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Der Antisemit, der Wien prägte

Genese 

Der Geschichtsunterricht der Mittelschule vermittelte Edwin Baumgartner eine rein positive Darstellung Karl Luegers. Erst, als sich Baumgartner in Zusammenhang mit Richard Wagner mit anderen Wegbereitern Adolf Hitlers befasste, erhielt das Bild Luegers Kratzer. Sie reichten aus, dass Baumgartner die Person Luegers genauer unter die Lupe nahm. Seither bemüht er sich um die objektive Darstellung eines Politikers, in dessen Denken und Handeln kommunalpolitischer Weitblick mit einer in höchstem Maße abzulehnenden Ideologie verbunden ist.

Gesprächspartnerin 

Eunike de Wilde ist Pressesprecherin der Wiener Linien und zweite Pressesprecherin der Caritas, wo sie zuvor Mitarbeiterin der Innovationsabteilung war.

Daten und Fakten 

  • Der Versuch, Karl Luegers Antisemitismus als den zeittypischen Salonantisemitismus kleinzureden, scheitert an den Tatsachen: Einerseits war der Salonantisemitismus keineswegs ungefährlich, denn er verstärkte antijüdische Klischees und trug sie in alle Gesellschaftsschichten; andererseits zeugen Aussagen Luegers von einem weit über gedankenlose Konversation hinausgehenden Antisemitismus. So bekannte sich Lueger ab 1887 öffentlich zum Antisemitismus, den er als Teil seines politischen Programms verstand. Seiner Auffassung nach wurde der Kapitalmarkt von „Geldjuden“ gelenkt, Zuwanderer bezeichnete er als „Betteljuden“ und ihm gegenüber kritische Journalisten als „Tintenjuden“ und Juden allgemein als „Raubtiere in Menschengestalt”. Lueger kritisierte sogar die katholische Kirche: Sie verhalte sich zu zahm gegenüber dem „Gottesmördervolk”. 

  • Unter dem Salonantisemitismus versteht man gemeinhin antisemitische Äußerungen in einem Kreis von Freunden, Bekannten, zumeist in den gehobenen Gesellschaftsschichten (nämlich in jenen, die sich in Salons begegneten), die mit antijüdischen Klischees spielten. Charakteristisch für den Salonantisemitismus war, Juden skrupellose Geschäfte, mehr oder minder unredlich erworbenes Vermögen, Einfluss auf die Presse und dergleichen zu unterstellen. Solche antisemitischen Äußerungen galten als gesellschaftsfähig. Obwohl sie die Basis des radikalen gewaltbereiten Antisemitismus’ waren (und sind), werden sie bisweilen als harmlos eingestuft. 

  • Am 5. Juni 2012 benannte der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft den vor der Universität Wien gelegenen Abschnitt der Wiener Ringstraße von Dr.-Karl-Lueger-Ring in Universitätsring um. Der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) verstand das als ein Zeichen für einen „differenzierten Umgang” mit Lueger.

  • Im Juli 2012 wurden die neuen Straßentafeln angebracht. Das Straßenschild mit der Aufschrift „Dr.-Karl-Lueger-Ring", das an der Universität angebracht gewesen war, wurde dem Wiener Jüdischen Museum übergeben und ist in dessen permanenter Ausstellung „Unsere Stadt” zu sehen. 

  • Im Zuge der Diskussionen über die Umbenennung des „Dr.-Karl-Lueger-Ring" in „Universitätsring" stellte die Wiener Stadtverwaltung klar, dass der Dr.-Karl-Lueger-Platz, auf dem das umstrittene Denkmal steht, seinen Namen behält.

Quellen 

  • Aus dem Archiv der Wiener Zeitung, Wiener-Zeitung-Beilage Abendpost vom 29. Oktober 1895, Seite 3, aus Dr. Karl Luegers Rede nach der Wahl: „Bei den letzten Wahlen hat nicht eine Partei gesiegt, sondern das ganze christliche Volk hat den Sieg über seine Feinde errungen. […] Das Volk von Wien will, daß in den Schulen christlicher und nationaler Geist walte, daß die Kinder von Männern ihres Standes und Glaubens unterrichtet, daß den Kindern in den Schulen die Liebe zu ihrer Nation, zu ihrem Glauben und zu ihrem Vaterlande Oesterreich eingeprägt werde.“

  • Aus dem Archiv der Wiener Zeitung, Wiener-Zeitung-Beilage Abendpost vom 13. November 1895 Seite2f, K. k. Bezirkshauptmann Erich Graf von Kielmansegg am 12. November: „Sollte der Wiener Gemeinderath bei der am 13. November 1895 stattfindenden Bürgermeisterwahl den Gemeinderath Dr. Karl Lueger, dessen erste Wahl seine k. u. k. Apostolische Majestät mit der Allerhöchsten Entschließung vom 9. November 1895 nicht zu bestätigen geruht haben, neuerlich zum Bürgermeister erwählen und sich dadurch mit der Allerhöchsten Willensmeinung in Widerspruch setzen, so sind der Herr Bezirkshauptmann ermächtigt, in meinem Namen die Auflösung des Wiener Gemeinderathes gemäß des § 101 des Gemeindestatutes sofort in offener Sitzung auszusprechen.“

  • Aus dem Archiv der Wiener Zeitung, Wiener-Zeitung-Beilage Abendpost vom 20. April 1897, Seite 4: „Heute Vormittags um 9 Uhr fand die Beeidigung des neugewählten Bürgermeisters Dr. Karl Lueger statt.“

  • Jüdische Allgemeine: „Franz Joseph, der Gerechte“ 

  •  Jüdisches Museum Wien

  •  Wien Museum: Raubtiere in Menschengestalt 

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