Genese
Zum ersten Mal hat WZ-Redakteurin Petra Tempfer 2014 mit Alex Jürgen gesprochen. Nun hat sie noch einmal nachgefragt, was sich im Leben der intersexuellen Person Alex verändert oder verbessert hat. Das ist einiges: Beim Thema LGBTIQA+ scheint viel weitergegangen zu sein, und selbst die politischen Parteien im Parlament sind aufgesprungen. Aber ist das schon genug? Ist die Gesellschaft nicht mehr nur auf Mann oder Frau gepolt? Petra Tempfer hat bei Politiker:innen und Personen aus der LGBTIQA+-Community nachgefragt.
Gesprächspartner:innen
Alex Jürgen wurde 1976 als intergeschlechtliches (intersexuelles) Kind geboren. 2018 wurde Alex zur ersten Person Österreichs, die in der Geburtsurkunde und im Reisepass bei Geschlecht ein „X“ stehen hat: Der Verfassungsgerichtshof, an den sich Alex gewandt hatte, hat damals festgestellt, dass Menschen, deren Geschlecht nicht eindeutig männlich oder weiblich ist, ein Recht auf eine entsprechende Eintragung im Personenstandsregister und in Urkunden haben.
Gabriele Rothuber ist Inter*-Beauftragte der HOSI Salzburg und bietet als Leiterin der „Fachstelle Selbstbewusst“ sexualpädagogische Workshops an Schulen an.
Nico Marchetti ist Nationalratsabgeordneter und Sprecher für Student:innen und Schüler:innen der ÖVP.
Mario Lindner ist Nationalratsabgeordneter und Sprecher für Gleichbehandlung, Diversität und LGBTIQ der SPÖ.
Ewa Ernst-Dziedzic ist Nationalratsabgeordnete und Sprecherin für Außenpolitik, Migration, Menschenrechte und LGBTIQ+ der Grünen.
Yannick Shetty ist Nationalratsabgeordneter und Sprecher für Jugend, Integration, Sport, LGBTIQ+, nachhaltige Entwicklung (SDG) und Lehre der Neos.
Die LGBTIQ-Intergroup kann im Gegensatz zum parlamentarischen Ausschuss keine Anträge beschließen. Sie kann eine Handlungsempfehlung ans Parlament aussprechen. Diese ist allerdings nicht bindend.
Daten und Fakten
LGBTIQA+ steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex, Queer, Asexual sowie alle weitere, die nicht unter den Genannten sind.
Sexuelle Orientierung: Diese beschreibt, zu Menschen welchen Geschlechts bzw. welcher Geschlechter sich jemand emotional, körperlich und/oder sexuell hingezogen fühlt - etwa homo-/bi-/heterosexuell.
Transidentität: Diese liegt vor, wenn die Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht übereinstimmt.
Genderdysphorie: Ein Gefühl des körperlichen oder sozialen Unwohlseins durch Transidentität.
Nichtbinär: Dieser Überbegriff umfasst alle Menschen, die sich weder männlich noch weiblich verorten.
Intergeschlechtlichkeit (Intersexualität): Intergeschlechtliche (intersexuelle) Menschen werden mit Genitalien geboren oder besitzen Geschlechtsmerkmale chromosomaler, anatomischer und/oder hormoneller Natur, die nicht den „klassischen Idealen“ eines rein männlichen oder weiblichen Körpers entsprechen.
Etwa zwei von 1.000 Neugeborenen kommen ohne eindeutige Geschlechtsmerkmale zur Welt. Deren Intergeschlechtlichkeit (Intersexualität) ist sofort erkennbar - sie bilden allerdings nur fünf Prozent aller intersexuellen Babys, da die meisten auf den ersten Blick einem klassischen Buben oder Mädchen gleichen. Tatsächlich weichen deren Keimdrüsen, Hormone, Geschlechtsorgane oder Chromosomen von der Norm ab, was sie oft erst in der Pubertät bemerken - zum Beispiel, wenn die Menstruation ausbleibt. Variationen gibt es viele, echte Zwitter (Menschen, die sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale zeigen) sind nur wenige darunter.
Geschlechtsanpassende Operationen: Den Schritt hin zu einer geschlechtsanpassenden hormonellen Therapie oder Operation geht nur ein Teil all jener, die sich nicht mit dem bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren können. Laut den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums für den Behandlungsprozess für Geschlechtsdysphorie von Kindern und Jugendlichen bleibt dieses Sich-nicht-identifizieren-Können bei etwa 20 Prozent bis ins Erwachsenenalter bestehen. Geschlechtsanpassende Operationen sind in Österreich erst ab Eintritt der Volljährigkeit erlaubt und nur bei intergeschlechtlichen Menschen, die ohne eindeutige Geschlechtsmerkmale zur Welt kommen, bereits ab der Einwilligungsfähigkeit und damit ab 14 Jahren. Gezielte Hormontherapien mit Östrogen beziehungsweise Testosteron und auch Brustentfernungen sind generell ab 16 Jahren möglich, Pubertätsblocker ab Einsetzen der Pubertät.
Warum der Juni der Pride
-Month ist und was die Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 in New York damit zu tun hat.
Quellen
Petition der VIMÖ an Justizministerin Zadić und Gesundheitsminister Rauch (übergeben am 14. Juni 2023)
Anfragebeantwortung durch Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) zu der schriftlichen Anfrage der FPÖ-Abgeordneten Susanne Fürst betreffend Umgestaltung des Parlament-Logos durch die "LGBTIQ-Intergroup"
Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Achtung des Privat- und Familienlebens)
Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Innenministeriums für die Schulungen in der Polizeigrundausbildung bezüglich personaler und sozio-kommunikativer Kompetenzen
Studie „EU LGBT II Survey: A long way to go for LGBTI equality” der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA)
Stadt Wien zu Transgender-Personen und medizinischem Regelwerk