtung erscheint die Einigung also sehr einseitig. Zwar sind 15 Prozent nur die Hälfte der angedrohten 30-prozentigen Importzölle. Doch vor Trumps zweiter Amtszeit gab es keinen einheitlichen Importsteuersatz für Waren aus der EU, sondern unterschiedliche Gebühren für verschiedene Warengruppen – und diese waren deutlich niedriger. Fasst man den gesamten Warenhandel zusammen, so lag der durchschnittliche Zollsatz laut Informationen der EU-Kommission davor bei einem Prozent.

Europäische Industrie kritisiert den Deal

Die Reaktionen auf den Deal sind unterschiedlich: Während in den USA nach der Einigung die Aktienkurse stiegen, kritisiert in Europa vor allem die Industrie das Vorgehen der USA. Die österreichische Industriellenvereinigung spricht in einer Aussendung von einem „schmerzlichen Kompromiss mit neuen Herausforderungen“. Besonders problematisch seien die hohen Importzölle auf Aluminium und Stahl, laut der Interessensvertretung belaufen sich die Ausfuhren in die USA in diesem Bereich bei einer Milliarde Euro. In Deutschland kommt die Kritik am Deal unter anderem aus der Auto- und Pharmabranche. Die Einigung werde den Handel zwischen den USA und der EU dämpfen, analysiert Ökonom Harald Oberhofer wenige Stunden nach dem gemeinsamen Auftritt von Trump und von der Leyen in der ZiB 2. Aufgrund der Unberechenbarkeit des US-Präsidenten sei es auch nicht unbedingt eine Lösung des Handelsstreits.

Wie sich die neuen Importzölle tatsächlich auf unsere Wirtschaft auswirken werden, wird erst dann berechenbar, wenn das abgesegnete Handelsabkommen tatsächlich vorliegt. Die Kommissionspräsidentin bezeichnete die Einigung als Rahmen, die Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen und die Details vereinbart werden. So sickerte am Montag durch, dass die EU offenbar die Zölle auf Autos aus den USA von 10 auf 2,5 Prozent senken könnte.


Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen, dir ist ein Fehler aufgefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.


Infos und Quellen

Daten und Fakten

  • US-Präsident Donald Trump hatte der EU in den vergangenen Monaten mit Importzöllen in Höhe von 30 bis 50 Prozent gedroht.
  • Wenige Tage vor Ende der von der US-Regierung bestimmten Frist einigte sich Trump mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einen allgemeinen Steuersatz von 15 Prozent, für Stahl und Aluminium 50 Prozent. Für einige Warenkategorien wurden Zollbefreiungen vereinbart.
  • Vor der Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und der EU lag der durchschnittliche Zollsatz auf beiden Seiten bei rund 1 Prozent.
  • Die Einigung zwischen der EU-Kommission und den USA muss noch zu einem fertigen Handelsabkommen ausverhandelt werden.

Quellen

Das Thema in anderen Medien

ORF: ZIB 2 vom 27.07.2025

Ähnliche Inhalte