Facebook ist 20: Aus dem Studentenprojekt wurde ein Weltkonzern. Doch aus dem einstigen Freundes-Netzwerk entwickelte sich eine Plattform für Desinformation und Hetze. Was ist falsch gelaufen?
Es wird gechattet, gepostet, geteilt und vor allem geliked. Seit 20 Jahren beginnt und endet für viele Österreicher:innen der Tag mit dem Klick auf das blaue F. Immerhin gibt es hierzulande aktuell rund fünf Millionen Facebook-Nutzer:innen. Das entspricht einem Anteil von rund 56 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Im Februar jährt sich die Entstehung des digitalen Freundschaftsalbums, das zum größten und einflussreichsten sozialen Netzwerk der Welt werden sollte, zum 20. Mal. Aus diesem Anlass fragt die WZ bei Tobias Dienlin, Assistenz-Professor für Interaktive Kommunikation am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Wien, nach, wie Facebook zu einem Ort der Verbreitung von Fake-News und Hetze werden konnte, weshalb der Dislike-Button abgeschafft wurde und warum es mit dem Datenschutz nicht klappt.
- Mehr für dich: Die Graffiti-Szene hat ein Geschlecht
Desinformation und Propaganda sind so alt wie die Medien selbst.Tobias Dienlin
Mehr Tipps fürs Hören, Sehen und Lesen in unserem Newsletter. Melde dich hier an:
)
WZ Weekly
Einblicke in die WZ-Redaktion. Ohne Blabla.
Nur über die richtige Online-Kommunikation bringt man Leute nicht an die Urne.Tobias Dienlin
Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen, dir ist ein Fehler aufgefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.
Infos und Quellen
Gesprächspartner
Tobias Dienlin ist seit September 2020 am Institut für Kommunikationswissenschaft als Assistenz-Professor für Interaktive Kommunikation tätig. Zuvor arbeitete er an der Universität Hohenheim, wo er 2017 zum Thema „The Psychology of Privacy“ promovierte. Von 2006 bis 2012 studierte Dienlin Psychologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Ferner reiste er für Forschungsaufenthalte an die Ohio State University in Columbus und an die University of California in Santa Barbara. Während der Promotion wurde Dienlin als Promotionsstipendiat von der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert. Inhaltlich forscht er rund um das Thema Privatheit und Wohlbefinden im Kontext der Nutzung neuer sozialer Medien. Als Querschnittsthema interessiert sich Dienlin ebenso für den Bereich Open Science. Der Wissenschaftler ist gefragter Experte etwa beim ORF, Deutschlandfunk, Deutsche Welle, WDR, SWR, MDR und zahlreichen weiteren Medien.
Daten und Fakten
- 2003 entwickelte der neunzehnjährige Mark Zuckerberg während seines Psychologie- und Informatik-Studiums die Internetseite facemash.com, den Vorgänger von Facebook. Auf der Seite ließ Zuckerberg die User:innen über Fotos von Studentinnen abstimmen, welche die Hübschere sei − ohne Zustimmung der Frauen. Aufgrund von heftigen Protesten wurde die Seite gelöscht. Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Eduardo Saverin, Dustin Moskovitz und Chris Hughes kreierte Zuckerberg die Plattform Facebook. Die Firma besteht offiziell seit dem 4. Februar 2004. Damit war Facebook nicht der Pionier in Sachen Social Media, denn 2002 und 2003 starteten bereits Friendster, LinkedIn und Myspace ihre populären Plattformen. In den Jahren 1995 bis 1997 legten zudem schon classmates.com und Sixdegrees den Grundstein für die digitale Verknüpfung der Menschen. Die Nutzer:innenzahlen bei Facebook entwickelten sich rasant. 2011 hatte es rund 800 Millionen Mitglieder; die Milliarden-Marke wurde etwa 2013 erreicht.
- Am 28. Oktober 2021 wurde aus Facebook Meta Platforms Inc. (ehemals Facebook Inc.). Dazu gehören neben Facebook, Instagram und WhatsApp auch Oculus (Virtual Reality), Workplace, Portal und Portal+ (Smart Speaker) sowie Novi (Digitales Portemonnaie). Zuletzt griffen 3,98 Milliarden Nutzer:innen mindestens einmal im Monat auf eine von Metas Apps zu − und 3,19 Milliarden sogar täglich. Beim Flaggschiff Facebook waren es gut drei Milliarden Nutzer:innen monatlich und 2,11 Milliarden jeden Tag.
- Das Unternehmen hinter dem sozialen Netzwerk zählt mit einem Börsenwert von 341 Milliarden US-Dollar zudem zu den wertvollsten Internetunternehmen weltweit (Stand: Jänner 2023).
- Facebook stand von Beginn an in zahlreichen Ländern wegen seiner Datenschutzpraktiken in der Kritik. Speziell Verstöße gegen das Datenschutzrecht wurden mehrfach angemahnt. So geriet beispielsweise der von Facebook für die Anbieter:innen anderer Websites bereitgestellte Like-Button im Sommer 2011 in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass beim Besuch von Seiten, auf denen sich dieses Plug-in befindet, automatisch ein zwei Jahre lang gültiges Cookie ausgelesen wird, das dem/der Nutzer:in ohne seine/ihre Zustimmung vorher beim Anschauen von Facebook-Seiten auf seinen/ihren Computer übertragen wurde.
- Außerdem gab es im Jahr 2011 ein Datenleck: Das soziale Netzwerk hat Werbekund:innen versehentlich Zugriff auf sensible Daten seiner Nutzer:innen gewährt. Einzelne Anwendungen auf Facebook ermöglichten Unbefugten Zugriff auf Nutzer:innenprofile, Fotos und Online-Konversationen.
- Nach der US-Präsidentschaftswahl 2016 geriet das Kontaktnetzwerk im Zusammenhang mit der Verbreitung von Falschmeldungen (Fake-News) in die Kritik.
Quellen
- Napoleoncat.com: Facebook users in Austria
- Statista.com: Aus Facebook wird Meta
- Psylex.de: Facebook
- Correctiv.org: Geheimplan gegen Deutschland
Das Thema in anderen Medien
- Welt.de: So wirken sich Facebook & Co. auf deine Psyche aus
- Süddeutsche.de: Ich wünschte, ich wäre wie die (Paywall)
- Wort.lu: Mark Zuckerberg ging vor 20 Jahren mit Facebook online
- Der Standard: Wie eine blaue Website die Welt veränderte
- Focus.de: Dieses Bedürfnis befriedigt Facebooks Like-Button